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09.12.2015
Transfer Pricing

BEPS: Maßnahme 14 - Making Dispute Resolution Mechanisms More Effective

Artikel 25 des OECD-MA sieht - unabhängig von nationalen Verfahren - die Möglichkeit von zwischenstaatlichen Verständigungsverfahren vor. Für Unternehmen sind diese ein Kerninstrument zur Beseitigung von Doppelbesteuerung geworden. Durch die Umsetzung des BEPS Action Steps 14 sollen diese Verfahren effektiver und effizienter werden.

Die unter Action Step 14 erarbeiteten Maßnahmen sollen Effektivität und Effizienz des Ablaufs der Verständigungsverfahren stärken. Neben einer Stärkung des Rechtes auf Zugang zu den Verfahren ist insbesondere auch eine zeitliche Verkürzung der Verfahrensdauern angestrebt.

In diesem Beitrag geben wir einen Überblick über einige der - aus deutscher Sicht - hervorzuhebenden Neuerungen.

I. Darstellung der Maßnahme 14

1. Mindeststandards, Best Practises, Rahmenwerk zur Begleitung und Überwachung

Die beteiligten Staaten haben Mindeststandards und in Ergänzung Best Practices für die Durchführung von Verständigungsverfahrens definiert. Weiterhin haben sich die Länder geeinigt, dass ein Rahmenwerk geschaffen werden soll, das die Implementierung der in den Mindeststandards enthaltenen Selbstverpflichtungen überwacht und bewertet.

a. Mindeststandards

Mit der Einigung auf Mindeststandards sollen die folgenden allgemeinen Ziele erreicht werden:

Vertragsverpflichtungen bzgl. Verständigungsverfahren sollen in gutem Glauben vollständig umgesetzt und Verfahren zeitlich angemessen gelöst werden.

Länder sollen die relevante Absätze 1-3 des Artikels 25 in ihre bilateralen Verträge vollständig umsetzen und insbesondere in Verrechnungspreisfällen Zugang zu Verständigungsverfahren gewähren. Staaten, die den Zugang zu Verständigungsverfahren in Fällen versagen, in denen durch Verrechnungspreisanpassungen eines Vertragsstaates Doppelbesteuerung droht, durchkreuzen hiermit ein primäres Ziel der Doppelbesteuerungsabkommen. Unabhängig davon, ob da konkrete Doppelbesteuerungsabkommen eine Artikel 9 Abs. 2 entsprechende Klausel enthält, soll ein Verständigungsverfahren möglich sein, damit die Vertragsstaaten über eine angemessene Gegenanpassung verhandeln können.

Aus deutscher Sicht ist dies z. B. insbesondere für Unternehmen mit konzerninternen Transaktionen zu indischen Gruppengesellschaften relevant, weil hier die indische Finanzverwaltung unter Verweis auf den fehlenden Artikel 9 Abs. 2 argumentiert, Verständigungsverfahren nicht führen zu können.

Weiter wird herausgestellt, dass es keine allgemeine Regelung im OECD-Musterabkommen gibt, die besagt, dass in Fällen von vermutetem Missbrauch der Zugang zum Verständigungsverfahren nicht zu gewähren sei. Hier spielen zwar auch noch andere Regelungen zur Missbrauchsbekämpfung mit hinein, als Grundsatz lässt sich aber festhalten, dass jeder Steuerpflichtige die Möglichkeit haben muss, seinen Fall den zuständigen Behörden darzustellen, damit diese entscheiden können, ob seine Beanstandungen begründet sind.

Falls ein Land den Zugang zu Verständigungsverfahren beschränken möchte, sollten diese Beschränkungen spezifisch und ausdrücklich mit dem Vertragsland vereinbart sein. Es ist beabsichtigt, im Kommentar zum OECD-Musterabkommen klarzustellen, in welchen Fällen ein Land Zugang zu einem Verständigungsverfahren verweigern kann.

Aus deutscher Sicht kann erfreulicherweise festgestellt werden, dass das Recht auf Beseitigung von Doppelbesteuerung und damit der Zugang zu Verständigungsverfahren vom Bundeszentralamt für Steuern („BZSt“), als zuständiger Behörde, in aller Regel problemlos gewährt wird. Nur in den allerwenigsten Fällen wird die Verfahrenseröffnung verweigert.

Die Mindeststandards sehen weiterhin vor, dass Verständigungsverfahren innerhalb eines Zeitraumes von 24 Monaten gelöst werden sollen. Ob und wie dieses Ziel erreicht wird, soll auf Basis statistischer Erhebungen überwacht werden.

In Anbetracht der tatsächlichen Dauern von Verständigungsverfahren erscheint dieses Ziel utopisch. Sollte es auch nur eine deutliche Verkürzung der Verfahrensdauern erreicht werden, wäre dies natürlich überaus willkommen.

Die angewandten administrativen Prozesse sollen Streitfragen bzgl. Vertragsauslegungen vermeiden und deren zeitnahe Lösung fördern.

Länder sollten Regelungen / Verwaltungsanweisungen bzgl. Verständigungsverfahren veröffentlichen und diese für Steuerpflichtige zugänglich machen. Diese sollten leicht und klar verständlich sein. Die für Verständigungsverfahren zuständige Behörde sollte über ausreichendes und kompetentes Personal verfügen, das unabhängig von denjenigen Behörden sein sollte, welche für die zur Doppelbesteuerung führenden Anpassungen verantwortlich waren. Die zuständige Behörde sollte über ausreichende Autorität verfügen, Verständigungsverfahren selbständig zu lösen. Die Vergütung des Personals sollte nicht davon abhängig sein, ob Steueranpassungen oder Steueraufkommen beibehalten wurden.

