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21.04.2016
Transfer Pricing

Entwurf der Verwaltungsgrundsätze Betriebsstättengewinnaufteilung: Interpretation der BsGaV hinsichtlich Bankbetriebsstätten

Die Entwurfsversion der Verwaltungsrundsätze Betriebsstättengewinnaufteilung (VWG BsGa) ist am 18. März 2016 veröffentlicht worden. Inwieweit die Begründung von Bankenbetriebsstätten beeinflusst, fasst der folgende Beitrag paragraphenweise zusammen.

Allgemeines zu Bankenbetriebsstätten - § 18 BsGaV (Rn. 192 – 196 VWG BsGa)

Die BsGaV sieht analog zu dem OECD Report on the Attribution of Profits to Permanent Establishments vom 22. Juli 2010 (OECD-Betriebsstätten Report) Spezialregelungen für Bankbetriebsstätten vor. Die Qualifizierung zu einer Bankenbetriebsstätte wird durch das deutsche KWG oder das entsprechende ausländische Pendant normiert. Zudem muss tatsächlich auch Bankgeschäft ausgeübt werden. Bei einer gemischten Tätigkeit könnte man aus der Verordnungsbegründung zu § 18 schließen, dass womöglich zwischen Bankengeschäft und andere Geschäftstätigkeiten in Bezug auf das Dotationskapital zu unterscheiden sei. Die BsGa sieht hier allerdings eine „Infizierung“ der anderen Geschäftstätigkeiten, so dass bei Betriebsstätten mit gemischten Tätigkeiten die spezifischeren Bankbetriebsstätten Regelungen hinsichtlich des Dotationskapitals zur Anwendung kommen.

Gibt es innerhalb einer ausländischen Kreditinstitutsgruppe deutsche Betriebsstätten ohne Bankgeschäft gelten die allgemeinen Vorschriften der §§1-17 BsGaV, insbesondere auch § 12 Abs. 1 BsGaV in Bezug auf das Dotationskapital. Allerdings darf als Bezugsgröße das bankenspezifische Eigenkapital des ausländischen Kreditinstitutes zu Grunde gelegt werden, um die Kapitalaufteilung zu erleichtern. Im umgekehrten Fall, ausländische Betriebsstätte ohne Bankengeschäft, sieht § 13 Abs. 1 BsGaV die Mindestkapitalausstattungsmethode vor, die sich an den betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten im Ausland orientiert und somit nicht auf das Eigenkapital des inländischen Kreditinstitutes referieren muss.

Besondere Zuordnungsregelungen für Bankbetriebsstätten - § 19 BsGaV (Rn. 197 – 232 VWG BsGa)

Die Zuordnung von Vermögenswerten wird in Rn 200 VWG BsGa in zwei Hauptkategorien unterteilt: Kredit- und Handelsgeschäft. Der Erlass orientiert sich für das Kreditgeschäft sehr eng an den OECD- Betriebsstätten Report Teil II und greift für das Handelsbuch der Bank schon auf den OECD- Betriebsstätten Report Teil III (Global Trading) vor. Die dort genannten Key-Entrepreneurial-Risk-Taking (KERT)-Funktionen werden detailgetreu als unternehmerische Risikoübernahmefunktionen (URÜ-Funktion) tituliert und bilden auch im deutschen Regelwerk das Zuordnungskriterium der Buchungslokation, was bei automatisierten Abläufe im Massenkundengeschäft auf Probleme stößt. Die Automatisierung ersetzt die eigentliche URÜ-Funktion, so dass in Ermangelung einer individuellen Kreditentscheidung die reine Angebotsabgabe als „Sales/Trading“-Funktion und somit als Zuordnungskriterium für die Buchungslokation angesehen wird. Die Nutzung des automatisierten Prüfungssystems, auf dessen Basis der Vertrag überhaupt zustande kam, soll durch eine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung seitens der Bankbetriebsstätte zu vergüten sein.

Kommen mehrere Bankbetriebsstätten für eine Zuordnung in Betracht wird nun im Erlass klargestellt, dass es auf die qualitativ größte Bedeutung der Personalfunktion ankommt, die bei Kreditgeschäften in den final ausgehandelten Vertragsbedingungen gesehen wird, während man bei Handelsgeschäften auf den Abschluss und dessen Bedingungen abstellt.

