Einführung neuer Verrechnungspreisrichtlinien in Singapur
Die “Inland Revenue Authority of Singapore“(IRAS) hat am 6.01.2015 überarbeitete Verrechnungspreisrichtlinien veröffentlicht, welche die bisherigen Regelungen vollständig ersetzen. Als Folge der deutlich umfangreicheren neuen Regelungen ergeben sich erhöhte Anforderungen an die Steuerpflichtigen. Neben einer Vielzahl von Konkretisierungen der bisherigen Regelungen wird insbesondere nunmehr grundsätzlich die jährliche Erstellung der Verrechnungspreisdokumentation bis zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung verpflichtend eingeführt. Der folgende Artikel gibt einen Überblick über die wesentlichen Änderungen.
Neue Dokumentationsvorschriften
Erfordernis der regelmäßigen Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation
Grundsätzlich verlangen die neuen Richtlinien, dass die Verrechnungspreisdokumentation (in der Folge: „TPD“) in jedem Jahr spätestens mit Abgabe der Steuererklärung (für Transaktionen eines Jahres also in der Regel zum 30. November des Folgejahres) zu erstellen ist. Entsprechend ist das Datum der Finalisierung der TPD im Dokument anzugeben, um die Einhaltung der Frist zu dokumentieren. Eine gleichzeitige Abgabe der TPD mit der Steuererklärung ist jedoch nicht erforderlich – vielmehr sollte diese vom Steuerpflichtigen vorgehalten und auf Anfrage der IRAS innerhalb von 30 Tagen vorgelegt werden.
Es wird weiterhin festgelegt, dass die Dokumentation des Sachverhalts, insbesondere der Funktions- und Risikoanalyse, regelmäßig, mindestens aber alle drei Jahre bzw. bei Eintreten einer wesentlichen Änderung zu aktualisieren ist. Die ökonomische Analyse der konzerninternen Transaktionen ist auf Einzeljahresbasis (lediglich in Ausnahmefällen dürfen Mehrjahresdurchschnitte gebildet werden) jedes Jahr neu zu erstellen.
Sollte der Steuerpflichtige den neuen Erfordernissen nicht nachkommen, drohen neben einer voraussichtlich höheren Wahrscheinlichkeit von Verrechnungspreisanpassungen im Rahmen einer Betriebsprüfung mögliche Strafzahlungen. Es wird ferner in Aussicht gestellt, dass APA-Anträge ebenso wie Anträge auf Verständigungsverfahren seitens der IRAS nicht unterstützt werden, sollte keine fristgemäße Verrechnungspreisdokumentation vorliegen.
Inhaltliche Konkretisierungen
Im Rahmen der neuen Regelungen wird die Akzeptanz von Jahresendanpassungen nunmehr an drei Bedingungen geknüpft:
- Eine entsprechende Verrechnungspreisdokumentation muss gemäß der oben genannten Fristen erstellt werden;
- Die Jahresendanpassungen müssen symmetrisch bei den beteiligten Vertragsparteien vorgenommen werden;
- Die Jahresendanpassungen müssen vor Abgabe der Steuererklärung vorgenommen werden.
Die neuen Vorschriften sehen grundsätzlich die Verwendung der üblichen von der OECD vorgesehenen Verrechnungspreismethoden vor. Es wird explizit auf die Berry Ratio eingegangen, deren Verwendung an recht umfassende Bedingungen geknüpft wird, womit in der Praxis die Akzeptanz der Berry Ratio sinken dürfte.
Neu ist die Maßgabe, die (bevorzugt lokalen und börsennotierten) Vergleichsunternehmen im Rahmen von Datenbankstudien nicht zu berücksichtigen, sofern sie im Analysezeitraum im Durchschnitt bzw. in mehr als der Hälfte der Jahre Verluste realisieren.
Für die Analyse konzerninterner Darlehen besteht eine Neuerung in der Konkretisierung, dass grundsätzlich die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers auf stand-alone-Basis zu bestimmen ist, wobei eine Berücksichtigung des Gruppenratings möglich ist, sofern sich nachweisen lässt, dass dieses auch von Fremden Dritten für den Darlehensnehmer zur Anwendung kommen würde.
Erweitertes Informationserfordernis insbesondere auf Konzernebene
Die neuen Vorschriften sehen wesentlich umfangreichere Anforderungen hinsichtlich der aufzubereitenden Informationen vor. Insbesondere auf Konzernebene sollen u.a. die folgenden Informationen standardmäßig in der TPD enthalten sein:
- Globales Organisations-Chart inklusive der Beteiligungsverhältnisse;
- Umfassende Beschreibung der allgemeinen Geschäftsaktivitäten des Konzerns sowie des Marktumfelds. Insbesondere ist hier auf die Erfordernis hinzuweisen, dass Informationen über die Wertschöpfungskette sowie Geschäftsmodelle innerhalb des Konzerns, ebenso wie die Verteilung von immateriellen Wirtschaftsgütern, Angaben über Restrukturierungen sowie eine Übersicht der konzerninternen Geschäftsbeziehungen der einzelnen Konzerngesellschaften bereitzustellen sind;
- Finanzinformationen auf Konzernebene, insbesondere für jene Geschäftsbereiche, in welchen die in Singapur ansässige Gesellschaft aktiv ist.
Trotz der wesentlich erweiterten Informationsanforderungen scheint zu diesem Zeitpunkt keine explizite Umsetzung der OECD-Vorschläge zum Country-by-Country-Reporting avisiert zu werden.
Befreiung von der Dokumentationspflicht
Grundsätzlich sehen die neuen Verrechnungspreisrichtlinien eine Befreiung für Unternehmen von der Dokumentationspflicht für bestimmte Transaktionen unter verschiedenen Fallkonstellationen vor, z.B. bei Vorliegen eines gültigen APAs, wenn bestimmte Größenschwellen unterschritten werden oder auch bei einer Verrechnung von Routine-Serviceleistungen anhand der Kostenaufschlagsmethode mit einem Markup von 5%.
Schlussfolgerung
Die neuen Richtlinien stellen eine bedeutende Weiterentwicklung der Verrechnungspreisregelungen in Singapur dar und reflektieren die zunehmende Bedeutung des Themas Verrechnungspreise aus Sicht der IRAS.
Die neuen Regelungen definieren klar das Erfordernis der fristgemäßen Erstellung sowie einer regelmäßigen Aktualisierung der TPD, im Besonderen im Hinblick auf die jährlich vorzunehmende ökonomische Analyse. Insbesondere Unternehmen, die Jahresendanpassungen vornehmen, sollten die diesbezüglich neuen Anforderungen berücksichtigen.