Aus deutscher Sicht sind dies Kriterien, die für das BZSt größtenteils – als zuständige Behörde – erfüllt sein sollten. Als einzigen Punkt lässt sich hier die unzureichende Personalausstattung des BZSt konstatieren. Hierbei ist anzumerken, dass es in den letzten Jahren durchaus Personaleinstellungen gab, diese jedoch nicht mit dem starken Anstieg der zu verhandelnden Fälle mithalten konnten.

Weiter sollen Länder klarstellen, dass der Zugang zu Verständigungsverfahren nicht durch Kompromisse in Rahmen von Betriebsprüfungen ausgeschlossen werden darf.

In deutschen Betriebsprüfungen ist der Verzicht auf Verständigungsverfahren als Teil eines Kompromisses gängige Praxis. Eine derartige Änderung wäre daher überaus zu begrüßen.

Steuerpflichtige, welche die Voraussetzungen des Artikels 25 Absatz 1 erfüllen, sollen verlässlich Zugang zu Verständigungsverfahren erhalten.

Beide Vertragsstaaten sollten informiert werden, wenn ein Antrag auf Verständigungsverfahren gestellt wird und die jeweiligen Behörden sollten Gelegenheit haben, hierzu Stellung zu nehmen, d. h. zu entscheiden, ob der Antrag angenommen werden sollte.

In den veröffentlichten Regelungen / Verwaltungsanweisungen zu Verständigungsverfahren sollte spezifiziert sein, welche Informationen / Unterlagen mit dem Antrag auf Verständigungsverfahren einzureichen sind, damit dieser akzeptiert wird. Anträge sollten nicht abgelehnt werden mit der Begründung, es hätten unzureichende Informationen vorgelegen, wenn der Antragsteller alle gewünschten Informationen beigebracht hat.

Unsere Erfahrungen zeigen, dass das BZSt nur in Ausnahmefällen die Eröffnung von Verständigungsverfahren verweigert und dass, in den Fällen, in denen angefragte Informationen / Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt werden können, das BZSt kompromissbereit agiert.

Hierzu werden Änderungen zum OECD-MA und OECD-MA-Kommentar formuliert.

b. Best Practises

Ergänzend wurde eine Reihe von Best Practises identifiziert, welche sich auf die Umsetzung der Mindeststandards beziehen. Unter anderem sollen die Länder:

  • Artikel 9 Abs. 2 OECD-MA in bilaterale Verträge aufnehmen;
  • Ergebnisse bisheriger Verständigungsverfahren bzgl. der Interpretation / Anwendung von bilateralen Verträgen veröffentlichen;
  • für die Dauer von Verständigungsverfahren Aussetzung der Vollziehung gewähren – zumindest in dem gleichen Umfang wie bei nationalen Verfahren;
  • auch in Fällen von durch den Steuerpflichtigen selbst gutgläubig durchgeführten Verrechnungspreisanpassungen Zugang zu Verständigungsverfahren gewähren;
  • Informationen dazu veröffentlichen, inwiefern sie Strafzahlungen und Zinsaspekte im Rahmen von Verständigungsverfahren berücksichtigen;
  • ihre bestehenden Verfahren, die zumeist bilateral angelegt sind, zu multilateralen Instrumenten weiterentwickeln.

Nach unseren Erfahrungen wird von der Finanzverwaltung üblicherweise für die Verfahrensdauer die Aussetzung der Vollziehung gewährt. Die Entwicklung eines multilateralen Verfahrens wäre dagegen eine echte Neuerung, weil sich das BZSt in der Praxis diesem noch weitgehend verweigert und eher gleichzeitig mehrere bilaterale Verfahren führt.

c. Rahmenwerk zur Begleitung und Überwachung

Die Umsetzung der Mindeststandards soll durch ein noch zu schaffendes Rahmenwerk überwacht und bewertet werden.

II. Verpflichtung zu verbindlichen Schiedsverfahren

In Ergänzung zu den oben dargelegten Punkten haben sich folgende Staaten dazu verpflichtet verbindliche Schiedsverfahren als Teil ihrer bilateral vereinbarten Verständigungsverfahren zu ergänzen, um sicherzustellen, dass Verständigungsverfahren innerhalb eines verbindlichen Zeitraumes gelöst werden: Australien, Österreich, Belgien, Kanada, Frankreich, Deutschland, Irland, Italien, Japan, Luxemburg, Niederlande, Neuseeland, Norwegen, Polen, Slowenien, Spanien, Schweiz, Vereinigtes Königreich und die Vereinigten Staaten. Dies wird allgemein als bedeutender Schritt gewürdigt, weil Ende 2013 ca. 90 % aller laufenden Verständigungsverfahren diese Länder betrafen.

Aus deutscher Sicht ist diese Verpflichtung ebenfalls zu begrüßen. Allerdings bestanden über die EU-Schiedskonvention bereits lange verpflichtende Schiedsverfahren zumindest im Bereich der Verrechnungspreissetzung im Verhältnis zu den meisten europäischen Staaten, und auch bilateral mit den Vereinigten Staaten ist bereits eine Schiedsverfahrensklausel vereinbart. Aus deutscher Sicht ist von den genannten Ländern daher v.a. die Selbstverpflichtung Japans hervorzuheben, weil hier bilateral bisher noch keine Schiedsverfahrensklausel existiert.

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