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18.11.2014
Transfer Pricing

BEPS: OECD veröffentlicht Diskussionsentwurf zu Verrechnungspreisen für konzerninterne Dienstleistungen - Neueinführung von gering wertschöpfenden Dienstleistungen

Dienstleistungen gehören mit zu den häufigsten konzerninternen Transaktionen. Häufig stehen sie unter dem Generalverdacht erhoben zu werden, ohne dass ihnen ein Nutzen gegenüber stehen würde. Die OECD hat nun im Rahmen des BEPS-Projektes eine überarbeitete Version der hierzu geltenden Verrechnungspreisleitlinien präsentiert.

Übersicht

Mit dem am 3.11.2014 veröffentlichten Entwurf beabsichtigt die OECD das bisherig bestehende Kapitel VII der OECD-Verrechnungspreisgrundsätze 2010 vollständig ersetzen. Ziel der Regelungen soll sein, eine ausgewogene Balance zwischen angemessenen Vergütungen für konzerninterne Dienstleistungen und einer Aushöhlung von Besteuerungsgrundlagen durch exzessive Management- Dienstleistungsentgelte zu finden.

Der Entwurf versucht diese Zielsetzung dadurch zu erreichen, dass er

  • eine tatbestandlich weit gefasste Kategorie von nur gering wertschöpfenden Dienstleistungen empfiehlt, die lediglich einen begrenzten Kostenaufschlagssatzaufschlag rechtfertigen;
  • die Anwendung eines konsistenten Allokationsschlüssel für alle Leistungsempfänger befürwortet; und
  • ein höheres Maß an Transparenz durch spezifische Dokumentationsanforderungen (z.B. an die Bestimmung der Kostenbasis) anlegt.

Ferner enthält der Entwurf zusätzliche Ausführungen zu folgenden Aspekten:

  • Entwurf einer Standarddefinition im Hinblick auf „gering wertschöpfende Dienstleistungen“
  • Klarstellung bzgl. der Bedeutung von „shareholder activities“ („Gesellschaftertätigkeiten“) und von „duplicative costs“ („Verdopplung der Dienstleistung“), insbesondere im Zusammenhang mit gering wertschöpfenden Dienstleistungen
  • Angemessene Aufschlagssätze im Hinblick auf gering wertschöpfende Dienstleistungen
  • Angemessene Kostenallokations-Methoden für gering wertschöpfende Dienstleistungen
  • Anleitung zur Durchführung eines vereinfachten „benefit tests“ („Nutzennachweis“) bezüglich gering wertschöpfender Dienstleistungen
  • Dokumentationsanforderungen im Hinblick auf gering wertschöpfende Dienstleistungstransaktionen.

Da es sich bislang um einen reinen Diskussionsentwurf handelt, wird von Seiten der OECD um Kommentierung dieses Entwurfs durch die Fachöffentlichkeit bis zum 14. Januar 2015 gebeten.

Wesentliche Änderungen im Vergleich zur aktuellen Version des Kapitel VII

Mit Ausnahme des Themenkomplexes der gering wertschöpfenden Dienstleistungen beinhaltet der gegenwärtige Diskussionsentwurf im Vergleich zu Kapitel VII der OECD-Verrechnungspreisgrundsätze 2010 keine grundsätzlichen Veränderungen. So wurde die Liste beispielhafter Gesellschaftertätigkeiten um solche ergänzt, die sich (i) auf die Einhaltung von relevanten Steuervorschriften durch die Muttergesellschaft beziehen sowie (ii) um solche, die lediglich der Einhaltung von Corporate Governance-Regelungen auf Ebene der Gesamtgruppe dienen. Weiterhin wurde ergänzt, dass „shareholder activities“ – wenn sie durch ein Konzernunternehmen, das nicht in der Eigenschaft als Anteilseigner handelt – Dienstleistungen verkörpern, die unter die allgemeinen Regelungen des Kapitels VII fallen sollen.

Im Hinblick auf sogenannte „verdoppelte Dienstleistungen“ (mit entsprechenden „duplicative costs“) wird klargestellt, dass in jedem Einzelfall detailliert zu prüfen ist, ob tatsächlich eine „verdoppelte Dienstleistung“ vorliegt oder ggf. eine „Ergänzung“ von Dienstleistungen.

Weiterhin hält der Entwurf fest, dass es mit Ausnahme von Finanztransaktionen auch bei Beschaffung/ Einkauf von Services/Produkten angemessen sein kann, eine Kommissionsgebühr in den Produkt-/Servicepreis einzubeziehen, anstatt eine separate Dienstleistungsgebühr zu verrechnen.

