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04.04.2017
Transfer Pricing

Die Fertigung aus dem Drucker

 Der 3D-Druck, unter dem Namen die additive Fertigung allgemein bekannt geworden ist, spielt immer mehr eine wichtige Rolle in der Produktion. In Branchen wie der Medizintechnik, des Maschinenbaus oder der Luftfahrt hat sich der 3D-Druck als Fertigungsverfahren etabliert. Der folgende Artikel beleuchtet wie das innovative Produktionsverfahren Lieferketten und Wertschöpfung transformiert und welche möglichen Konsequenzen sich aus Verrechnungspreissicht daraus ergeben können.

 Unter dem Begriff „additiv“ werden alle Fertigungsverfahren zusammengefasst, bei denen das Material zur Erzeugung eines Werkstücks anhand dreidimensionaler Konstruktionsdaten Schicht für Schicht aufgebaut wird. Diese Fertigungsverfahren liefern in den alltäglichen Produktionsprozessen viele Ansätze. So ermöglicht die additive Fertigung hochkomplexe Werkstücke oder Kleinserien herzustellen, die mit konventionellen Fertigungsverfahren nicht oder nur zeit- und kostenaufwendig realisiert werden können. Ebenso lassen sich in der Entwicklung und der Konstruktion sowie im Prototypen- und Werkzeugbau Einsatzbereiche finden. Durch die stetig wachsenden Möglichkeiten der zu verarbeitenden Materialen sind künftig weitere Einsatzgebiete zu erwarten.

Wandel von Geschäftsmodellen und bestehender Liefer- und Wertschöpfungsketten

 Der 3D-Druck besitzt das Potential bestehende Liefer- und Wertschöpfungsketten zu wandeln und Geschäftsmodelle zu verändern. Auch wenn gegenwärtig das 3D-Drucken überwiegend nur die traditionellen Fertigungsverfahren ergänzt, ist nicht auszuschließen, dass additive Verfahren zu bevorzugten Fertigungsverfahren reifen. Im Zusammenspiel mit der Digitalisierung ist mehr und mehr eine Dezentralisierung der Produktion möglich. Darüber hinaus werden sich die Grenzen zwischen Produkt und Dienstleistung durch den unterschiedlichen Einsatz der additiven Fertigungsverfahren zunehmend verwischen: Neben der digitalen Entwicklung und additiven Herstellung von Produkten ist ebenso der digitale Handel mit den 3D-Konstruktionsdatensätzen vorstellbar.

Aus Verrechnungspreissicht gilt es daher zu identifizieren,

  • an welchen Stellen die bestehende Wertschöpfungskette durch additive Fertigungsverfahren verändert werden,
  • welche Veränderungen sich in Funktions- und Risikoprofilen der beteiligten Konzerngesellschaften ergeben und welche Auswirkungen dies auf Geschäftschancen und -risiken hat, sowie ob ggf. Funktionsverlagerungen ausgelöst werden,
  • welcher Gruppengesellschaft der Vorteil aus der Kosteneffizienz des 3D-Druckens zugutekommt,
  • welcher Gruppengesellschaft die Kosten der Entwicklung und des Vertriebs der 3D-Konstruktionsdatensätze sowie die Erträge zuzuordnen sind,
  • in welchen Gruppengesellschaften IP entstanden ist, sowie
  • welche DEMPE-Funktionen bei der additiven Fertigung von welcher Gruppengesellschaft ausgeübt werden.

Produktion on Demand / on Site

 Der Einsatz von 3D-Druckern ermöglicht dem Hersteller, seine Produkte nun nach Bedarf sowie markt- und kundennah zu fertigen statt die fertigen Teile im Lager vorzuhalten. Dadurch entfallen die Bevorratungskosten; die markt- und kundennahe Produktion verkürzt zudem die Lieferzeit signifikant. Neben dem Wegfall der Bevorratung und der Auflösung des Lagerbestands ist davon auszugehen, dass sich die Logistik von einer globalen zu einer regionalen Logistik hin entwickeln wird.

Im Gegensatz zur traditionellen Produktion können neue, maßgeschneiderte Designs durch Austausch der Konstruktionsdatensätze kostengünstiger realisiert werden. Dies gilt insbesondere für Kleinserien, für welche die Kostenstruktur additiver Fertigungsverfahren günstiger als bei konventionellen Verfahren ist. Zudem können die Konstruktionsdatensätze beliebig oft und an verschiedenen Orten simultan eingesetzt werden. Insoweit können sich durch den Einsatz von additiven Fertigungsverfahren Prozesse entlang der Wertschöpfungskette verändern; angefangen bei der Forschung und Entwicklung über die Fertigung und den Vertrieb bis hin zu Dienstleistungen rund um die Nutzung eines Produkts. Sicher ist, dass vor allem der Forschung und Entwicklung sowie der Konstruktion eine große Bedeutung zukommt und die Produktionstätigkeit zunehmend zu einer Dienstleistung wird, die ggf. auch an fremde Dritte ausgelagert werden kann.

