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16.10.2012
Verfahrensrecht

BFH: Umfang der Erweiterung einer Außenprüfung

Betriebliche Steuerarten, die schon aufgrund der ursprünglichen Prüfungsanordnung Prüfungsgegenstand geworden sind, dürfen auch dann in eine Prüfungserweiterung einbezogen werden, wenn sich der Sachverhalt in diesen Steuerarten von vornherein nicht auswirken kann.

Sachverhalt
Das Finanzamt erließ an die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, eine Prüfungsanordnung für die Veranlagungszeiträume 2003 bis 2005 hinsichtlich der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, der Gewerbesteuer und der Umsatzsteuer. Während der Außenprüfung wurde zwischen dem Finanzamt und der Klägerin der Bilanzansatz von Betriebsgebäuden streitig. Daraufhin dehnte das Finanzamt die Außenprüfung durch eine erweiterte Prüfungsanordnung für alle drei Steuerarten auf das Jahr 2002 aus.

Die Klage hatte teilweise Erfolg. Das FG hat festgestellt, dass die Prüfungserweiterung auf die Umsatzsteuer für das Jahr 2002 rechtswidrig gewesen sei. Denn insoweit hätten keine konkreten Umstände dafür bestanden, dass mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen gewesen sei. Auch das Finanzamt sei hiervon nach der Begründung der Prüfungserweiterung ausgegangen. Daher sei es ermessensfehlerhaft und rechtswidrig gewesen, gleichwohl die Prüfung auch auf die Umsatzsteuer 2002 zu erweitern. Im Übrigen wies das FG die Klage als unbegründet ab.

Entscheidung
Das FG hat zu Unrecht festgestellt, dass die Prüfungsanordnung zur Erweiterung der Außenprüfung auf die Umsatzsteuer für das Jahr 2002 ermessensfehlerhaft und daher rechtswidrig war.

Eine Außenprüfung kann mehrere Steuerarten und Besteuerungszeiträume umfassen, sie kann sich aber auch auf bestimmte Sachverhalte beschränken (§ 194 Abs. 1 S. 2 AO). Den Umfang der Außenprüfung hat die zuständige Finanzbehörde in einer schriftlichen Prüfungsanordnung zu bestimmen (§ 196 AO). Die Bestimmung des Prüfungsumfangs ist eine Ermessensentscheidung (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 28.06.2000). 

Die Finanzbehörden haben sich für die Ausübung ihres Ermessens durch die Betriebsprüfungsordnung (BpO 2000) dahin gebunden, dass bei Steuerpflichtigen wie der Klägerin, die kein Großbetrieb oder Unternehmen i.S. der §§ 13 und 19 BpO 2000 sind, der Prüfungszeitraum in der Regel nicht mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassen soll (§ 4 Abs. 3 S. 1 BpO 2000). Der Prüfungszeitraum kann aber insbesondere dann drei Besteuerungszeiträume übersteigen, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist (§ 4 Abs. 3 S. 2 BpO 2000). Diese Voraussetzung hat im Streitfall vorgelegen. Im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung des Finanzamtes bestand aufgrund konkreter Umstände die Vermutung, dass mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen im Veranlagungszeitraum 2002 hinsichtlich des Gewinns der Klägerin aus Gewerbebetrieb zu rechnen war. Daraus folgt jedoch nicht, dass das Finanzamt die Prüfung im Veranlagungszeitraum 2002 inhaltlich nur auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und die Gewerbesteuer erweitern durfte, wo sich der Sachverhalt, der Grund für die Erweiterung des Prüfungszeitraums war, auswirken konnte.

§ 194 Abs. 1 S. 2 AO begrenzt das Ermessen des Finanzamtes beim Erlass einer Prüfungserweiterung nicht dahin gehend, die Prüfung auf den bestimmten Sachverhalt zu beschränken, der voraussichtlich zu einer nicht unerheblichen Änderung der Besteuerungsgrundlagen führt und daher i.S. von § 4 Abs. 3 S. 2 BpO 2000 Grund für die Erweiterung des Prüfungszeitraums ist. Vielmehr darf das Finanzamt die Prüfungserweiterung generell für den Besteuerungszeitraum anordnen, in dem der betreffende Sachverhalt verwirklicht wurde (BFH-Urteil vom 28.06.2000). Betriebliche Steuerarten, die schon aufgrund der ursprünglichen Prüfungsanordnung Prüfungsgegenstand geworden sind, dürfen daher auch dann in die Prüfungserweiterung einbezogen werden, wenn sich der Sachverhalt in diesen Steuerarten von vornherein nicht auswirken kann.

Betroffene Norm
194 Abs. 1 S. 2 AO i.V.m. § 196 AO, § 4 Abs. 3 S. 1 BpO 2000
Streitjahr 2002 

Vorinstanz
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 18.06.2010, 3 K 155/08, siehe Deloitte Tax-News 

Fundstelle
BFH, Urteil vom 21.06.2012, IV R 42/11, nicht amtlich veröffentlicht 

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 28.06.2000, I R 20/99, BFH/NV 2000, S. 1447

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