War die Funktionsanalyse im Rahmen der Methodenwahl bisher lediglich – so wörtlich – „hilfreich“, so wird diese nunmehr als „notwendig“ angesehen. Für den Fall, dass die Kostenaufschlagsmethode im Hinblick auf die Dienstleistungsvergütung gewählt wird, können nach OECD-Ansicht Anpassungen hinsichtlich der Kostenbasis erforderlich werden. In diesem Zusammenhang kann es zu erwägen sein, auf Basis einer hypothetischen Betrachtung diejenigen Kosten zu ermitteln, die beim Leistungsempfänger bei eigener Leistungserbringung entstehen würden. Zum anderen wird im Entwurf erläutert, dass es im Falle der Anwendung der Kostenaufschlagsmethode ebenfalls wichtig ist zu prüfen, ob der Leistungserbringer tatsächlich die Leistungen erbringt oder diese Leistungen lediglich vermittelt. Im letzteren Fall wäre ein Aufschlag auf die Kosten der Dienstleistungserbringung nicht gerechtfertigt. Lediglich auf diejenigen Kosten, die durch die Vermittlungstätigkeit entstehen, soll nach OECD-Auffassung ein Aufschlag erhoben werden dürfen.

Darüber hinaus werden in dem vorliegenden Entwurf die bisherigen Beispiele zu konzerninternen Dienstleistungen im Bereich der Auftragsfertigung und Auftragsforschung ergänzend erläutert.

Gering wertschöpfende Dienstleistungen („low value-adding intra-group services“)

Die signifikanteste Neuerung des Diskussionsentwurfs betrifft die Neuaufnahme eines Abschnitts zu sogenannten „gering wertschöpfenden Dienstleistungen“. Das Gemeinsame EU-Verrechnungspreisforum („EU JTPF“) hatte hierzu bereits auf Basis der aktuellen OECD-Verrechnungspreisrichtlinien in 2011 eine separate Leitlinie formuliert.

Auf Basis des vorliegenden Entwurfs charakterisieren sich gering wertschöpfende Dienstleistungen dadurch, dass sie nur unterstützender Art und nicht Teil des Kerngeschäftes eines Unternehmens sind. Sie erfordern weder die Nutzung von einzigartigen, wertvollen immateriellen Werten, noch sind sie auf die Erschaffung dieser gerichtet. Ferner bringt die Ausübung derartiger Tätigkeiten kein wesentliches Risiko mit sich. Weiterhin wird die Anwendung der Vergütungsgrundsätze zu „gering wertschöpfenden Dienstleistungen“ für solche Tätigkeiten ausgeschlossen, welche das Unternehmen auch an fremde Dritte erbringt. In diesen Fällen sollte der Fremdvergleich nach OECD-Ansicht über einen internen Preisvergleich erfolgen. Weiterhin sollen generell folgende Aktivitäten nicht als gering wertschöpfende Dienstleistungen qualifiziert werden können: Hauptgeschäftsaktivitäten, F&E, Produktion/Herstellung, Verkaufs-/Vertriebs-/Marketingaktivitäten, Finanztransaktionen, Exploration/Gewinnung/Verarbeitung von natürlichen Ressourcen, (Rück-)Versicherung sowie Dienstleistungen der Geschäftsführung. Im Gegensatz dazu zählt der Entwurf folgende Beispiele als „typisch“ für gering wertschöpfende Dienstleistungen auf: Rechnungslegung, Revision, Buchhaltung, Human Resources, Überwachung und Einhaltung von Gesundheits-, Sicherheits-, Umwelt- und anderer Vorschriften, IT, PR sowie rechts- und steuerbezogene Dienstleistungen. Für derartige Dienstleistungen sieht der Entwurf einen vereinfachten Fremdüblichkeitsnachweis vor: Im ersten Schritt werden nach OECD-Auffassung die bei den Leistungserbringern für die Leistungserbringung angefallenen Kosten gesammelt (nach Kostenarten und -stellen aufgeschlüsselt). Kosten, die Gesellschafteraktivitäten („shareholder activities“) betreffen, werden nicht in diese Kostenbasis aufgenommen. Im zweiten Schritt werden jene Kosten, die Leistungsempfängern direkt zugeordnet werden können, aus der Kostenbasis eliminiert. Im dritten Schritt werden ein oder mehrere Allokationsschlüssel zur Zuordnung der Kosten an die Leistungsempfänger ausgewählt. Auch die Kombination von Allokationsschlüsseln soll hierbei möglich sein. Die Auswahl kann je nach Art der Dienstleistungen unterschiedlich ausfallen. Der gewählte Schlüssel muss jedoch für die gesamte Dienstleistungsart innerhalb der Gruppe konsistent angewandt werden; hierbei ist auch die zeitliche Kontinuität des Allokationsschlüssels von großer Bedeutung. Gründe für die Auswahl oder den Wechsel eines Allokationsschlüssels sollen in der Verrechnungspreisdokumentation begründet werden.

