BFH: Grobes Verschulden bei Eingabefehlern im Elster-Verfahren
Beantwortet ein Steuerpflichtiger eine im Elster-Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte Frage nicht, so trifft ihn ein grobes Verschulden an der unrichtigen Steuererklärung. Die Annahme eines entschuldbaren Rechtsirrtums scheidet in diesem Fall aus.
Sachverhalt
Die Kläger, ein Ehepaar, wurden im Streitjahr 2006 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erstellten und übermittelten ihre Steuererklärung mit Hilfe des Elster-Programms und druckten zudem noch eine komprimierte Papierversion aus, die sie ebenfalls an das Finanzamt schickten.
Bei der Erstellung der Steuererklärung trug der Kläger seine Beiträge an eine berufsständische Versorgungseinrichtung – anders als noch im Vorjahr – nicht in das dafür vorgesehene Feld ein. Das Finanzamt veranlagte den Kläger entsprechend der (fehlerhaften) Erklärung. Den nach Ablauf der Einspruchsfrist gestellten Antrag auf Änderung des Einkommensteuerbescheides gem. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO lehnte das Finanzamt ab.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage war erfolgreich.
Entscheidung
Das FG habe zu Unrecht angenommen, dass eine Änderung des Einkommensteuerbescheides gem. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO möglich sei.
Zwar sind Steuerbescheide gem. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Allerdings treffe den Steuerpflichtigen vorliegend ein grobes Verschulden daran, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt wurden.
Als grobes Verschulden habe der Steuerpflichtige Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. Letztere sei dann anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletze.
Grob fahrlässiges Handeln liege insbesondere vor, wenn ein Steuerpflichtiger – wie vorliegend – seiner Erklärungspflicht nur unzureichend nachkomme, indem er unvollständige Steuererklärungen abgibt. Zwar liege kein grobes Verschulden vor, wenn die Unvollständigkeit auf einem Rechtsirrtum wegen mangelnder Kenntnisse steuerrechtlicher Vorschriften beruhe. Allerdings scheide ein Rechtsirrtum aus, wenn der Steuerpflichtige – wie vorliegend – eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene und für ihn verständliche Frage nicht beantworte. Das gleiche gelte, wenn er die dem elektronischen Elster-Formular beigefügten Erläuterungen zur Einkommensteuererklärung unbeachtet lasse, soweit solche Erläuterungen für einen steuerlichen Laien ausreichend verständlich, klar und eindeutig seien (BFH-Urteil vom 16.05.2013). Der Begriff des Verschuldens i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sei bei elektronisch gefertigten Steuererklärungen nicht anders auszulegen als bei schriftlich gefertigten Erklärungen.
Im Streitjahr 2006 habe das Erklärungsformular des Elster-Programms in Zeile 62 ausdrücklich die Frage nach den als Sonderausgaben abziehbaren Beiträgen zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen gestellt. Diese Frage habe der Kläger unbeantwortet gelassen. Ein entschuldbarer Rechtsirrtum liege somit nicht vor.
Betroffene Norm
§ 173 Abs. 1 Nr. 2 AO
Streitjahr 2006
Vorinstanz
Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.12.2010, 5 K 2099/09, siehe Deloitte Tax-News
Fundstelle
BFH, Urteil vom 18.03.2014, X R 8/11, nicht amtlich veröffentlicht
Weitere Fundstelle
BFH, Urteil vom 16.05.2013, III R 12/12, BFHE 241, S. 226, siehe Deloitte Tax-News
