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22.10.2014
Verfahrensrecht

BMF: Lohnsteuer-Nachschau

Die Lohnsteuer-Nachschau wurde durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26.06.2013 in das EStG eingefügt. Sie erlaubt der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung möglicherweise steuererhebliche Sachverhalte aufzuklären. Auch der Übergang von einer Lohnsteuer-Nachschau zu einer Lohnsteuer-Außenprüfung ist – ebenfalls ohne vorherige Ankündigung – möglich.

Hintergrund

Durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26.06.2013, BGBl. I, 1809 (siehe Deloitte Tax-News) wurde eine Regelung zur Lohnsteuer-Nachschau, § 42g EStG, neu in das EStG eingefügt. Die Lohnsteuer-Nachschau ist ein besonderes Verfahren zur zeitnahen Aufklärung möglicher steuererheblicher Sachverhalte. Da die Lohnsteuer-Nachschau keine Außenprüfung i. S. d. §§ 193 ff. AO ist, sind die entsprechenden Vorschriften nicht anwendbar. Mit Schreiben vom 16.10.2014 hat sich das BMF zur Lohnsteuer-Nachschau geäußert.

Verwaltungsanweisung

Zweck der Lohnsteuer-Nachschau
Die Lohnsteuer-Nachschau diene der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer und weiterer Steuern und Abgaben (Solidaritätszuschlag, Kirchenlohnsteuer, Pflichtbeiträge zu einer Arbeits- oder Arbeitnehmerkammer). Das Finanzamt solle einen Eindruck von den räumlichen Verhältnissen, dem tatsächlich eingesetzten Personal und dem üblichen Geschäftsbetrieb gewinnen. Dagegen gehe es grundsätzlich nicht um die individuellen steuerlichen Verhältnisse der Arbeitnehmer. Eine Lohnsteuer-Nachschau käme unter anderem in Betracht zur Prüfung des Abrufs und der Anwendung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) oder zur Prüfung der Anwendung von Pauschalierungsvorschriften, z.B. § 37b Abs. 2 EStG.

Durchführung der Lohnsteuer-Nachschau
Eine Lohnsteuer-Nachschau muss nicht angekündigt werden (§ 42g Abs. 2 S. 2 EStG) und wird in der Regel mündlich – zu Beginn der Lohnsteuer-Nachschau – angeordnet. Dem Arbeitgeber soll zu Beginn der Lohnsteuer-Nachschau der Vordruck „Durchführung einer Lohnsteuer-Nachschau“ übergeben werden. Der mit der Lohnsteuer-Nachschau beauftragte Amtsträger hat sich auszuweisen.

Das Betreten von Grundstücken und Räumen – einschließlich häuslicher Arbeitszimmer und Büros – ist während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten zulässig. Zudem ist eine Nachschau auch außerhalb der Geschäftszeiten möglich, wenn dort Arbeitnehmer anzutreffen sind. Wohnräume dürfen dagegen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden (§ 42g Abs. 2 S. 3 EStG). Die Lohnsteuer-Nachschau gewährt kein Durchsuchungsrecht.

Mitwirkungspflicht
Der Arbeitgeber hat dem mit der Lohnsteuer-Nachschau beauftragten Amtsträger auf Verlangen Lohn- und Gehaltsunterlagen, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, soweit dies zur Feststellung steuerlich erheblicher Sachverhalte zweckdienlich ist (§ 42g Abs. 3 S. 1 EStG).

Die Arbeitnehmer sowie Personen, bei denen streitig ist, ob sie Arbeitnehmer sind oder waren, treffen Auskunftspflichten zu allen Fragen, die für die Beurteilung von Bedeutung sind, ob und in welcher Höhe eine Pflicht zum Abzug von Lohnsteuer und Zuschlagsteuern besteht.

Recht auf Datenzugriff
Zwar besteht im Rahmen der Lohnsteuer-Nachschau kein Recht auf Datenzugriff. Allerdings kann der mit der Lohnsteuer-Nachschau beauftragte Amtsträger verlangen, dass die erforderlichen Unterlagen in Papierform vorgelegt werden; ggf. sind die Unterlagen unverzüglich auszudrucken (vgl. § 147 Abs. 5 2. Hs. AO)

Übergang zu einer Lohnsteuer-Außenprüfung
Von einer Lohnsteuer-Nachschau kann – bei entsprechenden Feststellungen – ohne vorherige Prüfungsanordnung gem. § 196 AO zu einer Lohnsteuer-Außenprüfung nach § 42f EStG übergegangen werden (§ 42g Abs. 4 S. 1 EStG). Auf den Übergang ist schriftlich hinzuweisen (§ 42g Abs. 4 S. 2 EStG). Für die Durchführung der nachfolgenden Lohnsteuer-Außenprüfung gelten die §§ 199 ff. AO.

Auswertungsmöglichkeiten
Der Arbeitgeber kann aufgrund der im Rahmen der Lohnsteuer-Nachschau gewonnenen Erkenntnisse durch Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid oder Lohnsteuer-Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. In einem solchen Fall ist ihm rechtliches Gehör zu gewähren (§ 91 AO). Auch Arbeitnehmer können in Anspruch genommen werden und Erkenntnisse im Veranlagungsverfahren genutzt werden. Außerdem können die Erkenntnisse auch für die Festsetzung und Erhebung anderer Steuern des Betroffenen oder anderer Personen ausgewertet und dafür z.B. Kontrollmitteilungen erstellt werden.

Rechtsfolgen
Der Beginn einer Lohnsteuer-Nachschau hemmt den Ablauf der Festsetzungsfrist nicht. Auch greift die Änderungssperre gem. § 173 Abs. 2 AO nicht. Ein V.d.N. muss nach einer Lohnsteuer-Nachschau nicht aufgehoben werden.

Zwangsmittel
Im Rahmen der Lohnsteuer-Nachschau können Verwaltungsakte (z.B. Aufforderungen Unterlagen vorzulegen oder Auskünfte zu erteilen) mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden.

Rechtsbehelf
Gegen die Lohnsteuer-Nachschau als solche (schlichtes Verwaltungshandeln) ist kein Einspruch möglich. Gegen Verwaltungsakte, die im Rahmen der Lohnsteuer-Nachschau ergehen, kann Einspruch eingelegt. Nach Beendigung der Lohnsteuer-Nachschau kommt nur noch eine Fortsetzungs-Feststellungsklage (§ 100 Absatz 1 Satz 4 FGO) in Betracht. Werden die Ergebnisse der Lohnsteuer-Nachschau in einem Steuer- oder Haftungsbescheid berücksichtigt, muss zur Erlangung eines steuerlichen Verwertungsverbots der entsprechende Bescheid angefochten werden. Für die Anfechtung der Mitteilung des Übergangs zur Außenprüfung (§ 42g Absatz 4 EStG) gelten die Grundsätze für die Anfechtung einer Prüfungsanordnung entsprechend (vgl. AEAO zu § 196).

Betroffene Norm

§ 42g EStG

Fundstelle

BMF, Schreiben vom 16.10.2014, IV C 5 - S 2386/09/10002 :001

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