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11.12.2015
Transfer Pricing

BEPS: Maßnahme 7 - Permanent Establishment

Am 5. Oktober veröffentlichte die OECD den finalen Bericht zur Verhinderung der künstlichen Umgehung des Status als Betriebsstätte als Aktionspunkt 7 des BEPS Maßnahmenplans. Dieser Abschlussbericht hat wiederum weitere Änderungen im Vergleich zum letzten Entwurf erfahren und sieht Änderungen des Art. 5 des OECD-Musterabkommens („OECD-MA“) vor.

Hintergrund

Am 05.10.2015 hat die OECD die finalen Abschlussberichte zum Aktionsplan gegen BEPS veröffentlicht. Die Maßnahmen sind hinsichtlich der Verbindlichkeit der Ergebnisse abgestuft und lassen sich in die Kategorien Mindeststandards, gemeinsame steuerpolitische Ausrichtung, Best Practices und Empfehlungen einteilen.

Zu den veröffentlichten Abschlussberichten gehört auch der Abschlussbericht zur Maßnahme 7 – „Verhinderung der künstlichen Umgehung des Status als Betriebsstätte“, der Änderungen von Art. 5 des OECD-Musterabkommens („OECD-MA“) vorsieht. Der Abschlussbericht baut auf den Diskussionsentwürfen auf, die im Oktober 2014 bzw. Mai 2015 veröffentlicht wurden, wobei der Abschlussbericht wiederum weitere Änderungen im Vergleich zum letzten Entwurf erfahren hat.

Die wesentlichen Inhalte sowie die Änderungen im Vergleich zum Diskussionsentwurf vom Mai 2015 werden im Folgenden dargestellt.

Künstliche Vermeidung von Betriebsstätten durch Kommissionärsstrukturen bzw. ähnliche Strategien

Vertreterbetriebsstätte

Nach dem Abschlussbericht unterhält gem. Art. 5 Abs. 5 OECD-MA ein Unternehmen dann eine Betriebsstätte in einem Land:

  • wenn eine Person gewöhnlich Verträge abschließt oder
  • gewöhnlich den wesentlichen Beitrag zum Abschluss von Verträgen leistet und diese Verträge routinemäßig ohne wesentliche Änderungen vom Unternehmen abgeschlossen werden und
  • die Verträge im Namen des ausländischen Unternehmens abgeschlossen werden oder
  • der Vertragsgegenstand Nutzungsrechte, Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen des Unternehmens betrifft.

Bei der Formulierung „gewöhnlich den wesentlichen Beitrag zum Vertragsabschluss leistet“ („habitually plays the principal role leading to the conclusion of contracts“) handelt es sich um eine Änderung im Vergleich zur Vorversion vom Mai 2015. Die neue Formulierung ersetzt die Fassung „negotiates material elements of the contracts“.

Nach der geänderten Fassung des Musterkommentars zum OECD-MA („OECD-MK“) leistet derjenige einen wesentlichen Beitrag zum Vertragsschluss, der den fremden Dritten überzeugt, den Vertrag mit dem Unternehmen abzuschließen (d.h. als Verkaufspersonal tätig wird). Als Beispiel nennt der Musterkommentar eine Person, die Bestellungen einholt und erhält, ohne die Aufträge formell zu finalisieren, wobei die Aufträge direkt an das Lager des Unternehmens zur Auslieferung weitergeleitet und in der Regel vom Unternehmen genehmigt werden. Insofern ist festzustellen, dass ein hohes Risiko einer Betriebsstätte besteht, wenn Mitarbeiter aktiv in Vertragsverhandlungen eingebunden sind.

Kommissionäre oder andere unabhängige Vertreter

Eine Betriebsstätte liegt dann nicht vor, wenn ein unabhängiger Vertreter tätig wird (Art. 5 Abs. 6 OECD-MA). Abs. 6 hat eine umfangreiche Erweiterung im Hinblick auf die Anforderungen, die an das Erfordernis der Unabhängigkeit zu stellen sind, erfahren. Eine Person, die ausschließlich für ein oder mehrere Unternehmen, mit dem oder denen sie eng verbunden ist, handelt, soll nicht als unabhängiger Vertreter behandelt werden. An der Tatbestandsvoraussetzung der engen Verbundenheit (mehr als 50% mittelbare oder unmittelbare Beteiligung) haben sich im Vergleich zu der Entwurfsfassung vom Mai 2015 keine wesentlichen Änderungen ergeben, allerdings wurde der Begriff „connected enterprises“ durch die Formulierung „closely related“ ersetzt. Somit wird davon ausgegangen, dass nahe stehende Personen grundsätzlich das Kriterium „Unabhängigkeit“ nicht erfüllen.