Nur wenn, auch die qualitative Personalfunktion nicht zu einer eindeutigen Zuordnung führt, kann auf die Kundenbeziehung referiert werden, was allerdings nur im klassischen Kreditgeschäft Anwendung findet, da nur hier die Kundenbeziehung von Dauer ist, denn beim Handelsgeschäft endet diese mit Vertragsabschluss. Wofür die Öffnungsklausel in § 19 Abs. 3 Satz 2 BsGaV dienlich sein soll bleibt unklar. Leider findet sich weder in der Begründung der BsGaV noch in Rn. 219 des Erlasses Aufschluss über einen konkreten Anwendungsfall. Lediglich eine konsistente Anwendung der Öffnungsklausel ist nach Rn. 220 im Erlass erwünscht.

Zuordnungsänderung

Etwas konkreter gehen die VWG BsGa mit der nachträglichen Zuordnungsänderung des § 19 Abs. 4 Nr. 1 BsGaV von Vermögenswerten um: Wird die ursprünglich ausschlaggebende Personalfunktion (Sales/Trading) in der Betriebsstätte nicht mehr ausgeübt, tritt an ihre Stelle die verbleibenden URÜ-Funktion. Die der KERT-Funktion entsprechende URÜ-Tätigkeit ist im Erlass in Rn 204 allerdings nicht eindeutig aufgeführt. Nach OECD- Betriebsstätten Report soll dies die „Managing Risk“ Funktion sein (dritter Spiegelstrich in Rn 203 VWG BsGa). Jedoch wird im Erlass in Rn 204 diese nicht so explizit genannt, sondern von „Verwaltung von Risiken“ gesprochen. Eine eindeutige Zuweisung wäre hier wünschenswert, denn ihr kommt eine wichtige Rolle zu: Sollte sich diese (verbleibende URÜ) Funktion in einer anderen Betriebsstätte als der nach der ursprünglichen Zuordnung gewählten Betriebsstätte befinden, muss eine Neuzuordnung des Vermögensgegenstands zu dieser Betriebsstätte vorgenommen werden (fiktive Veräußerung i.S. von § 16 Abs. 1 Nr. 1 BsGaV). Alternativ kann die fiktive Veräußerung auch durch eine fiktive Dienstleistung (i.S. von § 16 Abs. 1 Nr. 2 BsGaV) ersetzt werden.

Die nachträgliche Zuordnungsänderung des § 19 Abs. 4 Nr. 2 BsGaV enthält eine Öffnungsklausel, die der Erlass u.a. durch ein Beispiel konkretisiert:

(i) Kundenbeziehung aus Sales/Trading Funktion ist unverändert;
(ii) Kredit ist (nicht) notleidend;
(iii) Risikomanagementfunktion befindet sich in einer anderen Betriebsstätte.
 

Dies sind die drei Kriterien, die es zu untersuchen gilt, will man sich der Öffnungsklausel bedienen. Grundsätzlich ist das Risikomanagement in der anderen Betriebsstätte als fiktive Dienstleistung von der Buchungslokation zu vergüten. Nur wenn der Kredit tatsächlich eine Leistungsstörung aufweist, kann er an die Risikomanagement Betriebsstätte übertragen werden und die fiktive Dienstleistung entfällt.

Abschließend bleibt anzumerken, dass jede Zuordnungsänderung nicht nur ordnungsgemäß in der Hilfs- und Nebenrechnung abzubilden ist, sondern einen außergewöhnlichen Geschäftsvorfall darstellt, den es gemäß § 90 Abs. 3 AO zeitnah zu dokumentieren gilt und dessen Dokumentation mit einer verkürzten Vorlagefrist angefordert werden kann.

Interne Darlehensverhältnisse

Während die Rn 228 VWG BsGa lediglich repetiert, was bereits durch die BsGaV zum Thema Funktionsaufteilung in § 19 Abs. 5 genannt wurde, kommen den internen Darlehensverhältnissen des § 19 Abs. 6 BsGaV ab der Rn 229 mehr Beachtung zu. Diese sollen nach BMF-Meinung mit einem Mindestzinssatz ausgestattet werden: Durchschnittliche Refinanzierungssatz des Kreditinstitutes zzgl. Gewinnaufschlag. Zudem werden drei Grundfälle unterschieden, die es in der Praxis erforderlich machen Betriebsstätten mit Kapitalbeschaffungscharakter genauer zu analysieren:

(i) Einlagengeschäft dient dem (Universal) Bankgeschäft der Betriebsstätte:
kurzfristige Liquiditätsüberhänge werden als Darlehen an das Stammhaus anerkannt und die Bankbetriebsstätte erhält hierfür einen Zins.
(ii) Einlagengeschäft dient überwiegend dem Stammhaus:
dauerhafte Liquiditätsüberhänge qualifizieren für eine fiktive Dienstleistung i.S. von Kapitalbeschaffung, so dass der Bankbetriebsstätte hierfür ein Serviceentgelt zu bezahlen ist.