Auf die so festgestellten Kosten wird ein Aufschlagsatz erhoben, der für sämtliche Dienstleistungsarten identisch sein und sich zwischen 2 % bis 5 % bewegen sollte.

Zum Nachweis des erhaltenen Nutzens sieht der Entwurf vor, dass die Unternehmen folgende Informationen/Unterlagen vorbereiten sollen: Eine Beschreibung der Service-Kategorien, Erläuterung inwiefern es sich um eine gering wertschöpfende Dienstleistung handelt, eine Begründung der Leistungserbringung aus der Geschäftstätigkeit heraus, für jede Kategorie eine Nutzenbeschreibung, Auswahl des Allokationsschlüssel und deren Begründung sowie die Nennung des angewandten Kostenaufschlagssatz. Weiterhin sollen die Verträge über diese Dienstleistungen beigefügt werden. Ebenso sind die Berechnungen der Kostenbasis, getrennt nach Servicekategorien, Kostenstellen und direkt berechneten Kosten sowie die Anwendung der Allokationsschlüssel darzustellen.

Bewertung

Konzerninterne Dienstleistungen, gerade aus dem betrieblichen Administrationsbereich i.w.S. (z.B. Legal, HR, IT), sind eine der häufigsten konzerninternen Transaktionen und der Nachweis ihrer fremdüblichen Verrechnung gestaltet sich für Unternehmen in der Praxis oftmals mühsam. Der von der deutschen Finanzverwaltung verlangte Nutzennachweis und eingeforderte Detaillierungsgrad der Kostenbasis sind regelmäßig umfangreich. Insbesondere fällt es deutschen Tochtergesellschaften ausländischer Konzerne oft schwer die seitens der deutschen Finanzverwaltung angefragten Kosteninformationen überhaupt zu erhalten. Vor diesem Hintergrund sind derartige Transaktionen in der Betriebsprüfungspraxis häufig Gegenstand von Einkommensanpassungen. Hingegen sind aus der Betriebsprüfungspraxis nur wenige Fälle bekannt, in denen Uneinigkeit bzgl. des anzuwendenden Kostenaufschlagsatzes besteht. Die vom EU-JTPF genannte Bandbreite von 3 % bis 10 % wird hierbei zumeist auch von der deutschen Finanzverwaltung akzeptiert.

Das vorliegende OECD-Diskussionspapier ist mit seinen vorgestellten Entwurfsregelungen zu begrüßen, da es in vielerlei Hinsicht Gedankenanstöße zu in der Praxis kontrovers diskutierten Fragestellungen beinhaltet. Auch die Aufnahme einer Anleitung zur Verrechnung gering wertschöpfender Dienstleistungen ist positiv zu bewerten und wird hoffentlich Unternehmen den Nachweis der Fremdüblichkeit in Betriebsprüfungen erleichtern. Aufgrund der Tatsache, dass die OECD ein relativ niedriges Vergütungsniveau im Hinblick auf die Erbringung von gering wertschöpfenden Dienstleistungen empfiehlt, ist im Fall einer höheren Vergütung in der Unternehmenspraxis unbedingt eine Verprobung durch eine entsprechende Benchmarking-Analyse zu empfehlen.

Im Allgemeinen steht aber zu befürchten, dass die bislang kontrovers diskutierten Fragestellungen „benefit test“ und Anteil von „shareholder activities“ bei der Leistungsverrechnung an deutsche Tochtergesellschaften ausländischer Konzerne in Betriebsprüfungen weiterhin bestehen bleiben werden. Beide Themenbereiche sind Gegenstand einer subjektiven Wertung und daher einer schematischen Lösung nicht zugänglich. Betroffenen Unternehmen kann nur geraten werden, die Verrechnung von konzerninternen Dienstleistungen zeitnah und hinreichend ausführlich zu dokumentieren (Leistungsnachweis, Kostendetails etc.).

Fundstelle

OECD, Public Discussion Draft, BEPS ACTION 10: PROPOSED MODIFICATIONS TO CHAPTER VII OF THE TRANSFER PRICING GUIDELINES RELATING TO LOW VALUE-ADDING INTRA-GROUP SERVICES

Ihre Ansprechpartner

Dr. Michael Puls
Partner

mpuls@deloitte.de
Tel.: 0211 8772-2235

Julia Bollermann
Manager

jbollermann@deloitte.de
Tel.: 0211 8772-2908

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