Steuerfortentwicklungsgesetz: Bunderegierung verabschiedet Regierungsentwurf
Aktuell
- Der Bundesrat hat am 27.09.2024 zum Regierungsentwurf Stellung genommen, siehe Deloitte Tax-News
Mit dem von der Bundesregierung verabschiedeten Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Steuerrechts und zur Anpassung des Einkommensteuertarifs sollen die Maßnahmen zur Anpassung des Einkommensteuertarifs und weitere Regelungen, die bereits im Referentenentwurf eines 2. Jahressteuergesetzes 2024 enthalten waren, umgesetzt werden. Darüber hinaus wurden Maßnahmen aus dem Wachstumspaket aufgenommen. Ergänzend hierzu hat das Bundeskabinett einen Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Freistellung des Existenzminimums für 2024 verabschiedet.
Hintergrund
Das Bundesfinanzministerium hatte am 10.07.2024 den Entwurf für ein zweites Jahressteuergesetz 2024 (2. Jahressteuergesetz 2024 – JStG 2024 II, siehe Deloitte Tax-News) den Verbänden zur Stellungnahme zugeschickt. Mit dem Entwurf sollte entsprechend der verfassungsrechtlichen Vorgaben das Existenzminimum freigestellt werden. Ebenfalls an die Inflation angepasst werden sollten zur Eindämmung der Wirkung der kalten Progression – im Vorgriff auf den im Herbst erwarteten 6. Steuerprogressionsbericht – die Eckwerte des Einkommensteuertarifs. Weitere inhaltliche Punkte ergaben sich aus offen Punkten aus dem Koalitionsvertrag. Diese Inhalte sind nun in das umbenannte Gesetz zur Fortentwicklung des Steuerrechts und zur Anpassung des Einkommensteuertarifs (Steuerfortentwicklungsgesetz - SteFeG) eingeflossen. Den Regierungsentwurf hierzu hat das Bundeskabinett am 24.07.2025 verabschiedet. Zusätzlich aufgenommen wurden weitere Maßnahmen aus dem Wachstumspaket der Ampelkoalition (siehe Deloitte Tax-News)
Mit einem eigenständigen Gesetzgebungsverfahren (Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024) sollen darüber hinaus Grundfreibetrag und Kinderfreibetrag für 2024 angehoben werden.
Regelungen des Regierungsentwurfes
Die Änderungen gegenüber dem Referentenentwurf eines 2. Jahressteuergesetzes 2024 sind kursiv kenntlich gemacht.
Einkommensteuergesetz
- In § 39e EStG-E soll ergänzt werden, dass die zur Bildung der elektronischen Lohnsteuermerkmale gespeicherten Daten auch für Zwecke der Erbschaftsteuer genutzt werden können.
- Anhebung des Kinderfreibetrages für 2025 für jedes Elternteil von 3.306 Euro auf 3.336 Euro und weiter in 2026 auf 3.414 Euro. Für 2024 soll mit dem Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024 der Kinderfreibetrag bereits von 3.192 Euro auf 3.306 Euro angehoben werden. Diese Änderung soll beim Steuerabzug vom Arbeitslohn erstmals auf laufenden Arbeitslohn anzuwenden sein, der für einen nach dem 30.11.2024 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und auf sonstige Bezüge, die nach dem 30.11.2024 zufließen.
- Anhebung des Kindergeldes für 2025 um 5 Euro auf 255 Euro sowie für 2026 von 255 Euro auf 259.
- Ab 2026 Einführung eines gesetzlichen Automatismus, nach dem das Kindergeld regelmäßig entsprechend der prozentualen Entwicklung der Freibeträge für Kinder angepasst werden soll.
- Mit verschiedenen Änderungen soll in Reaktion auf die jüngste EuGH-Rechtsprechung erreicht werden, dass für Kinder mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder in einem EWR-Staat, die ungekürzten Freibeträge für Kinder bei der Besteuerung der Eltern gewährt werden.
