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21.09.2010
Verfahrensrecht

BFH: Wirksamkeit einer Klage mit eingescannter Unterschrift

Sachverhalt

Der Kläger wendet sich gegen Einkommensteueränderungsbescheide, mit denen insbesondere seine vom Finanzamt geschätzten Einkünfte aus Kapitalvermögen der Besteuerung unterworfen wurden. Die dagegen eingelegten Einsprüche wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidungen als unbegründet zurück, nachdem es die angefochtenen Einkommensteuerbescheide zuvor unter Ansatz niedrigerer Einkünfte aus Kapitalvermögen geändert hatte. Dagegen hat der Kläger Klage erhoben und nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass die Klageschrift durch seinen früheren Berater erstellt, per Mail an einen Mitarbeiter des Beraters mit der eingescannten Unterschrift des Beraters übermittelt, von dem Mitarbeiter ausgedruckt und sodann per Fax – innerhalb der Klagefrist – an das Gericht übersandt wurde. Das Finanzgericht wies die Klage als unzulässig ab, weil die per Fax übermittelte Klageschrift wegen der nur eingescannten Unterschrift des früheren Beraters nicht über die erforderliche Schriftform verfüge.

Entscheidung

Das Gebot einer Unterschrift des Erklärenden soll sicherstellen, dass das Schriftstück keinen Entwurf betrifft, sondern mit Wissen und Wollen des Erklärenden an das Gericht gesandt wurde. Dieses Unterschriftserfordernis ist gewahrt, wenn ein Rechtsbehelf von dem Rechtsbehelfsführer bzw. Verfasser oder seinem jeweiligen Verfahrensbevollmächtigten eigenhändig – handschriftlich – unterschrieben und mit einer solchen Unterschrift vor Ablauf der Klagefrist bei Gericht vorgelegt wurde. Diese Anforderung hinsichtlich der eigenhändigen Unterschrift gilt grundsätzlich gleichermaßen für Rechtsbehelfe, die dem Gericht per Telefax übermittelt werden. Die Übermittlung der Klageschrift per Computerfax ist hingegen ohne Unterschrift wirksam, weil bei dieser Form auf der Seite des Absenders kein körperliches Schriftstück existiert. Infolgedessen genügt es für die Wirksamkeit einer derart erhobenen Klage, dass sich aus dem Schriftsatz selbst oder den Begleitumständen die Urheberschaft und der Wille, das Schriftstück in den Verkehr zu bringen, hinreichend sicher ergeben.

Wird die Klage hingegen – wie im Streitfall – per Telefax erhoben, muss sie grundsätzlich eigenhändig unterschrieben sein. Das Fehlen der Unterschrift ist indessen unschädlich, wenn das Telefaxformblatt unterschrieben ist, mit der Klageschrift eine Einheit bildet, die Person des Absenders vollständig bezeichnet und kein Zweifel daran besteht, dass die Kopiervorlage ordnungsgemäß eigenhändig unterzeichnet wurde. Geht man im Streitfall davon aus, dass der frühere Berater des Klägers den Klageschriftsatz mit der eingescannten Unterschrift gefertigt und einem seiner Mitarbeiter zur (tatsächlich erfolgten) Übersendung an das Gericht übermittelt hat, erfüllt die innerhalb der Klagefrist bei Gericht per Fax eingegangene Klageschrift mit der eingescannten Unterschrift des früheren Klägervertreters das Schriftformerfordernis nach § 64 FGO. Es muss nämlich schon dann als die Schriftform wahrend angesehen werden, wenn der abgegebenen Prozesserklärung – wie hier – deren Inhalt sowie der Erklärende und dessen unbedingter Erklärungswille zu entnehmen sind. Ein darüber hinausgehender Zweck kommt dem Schriftformerfordernis nämlich nicht zu.

Hiernach kann im Streitfall die Wirksamkeit der Klageerhebung nicht verneint werden, weil sie zum einen den Erklärungsinhalt sowie die erklärende Person ausweist und zum anderen ihre Absendung – aufgrund der in der mündlichen Verhandlung erklärten Umstände ersichtlich – auf dem unbedingten Willen des früheren Klägervertreters beruhte. Denn die hier gegebene unstreitige Übersendung des Klageschriftsatzes durch einen Dritten (Übersendung über den Fax-Anschluss des Büros durch einen Mitarbeiter des früheren Bevollmächtigten des Klägers) auf Weisung des Klägers lässt ebenso wie die persönlich veranlasste Übersendung einer maschinenschriftlich unterschriebenen Klage oder wie der Eingang eines mit eingescannter Unterschrift versehenen Computerfaxes ersichtlich keine Zweifel daran, dass die Klage mit Wissen und Wollen des (vertretenen) Klägers erhoben worden ist.

Betroffene Norm

§ 64 FGO

Vorinstanz

Finanzgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 05.03.2008, 2 K 202/06, DStRE 2009, S. 761.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 22.06.2010, VIII R 38/08, BStBl II 2010, S. 1017

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