Der Abschlussbericht enthält die folgenden – begrüßenswerten – Klarstellungen:

  • Vertriebsstrukturen („buy-sell“), einschließlich der „low risk distributors“ sind von den Änderungen nicht betroffen, unabhängig von der Frage, wie lange die Vertriebsgesellschaft Eigentümerin der verkauften Produkte bleibt. „Low risk distributor“-Strukturen sollen im Rahmen der Maßnahme 9 des BEPS Aktionsplans adressiert werden.
  • Auch wenn eine Vertreterbetriebsstätte begründet wird, bedeutet dies nicht automatisch, dass sämtliche Gewinne der Betriebsstätte zuzuordnen sind. Vielmehr kommen die allgemeinen Grundsätze zur Gewinnaufteilung bei Betriebsstätten zur Anwendung.

Künstliche Vermeidung von Betriebsstätten durch Ausnahmeregelungen für bestimmte Aktivitäten

Die Änderungen, die Art. 5 Abs. 4 OECD-MA betreffen, sollen innovativen Geschäftsmodellen Rechnung tragen. Der neu gefasste Artikel bezieht sich auf die Tätigkeiten, die bisher unter den Ausnahmenkatalog des Abs. 4 gefallen sind und einen wesentlichen Teil der Wertschöpfungskette darstellen können. Daher sollen die in Abs. 4 aufgelisteten Ausnahmetätigkeiten der Lagerung, Ausstellung, Lieferung und dem Einkauf von Gütern nur dann keine Betriebsstätte begründen, wenn es sich insgesamt um Hilfs-oder Vorbereitungstätigkeiten im Hinblick auf die Geschäftstätigkeit des Unternehmens als Ganzes handelt. Somit nimmt die OECD Abstand von einer singulären Bewertung der betrachteten Aktivitäten und analysiert die Tätigkeiten inhaltlich unter Bedeutung der Wertschöpfungskette.

So soll etwa nach der Musterkommentierung die Lagerung und Auslieferung von Waren und Gütern dann nicht als Ausnahmeregelung angesehen werden, wenn diese Tätigkeiten einen wesentlichen Teil der Verkaufs- oder Vertriebstätigkeit des Unternehmens ausmachen. Die Lagerung von Waren während der Zollabfertigung hingegen wird als eine Hilfs-oder Vorbereitungstätigkeit angesehen.

Der Abschlussbericht hat das Beispiel des Lohnfertigers, das bereits in der Entwurfsfassung vom Mai 2015 enthalten war, beibehalten. Danach soll der Bestand von Gütern im Staat des Lohnfertigers, der zwar im Eigentum des Prinzipals steht, aber zur Verarbeitung durch den Lohnfertiger unterhalten wird, grundsätzlich keine Betriebsstätte des Prinzipals begründen. Wichtig erscheint hier, auf entsprechende Bedeutungen in den Intercompany-Verträgen zu achten.

Aufsplittung zusammenhängender Geschäftstätigkeiten

Der Abschlussbericht enthält eine weitreichende Antifragmentierungsregelung, die die missbräuchliche Aufsplittung von Tätigkeiten zwischen Gruppenunternehmen vermeiden soll. Demnach greift die Ausnahmeregelung des Abs. 4 dann nicht ein, wenn die Aktivitäten des Unternehmens oder der verbundenen Unternehmen („connected enterprises“) zusammengenommen keine Hilfs- oder Vorbereitungstätigkeiten darstellen, vorausgesetzt, dass die betreffenden Tätigkeiten Teil einer zusammenhängenden Geschäftstätigkeit sind.

Aufspaltung von Bau- und Montageverträgen

Der Abschlussbericht adressiert weiterhin die Aufspaltung von Bau- und Montageverträgen zwischen verbundenen Unternehmen, um die Zwölfmonatsfrist des Art. 5 Abs. 3 OECD-MA zur Begründung einer Betriebsstätte zu unterlaufen.