- Der Grundfreibetrag als auch die anderen Eckpunkte des Einkommensteuertarifs, mit Ausnahme des Eckwertes für die sog. „Reichensteuer“, sollen angepasst und nach rechts verschoben werden. Dies soll für 2025 und noch einmal für 2026 gelten. Bereits für 2024 soll der Grundfreibetrag nach dem Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024 um 180 Euro auf 11.784 Euro angehoben werden. Diese Änderung soll beim Steuerabzug vom Arbeitslohn erstmals auf laufenden Arbeitslohn anzuwenden sein, der für einen nach dem 30.11.2024 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und auf sonstige Bezüge, die nach dem 30.11.2024 zufließen.
- Es soll mit Wirkung ab 2030 ein neues Faktorverfahren unter anderem als Ersatz für die Steuerklassenkombination III/V eingeführt werden. Mit der Erweiterung des neuen Faktorverfahrens um die sog. Alleinverdiener-Ehen/-Lebenspartnerschaften soll das Verfahren alle familiären Konstellationen im Lohnsteuerabzugsverfahren hinreichend abbilden. Das neue Faktorverfahren soll, wie bisher die Steuerklassenkombination III/V, als Wahlmöglichkeit ausgestaltet sein. Nach einem neuen § 39e Abs 1a u. 1b EStG soll der Faktor unter Bereitstellung der Daten aus der Lohnsteuerbescheinigung durch die Finanzverwaltungen der Länder durch das BZSt zum 1. April eines Kalenderjahres weitgehend digitalisiert und automatisiert ermittelt werden. Grundlage für die Ermittlung sollen die von den Landesfinanzbehörden aus den für das vorangegangene Kalenderjahr übermittelten Lohnsteuerbescheinigungen sein.
- Für den Übergang zum neuen Faktorverfahren soll das BZSt in allen Fällen, in denen zum 30.09.2029 die Steuerklassenkombination III/V für den Lohnsteuerabzug angewendet wird, automatisiert zum 01.10.2029 einen Faktor bilden. Grundlage für die Ermittlung bilden die spätestens zum 28.02.2029 vom jeweiligen Arbeitgeber mit den elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen für das erste Dienstverhältnis an die Finanzverwaltung übermittelten Daten. Liegt für einen Ehegatten/Lebenspartnerin oder -partner kein Datensatz vor, soll unterstellt werden, dass diese Person im vorangegangenen Kalenderjahr keinen Arbeitslohn bezogen hat. Der Faktor in Verbindung mit der Steuerklasse IV soll dann zum 01.01.2030 anstelle der Steuerklasse III oder V zum Abruf für den jeweiligen Arbeitgeber als elektronisches Lohnsteuerabzugsmerkmal bereitgestellt werden.
- Die Aufzeichnungs- und Dokumentationspflicht für geringwertige Wirtschaftsgüter in § 6 Abs. 2 S. 4 EStG soll für Wirtschaftsjahre, die nach dem 01.01.2025 enden, gestrichen werden.
- Durch eine Neugestaltung des § 6 Abs. 2a EStG-E soll die Sammelabschreibung für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2024 angeschafft, hergestellt oder eingelegt werden, grundlegend reformiert werden. Dies umfasst die Anhebung der unteren Betragsgrenze von 250 Euro auf 800 Euro sowie der obere Betragsgrenze von 1.000 Euro auf 5.000 Euro und die Verringerung der Auflösungsdauer für den Sammelposten von fünf Jahre auf drei Jahre. Darüber hinaus soll das Ausschließlichkeitserfordernisses zwischen „GWG-Regelung“ und Sammelposten gestrichen werden. Im Ergebnis greifen dann „GWG-Regelung“ und „Sammelposten-Regelung“ ineinander.