Hinweis: In der Praxis wird die Abgrenzung von kurzfristigen und langfristigen Liquiditätsüberhängen, die dem Stammhaus zur Verfügung gestellt werden zu Schwierigkeiten führen, da die tatsächliche zeitliche Komponente erst am Wirtschaftsjahresende festzustellen ist, es aber unterjährig bereits eine Vergütung (Zins/Dienstleistungsgebühr) zu berechnen gilt. Hier muss aus praktischen Gründen auch auf die ex-ante Intension der Bank abgestellt werden können, um die Vergütungsstruktur ex-post am Ende des Jahres verteidigen zu können.

Dotationskapital von inländischen Bankbetriebsstätten ausländischer Kreditinstitute - § 20 BsGaV (Rn. 233 – 256 VWG BsGa)

Die Methoden-Hierarchie der Dotationskapitalermittlung wird durch die Aufzählung in den VWG BsGa verdeutlicht:

1. Kapitalaufteilungsmethode anhand externer risikogewichteter Positionsbeträge

  • Interne Positionsbeträge sind für die Berechnung zu negieren, da sie aus schuldrechtlichen Beziehungen entstanden sind und somit kein Risiko im Außenverhältnis darstellen.
  • In „Waiver“-Fällen ist zwingend das konsolidierte Gruppen-Kapital für die Berechnung heranzuziehen, auch wenn diese zu einer Unterkapitalisierung führt. Dies hat jedoch zur Folge, dass Fremdkapitalzinsen ggf. nicht vollständig abzugsfähig sind (vgl. Rn 249 VWG BsGa).
  • Auch ohne Waiver, kann die Bankbetriebsstätte durch Vorlage einer Bescheinigung seitens eines Wirtschaftsprüfers erreichen, dass sie auf das konsolidierte Kapital der Gruppe für Berechnungszwecke zurückgreifen darf, wenn diese bescheinigt, dass das Eigenkapital nicht auf Einzelinstitutsbasis errechnet worden ist und auch nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand errechnet werden könnte.

2. Bankenaufsichtsrechtliches Mindestanforderung an ein selbständiges Kreditinstitut

  • Sog. „Quasi Thin Capitalisation Approach“ (vgl. OECD-PE Report Teil II Tz. 112 ff).

3. Mindestkapitalausstattungsmethode

  • Bankenaufsichtsrechtliches Kernkapital für ein Kreditinstitut zzgl. 0,5% auf die externen risikogewichteten Positionsbeträge.

4. Absolute Untergrenze von 5 Mio. Euro

5. Ungeachtet der bankenspezifischen Regelungen muss zumindest ein steuerliches Dotationskapital gemäß den Regelungen des HGB zugeordnet werden (vgl. Rn. 255 VWG BsGa).

Abweichungen, sowohl von der Kapitalaufteilungsmethode, als auch von den 0,5% Zuschlag auf die externen risikogewichteten Positionsbeträge, bedürfen der Begründung, die im Zweifel mit der Hilfs- und Nebenrechnung vorzulegen ist.

Vereinfachungsregelungen gibt es bei der Erstaufnahme einer Bankgeschäftstätigkeit und bei kleineren Bankbetriebsstätten (Summe der Aktivposten gemäß der Hilfs- und Nebenrechnung oder der BISTA-Meldung unter 1 Milliarde Euro). Als Dotationskapital sind dann 3% auf die Aktivposten, aber mindestens 5 Mio Euro anzusetzen.

Anpassungen des Dotationskapitals

Unterjährige Anpassungen des Dotationskapitals müssen erfolgen, wenn

(i) rechtliche Anforderungen des inländischen Bankenaufsichtsrechts dies im konkreten Fall erfordern oder
(ii) erhebliche Veränderungen der Verhältnisse (Abweichung von mehr als 50% oder 2 Mio Euro im Verhältnis zum Wirtschaftsjahresbeginn) eintreten.

Falls die erforderliche Anpassung erst mit zeitlicher Verzögerung vorgenommen wird, gibt es eine zeitlich begrenzte Nichtbeanstandungsregelung, die eine unverzügliche Beseitigung der Vorjahresunter/-überdotierung vorgenommen wird, sobald davon Kenntnis hatte oder haben müsste und dies in der Hilfs- und Nebenrechnung entsprechend berücksichtigt.

Hinweis: Mit dem erhöhten Schwankungssatz von 50% hat man einen weiteren Schritt im Sinne der Vereinfachung und der praktischen Handhabung gemacht. Allerdings ist im Beispiel in Rn. 253 VWG BsGa noch der alte Schwankungssatz von 20% genannt. Dies müssten nun 50% sein, so dass die Neuregelung und das Zahlenbeispiel tatsächlich übereinstimmen.

