BFH: Gleichzeitige Festsetzung von Steuer und Verspätungszuschlag im Regelfall
Sachverhalt
Im Revisionsverfahren ist die Zulässigkeit der Festsetzung eines Verspätungszuschlags strittig, die nicht mit der Steuer erfolgte. Nach verspäteter Abgabe ihrer Steuererklärung erhielten die Kläger einen Einkommensteuerbescheid, der keine Festsetzung eines Verspätungszuschlags enthielt. Ebenso verhielt es sich mit dem darauffolgenden Änderungsbescheid. Erst mit dem weiteren Änderungsbescheid setzte das Finanzamt ein Jahr und zwei Tage nach Erstellung des Einkommensteuerbescheids nachträglich einen Verspätungszuschlag fest.
Entscheidung
Mit seinem Urteil vom 13.04.2010 hat der BFH in Übereinstimmung mit seinem Urteil vom 11.06.1997 bestätigt, dass der Verspätungszuschlag i.S.v. § 152 Abs. 3 AO in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit dem Steuerbescheid festzusetzen ist. Zwar führt ein Verstoß gegen diese Regelung nicht ohne Weiteres zur Rechtswidrigkeit der Festsetzung, jedoch sollte nur in Ausnahmefällen von der Festsetzung eines Verspätungszuschlags mit der Steuer abgewichen werden, um Steuerpflichtige möglichst vor der Überraschung eines nachträglichen Verspätungszuschlags zu bewahren. Die Finanzbehörde hat demnach besondere Gründe anzuführen, die eine von § 152 Abs. 3 AO abweichende Festsetzung rechtfertigen. Dies gilt insbesondere, wenn die Festsetzung des Verspätungszuschlags nicht innerhalb der vom BFH vorgegebenen Jahresfrist erfolgt ist (BFH vom 10.10.2001). Besondere Gründe können z.B. gegeben sein, wenn zum Zeitpunkt der Steuerfestsetzung noch ermittelt werden muss, ob die Voraussetzungen des § 152 Abs. 1 und 2 AO vorliegen, oder welche Umstände und Tatsachen in die Ermessensentscheidung einzubeziehen sind.
Im vorliegenden Sachverhalt war die Jahresfrist zur Festsetzung des Verspätungszuschlags bereits abgelaufen. Die Ansicht des Niedersächsischen FG, dass die Überschreitung der Frist um zwei Tage unerheblich sei, teilt der BFH nicht. Eine Verletzung der Vorschrift kann demnach nicht mit der Kurzfristigkeit der Überschreitung, sondern ausschließlich mit dem Vorbringen von ersichtlichen Gründen gerechtfertigt werden. Das Finanzamt hatte keine solchen Gründe angeführt, wodurch die Festsetzung des Verspätungszuschlags aufzuheben ist.
Betroffene Norm
§ 153 Abs. 3 AO
Anmerkungen
Ein Nachholen des Ermessensfehlers seitens des Finanzamts ist auch nicht mehr im finanzgerichtlichen Verfahren möglich, da es sich mit Urteil des BFH vom 11.03.2004 nicht um eine bloße Ergänzung i.S.v. § 102 Satz 2 FGO handele.
Vorinstanz
Finanzgericht Niedersachsen, Urteil vom 24.02.2009, 12 K 249/08, EFG 2010, S. 1001.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 13.04.2010, IX R 43/09, BFH/NV 2010, S.1674; BStBl II 2010, S. 815
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 11.06.1997, X R 14/95, BStBl II 1997, S. 642.
BFH, Urteil vom 10.10.2001, XI R 41/00, BStBl II 2002, S. 124.