In Anbetracht der unterschiedlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten der einzelnen Prozesse entlang der Wertschöpfungskette wird primär die Frage nach einer angemessenen Vergütung der beteiligten Konzerngesellschaften aufgeworfen. Dabei ist von einer kostenbasierten Vergütung im Falle eines als Auftragsfertiger tätigen konzerninternen Druckerparks bis hin zu einer nutzerbasierten Vergütung mittels einer Lizenzgebühr oder der Profit-Split-Methode für eine fremdübliche Gewinnaufteilung bei den an der Entwicklung der Konstruktionsdatensätze beteiligten bzw. die DEMPE-Funktionen ausführenden Konzerngesellschaften denkbar.

Fallgestaltungen in der Praxis und deren Verrechnungspreisimplikationen

 Sofern additive Fertigungsverfahren in Zukunft auch verstärkt in der Serienproduktion eingesetzt werden, ist nicht auszuschließen, dass Unternehmen mittelfristig ihre ins Ausland verlagerte Produktionsfunktion wieder zurück nach Deutschland holen. Durch die additive Fertigung können arbeits- und personalintensive Produktionsprozesse stärker automatisiert werden. In Kombination mit dem Kostenreduzierungs- und dem hohen Customizing-Potential werden niedrigere Lohnkosten bei der Frage nach dem Produktionsstandort im Falle der additiven Fertigung wohl eher eine geringere Bedeutung spielen.

Andererseits ermöglichen additive Fertigungsverfahren eine dezentrale Produktion in Kundennähe mit vielfältigen Vorteilen im Vergleich zu einer zentralisierten Produktion. Deshalb ist es auch denkbar, dass die inländische Produktion komplett aufgegeben und an räumlich kundennähere Konzerngesellschaften verlagert wird.

Vor dem Hintergrund einer Verlagerung der Produktionsfunktion ergeben sich Fragen im Zusammenhang mit möglichen Funktionsverlagerungen und den damit verbundenen Ausgleichsansprüchen. Angesichts des fehlenden Zusammenhangs zwischen der bisherigen Geschäftsentwicklung und den künftigen Markt- und Wettbewerbsbedingungen werden bei der Bestimmung der Ausgleichsanspruchshöhen die historischen Margen und Kosten kaum belastbare Anhaltspunkte für die Zukunft liefern können. Daneben erscheint fraglich, ob in der Vergangenheit beobachtete Beta-Faktoren das durch das neue Geschäftsmodell modifizierte Geschäftsrisiko zutreffend abbilden können.

Hinsichtlich der Anwendbarkeit der Transferpaketbetrachtung im Rahmen einer potentiellen Funktionsverlagerung stellt sich die Frage, inwiefern die Durchführung des 3D-Druckens als Routinefunktion anzusehen ist und das aufnehmende Unternehmen diese Funktion auch nur gegenüber dem verlagernden Unternehmen erbringt oder die additive Produktionstätigkeit funktions- und risikostärker ist und nicht mehr als Dienstleistung eingestuft werden kann. Zumindest im ersten Fall sollte von einer Transferpaketbetrachtung abgesehen werden können (Öffnungsklausel, § 1 Absatz 3 Satz 10 erste Alternative AStG).

Abschließend sei ferner auf Konstellationen verwiesen, in denen die inländische konventionelle Produktion aufgegeben wird und die additive Produktion in Zukunft durch einen fremden Dritten Dienstleister oder direkt durch den nicht nahestehenden Endkunden im Ausland erfolgt. Zwar wird hierbei die komplette Produktion im Inland eingestellt und das entsprechende Personal abgebaut, von einer Funktionsverlagerung kann jedoch nicht ausgegangen werden, da die Produktion komplett auf einen fremden Dritten übergeht.

Fazit

 Die additive Fertigung kann das Geschäftsmodell und die Wertschöpfungsketten verändern sowie die Anzahl der beteiligten Akteure reduzieren. Konkrete Formen und Auswirkungen des 3D-Druckens lassen sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abschließend abschätzen. Vor diesem Hintergrund sollten sich international operierende Konzerne frühzeitig mit möglichen Auswirkungen der additiven Produktionstechnologie auf das eigene Geschäftsmodell, zugrundeliegende Liefer- und Wertschöpfungsketten und daraus resultierende Verrechnungspreisaspekte auseinandersetzen.

Fundstellen

 Autonomik: Additive Fertigungsmethoden – Entwicklungsstand, Marktperspektiven für den industriellen Einsatz und IKT-spezifische Herausforderungen bei Forschung und Entwicklung, Eine Studie im Rahmen der Begleitforschung zum Technologieprogramm AUTONOMIK für Industrie 4.0 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, April 2016

Deloitte: Insights, Die Zukunft des Manufacturing, Podcast

VDMA: Grenzen sprengen – 3D-Druck im Maschinenbau, 28.04.2016

Industrieanzeiger 16.16, 27.06.2016, Wie der 3D-Druck die Wertschöpfung verändert, S. 40ff.

Ihre Ansprechpartner

Martin Schmitt
Partner

MartSchmitt@deloitte.de
Tel.: 069 75695-6051

Henrik Handte
Director

hhandte@deloitte.de
Tel.: 089 29036-8553

Daniela Kiel-Hammer
Senior Manager

dkiel-hammer@deloitte.de
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