Der OECD-MK wird wie folgt ergänzt:

  • Der „Principal Purposes Test“ („PPT“) der allgemeinen Anti-Missbrauchsregelung der Maßnahme 6 soll derartige Aufspaltungen von Verträgen verhindern. Nach dem PPT soll ein Steuerpflichtiger dann keinen Vorteil aus einem Doppelbesteuerungsabkommen erzielen, wenn eine Transaktion nur vorgenommen wird, um gerade diesen Vorteil zu erlangen. Die Neufassung des OECD-MK verdeutlicht den PPT anhand eines Beispiels.
  • Sofern ein DBA aber den PPT nicht vorsieht, soll Staaten die Möglichkeit eingeräumt werden, eine alternative Regelung zu vereinbaren, wonach die Zeiten der Bauausführung und Montage durch verbundene Unternehmen addiert werden (sofern sie 30 Tage überschreiten), um die Zwölfmonatsfrist zu bestimmen.

Versicherungsbetriebsstätten

Der Abschlussbericht sieht – wie bereits der Diskussionsentwurf vom Mai 2015 – keine versicherungsspezifischen Änderungen vor. Die geänderten Regelungen der Absätze 5 und 6 finden auch auf Versicherungen Anwendung.

Ausblick

Der Abschlussbericht enthält weitreichende Änderungen im Hinblick auf die Voraussetzungen, die zum Vorliegen einer Betriebsstätte führen. Es ist davon auszugehen, dass Kommissionärsstrukturen bei verbundenen Unternehmen zukünftig in der Regel eine Betriebsstätte des Prinzipals begründen werden. Hierbei wird es auf die Frage ankommen, welche Partei gewöhnlich den wesentlichen Beitrag zum Abschluss von Verträgen leistet, die routinemäßig ohne wesentliche Änderungen vom Unternehmen abgeschlossen werden. Allerdings stellt der Abschlussbericht klar, dass Vertriebsstrukturen, einschließlich der „low risk distributors“, keine Betriebsstätte des Prinzipals begründen sollten. Für die Praxis sollte daher überprüft werden, ob eine solche Struktur eine Alternative zu Kommissionärsvereinbarungen darstellen könnte. Empfehlenswert wäre es außerdem, die bisherigen Vertragsgestaltungen vor dem Hintergrund des Abschlussberichts auf Betriebsstättenrisiken hin zu überprüfen.

Die Ausnahmeregelung der Lagerung von Waren und Gütern hat weitreichende Änderungen erfahren. Von Bedeutung ist zunächst, ob das ausländische Unternehmen Verfügungsmacht über das Lager (oder auch die Produktionsstätte eines Lohnfertigers) hat. Selbst wenn dies der Fall ist, können dennoch die Ausnahmeregelungen des Art. 5 Abs. 4 OECD-MK eingreifen, solange reine Hilfs-oder Vorbereitungstätigkeiten betroffen sind. Zu beachten sind jedoch die Antifragmentierungsregelungen, die zur Anwendung kommen könnten. Insgesamt kann dies für multinationale Unternehmensgruppen einen wesentlich erhöhten Prüfungsaufwand, etwa bei Lohnfertigerstrukturen oder anderweitiger Lagerung von Waren und Gütern, bedeuten.

Der Begriff der Verfügungsmacht („at the disposal“) findet sich auch weiterhin lediglich im Text des OECD-MK, nicht jedoch im Musterabkommen selbst. Gerade im Hinblick auf den Meinungsstreit zu diesem Begriff wäre eine Aufnahme in den Abkommenstext des Art. 5 wünschenswert gewesen.

Wie bereits im Diskussionsentwurf vom Mai 2015 erkennt die OECD an, dass weitere Richtlinien zur Gewinnabgrenzung von Betriebsstätten notwendig sind. Diese sollen bis Dezember 2016 vorgestellt werden.

Der Abschlussbericht stellt klar, dass die darin enthaltenen Änderungen lediglich für die Zukunft Wirkung entfalten und keine Auswirkungen auf die Interpretation der bisherigen Regelungen des OECD-MA haben. Eine Umsetzung der Änderungen wird voraussichtlich ab 2017 im Rahmen des multilateralen Übereinkommens erfolgen, es sei denn, eine Umsetzung erfolgt bereits auf bilateraler Ebene im Rahmen von Doppelbesteuerungsabkommen. Dies gilt etwa für das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Australien zur Beseitigung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie zur Verhinderung der Steuerverkürzung und –umgehung vom 12.11.2015. Dieses Abkommen, das allerdings noch nicht in Kraft getreten ist, setzt die im Abschlussbericht vom 05.10.2015 vorgesehenen Änderungen zu Art. 5 OECD-MA um.

Ihre Ansprechpartner

Jobst Wilmanns
Partner

jwilmanns@deloitte.de
Tel.: 069 75695-6718

Inka Traeger
Senior Manager

intraeger@deloitte.de
Tel.: 069 75695-7096

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