Dotationskapital von ausländischen Bankbetriebsstätten inländischer Kreditinstitute - § 21 BsGaV (Rn. 257 – 271 VWG BsGa)

Die Methoden-Hierarchie der Dotationskapitalermittlung wird im Erlass wie folgt geführt:

1. Mindestkapitalausstattungsmethode

  • Bankenaufsichtsrechtliches Kernkapital für ein rechtlich selbstständiges Kreditinstitut

2. Bankenaufsichtsrechtliches Eigenkapital nach ausländischen Vorschriften

  • Grundsätzlich nur bis zur Grenze der Kapitalaufteilungsmethode (vgl. § 21 Abs. 2 BsGaV); allerdings ist eine höhere Dotation bei zwingendenden bankenaufsichtsrechtlichen Vorschriften des Auslands möglich, wenn hierdurch ein Besteuerungskonflikt vermieden wird (vgl. Rn 262 VWG BsGa), solange hierbei nach deutschen bankrechtlichen Grundsätzen keine Unterdotierung des Unternehmens in Kauf genommen werden muss.
  • Max. bis zur Grenze, an der eine Unterkapitalisierung des übrigen Unternehmens aufgrund von deutschen bankenrechtlichen Vorgaben erreicht wird (vgl. § 21 Abs. 3 S. 2 BsGaV). Dies gilt insbesondere bei einer drohenden Unterkapitalisierung durch eine „Waiver“-Regelung (§2a KWG oder Art. 7 EU VO Nr. 575/2013).

Abweichungen von der Mindestkapitalausstattungsmethode bedürfen hier ebenso der Begründung, wie im Outbound-Fall und auch die unterjährigen Anpassungspflichten sind ebengleich geregelt.

Hinweis: Was den Inbound-Fall allerdings wesentlich vom Outbound-Fall unterscheidet ist die Negierung einer Vereinfachungsregelung, insbesondere für kleinere Bankbetriebsstätten wäre dies von Vorteil.

Globaler Handel mit Finanzinstrumenten - § 22 BsGaV (Rn. 272 – 278 VWG BsGa)

Der Handel mit Finanzinstrumenten für Kunden wird in enger Anlehnung an den OECD-PE Report von Juli 2010 gehalten. Da bereits wesentliche Teile in vorgenannten Kapiteln genannt wurden, insbesondere was die unternehmerische Risikoübernahmefunktion und somit die Buchungslokations-Entscheidung anbelangt, kommt in diesem Abschnitt die Organisation von Handelsabteilungen und deren Zusammenwirken zur Sprache.

Die Funktionsmodelle der OECD: Separate Entity Model, Centralised Trading Model, Integrated Trading Model, werden auch im Erlass aufgegriffen und hinsichtlich der Vergütungsform untersucht. Soweit in einem Centralised Trading Model eine Betriebsstätte alleinig die URÜ-Funktion Day-to-Day-Risk-Management inne hat, ist diese Betriebsstätte als Buchungslokation gesetzt und entrichtet an die anderen Betriebsstätten mit Sales-Marketing-Funktionen ein Entgelt. Wird auch die URÜ-Funktion (Day-to-Day-Risk-Management) von verschiedenen Betriebsstätten ausgeübt, so sollen über einen sachgerechten Schlüssel die Vermögenswerte und Ergebnisse aufzuteilen sein. Da dies in der Praxis so nicht möglich ist, wird diese Abbildung fiktiv in der Hilfs- und Nebenrechnung zu erfolgen haben. Dies ist insbesondere für Zwecke der Dotationskapitalzuweisung notwendig. Eine Vereinfachungsregelung, die die Vermögenswerte in einer Einheit abbildet, während lediglich die Ergebnisse aufgeteilt (Residual Profit Split) werden, kommt für Zwecke der Dotationskapitalberechnung nicht in Frage. Die Ergebnisverteilung hat grundsätzlich mit dem (Residual) Profit Split zu erfolgen, es sei denn, es ergäbe sich eine geeignete Möglichkeit eines Preisvergleichs.

Fundstelle

Entwurf eines BMF-Schreibens zur Betriebsstättengewinnaufteilung

Ihr Ansprechpartner

Stephanie Wahlig
Director

swahlig@deloitte.de
Tel.: 0621 1590-157

Ihr Ansprechpartner

Stephanie Wahlig
Director

swahlig@deloitte.de
Tel.: 0621 1590-157

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