- Die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens soll fortgeführt und wieder angehoben werden auf das Zweieinhalbfache der linearen Abschreibung, höchstens 25 Prozent. Dies soll für Wirtschaftsgüter gelten, die nach dem 31.12.2024 und vor dem 01.01.2029 angeschafft oder hergestellt werden. (§ 7 Absatz 2 EStG-E)
Solidaritätszuschlaggesetz
- Analog zu den Änderungen des Einkommensteuertarifs sollen die Freigrenzen beim Solidaritätszuschlag für zusammenveranlagte Steuerpflichtige von 36.260 Euro auf 39.900 Euro im Jahr 2025 und auf 40.700 Euro im Jahr 2026 angehoben werden. Für alleinveranlagte Steuerpflichtige steigt die Grenze von 18.130 Euro auf 19.450 Euro in 2025, bis 20.350 Euro in 2026.
Forschungszulagengesetz
- Der Bemessungsgrundlagenhöchstbetrag soll für nach dem 31.12.2024 entstandene förderfähign Aufwendungen auf 12 Mio. Euro angehoben werden.
Abgabenordnung
- Durch eine neue Nummer 11 in § 58 AO soll klargestellt werden, dass steuerbegünstigte Körperschaften außerhalb ihrer Satzungszwecke gelegentlich zu tagespolitischen Themen Stellung nehmen dürfen.
- Bereits im Gesetzgebungsverfahren zum Wachstumschancengesetz enthielt der Regierungsentwurf sowie das im 1. Durchgang vom Bundestag verabschiedete Gesetz (siehe Deloitte Tax-News ) eine Regelung zur Ausweitung der Pflicht zur Mitteilung von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen auf innerstaatliche Steuergestaltungen. Dieses Vorhaben wurde im Vermittlungsausschuss zum Wachstumschancengesetz wieder gestrichen. Im vorliegenden Regierungsentwurf zum Steuerfortentwicklungsgesetz wird dieses Vorhaben jetzt wieder aufgegriffen. Der Anwendungsbeginn soll, wie beim damaligen Gesetzesbeschluss zum Wachstumschancengesetz, mindestens ein Jahr im Voraus festlegt werden. Es ist spätestens der 31.12. des vierten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr des Inkrafttretens des Gesetzes folgt.
- Die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung bei steuerbegünstigten Körperschaften soll durch eine Änderung in § 55 Abs 1. AO abgeschafft werden.
- Durch eine Ergänzung des § 68 Nr. 2 Buchst. b AO soll klargestellt werden, dass auch Photovoltaikanlagen Selbstversorgungseinrichtungen sein können. Dies führt dazu, das betriebene Photovoltaikanlagen, deren Betrieb nicht in den Anwendungsbereich des § 3 Nr. 72 EStG fällt, wie andere Selbstversorgungseinrichtungen, auch als Zweckbetrieb anerkannt werden können, wenn sie überwiegend (zu mindestens 80 Prozent) eigengenutzt werden.
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz
- Die für die Erbschaftsteuerstellen erforderlichen Daten sollen über eine amtlich bestimmte Schnittstelle elektronisch von den Standesämtern zusammen mit den Datenübermittlungen nach § 60 der Personen-standsverordnung und § 9 der Zweiten Bundesmelde-datenübermittlungsverordnung über das Bundeszentralamt für Steuern an die zuständigen Landesfinanzbehörden übermittelt werden.
Weiteres Vorgehen
Der Gesetzentwurf des Steuerfortentwicklungsgesetzes wird an den Bundesrat zur Stellungnahme geschickt. Danach gibt die Bundesregierung eine Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates ab und leitet alles an den Bundestag weiter. Es ist davon auszugehen, dass der Bundestag sich aufgrund der Eilbedürftigkeit bereits auf Eigeninitiative mit dem Gesetzentwurf befassen wird. Noch schneller dürfte es beim Regierungsentwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024 gehen. Durch die vorgesehene Anwendung bereits beim Lohnsteuerabzug für Dezember 2024 dürfte es hier eine parallele Beratung im Bundestag/Bundesrat mit Fristverkürzungen geben.
Fundstelle
Bundesregierung, Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Steuerrechts und zur Anpassung des Einkommensteuertarifs
Bundesregierung, Regierungsentwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024
