OECD APA & MAP-Statistiken 2023: Über 4000 APA-Fälle im Bestand und neuer Rekord an abgeschlossenen MAP-Fällen
Im Rahmen des sechsten Tax Certainty Days veröffentlichte die OECD am 15.11.2024 ihre Statistiken zu Verständigungsverfahren (Mutual Agreement Procedure – MAP). Zusätzlich wurden zum ersten Mal Statistiken zu Vorabverständigungsverfahren (Advance Pricing Agreement – APA) veröffentlicht. Parallel dazu ehrte die OECD die Gewinner der MAP-Auszeichnungen, um die Bemühungen der zuständigen Behörden bei der Beilegung von Doppelbesteuerungsstreitigkeiten zu würdigen. Auch für besondere Leistungen im Bereich der Vorabverständigung wurde eine neue Auszeichnung, der APA-Award, vergeben. Die MAP-Statistiken sind ein wichtiges Instrument zur Überwachung der Umsetzung des Mindeststandards im Rahmen der BEPS-Aktion 14 (Base Erosion and Profit Shifting). Die neu eingeführten APA-Statistiken zeigen darüber hinaus den aktuellen Stand der Streitprävention im Bereich der Verrechnungspreise. Indem die Statistiken sowohl einen globalen Referenzrahmen als auch eine länderspezifische Perspektive bieten, wird die Messung von Fortschritten, aber auch das Aufzeigen von Verbesserungspotenzialen im Verfahrensablauf der Verständigungsverfahren vorangetrieben.
Wesentliche Trends: MAP-Statistiken
Bestand an MAP-Fällen erstmalig zurückgegangen:
Erstmalig ist die Anzahl der bestehenden MAP-Fälle in 2023 gesunken. Im Vergleich zum Vorjahr war ein Rückgang von 3,8 % im Jahresendbestand zu verzeichnen. Die Anzahl neuer Verrechnungspreisfälle hat sich, nach einem Anstieg im Jahr 2022, um 16 % verringert.
Rekord an abgeschlossenen MAP-Fällen:
Die Anzahl der abgeschlossenen MAP-Fälle erreichte im Jahr 2023 einen neuen Höchststand. Hierbei erhöhte sich die Zahl der abgeschlossenen Verrechnungspreisfälle um 7,4 %, während 15,8 % mehr andere Fälle abgeschlossen werden konnten. Aus der Mitteilung der OECD geht hervor, dass dieser Rekord den Zuwachs an ausgebildeten Mitarbeitern in den Behörden widerspiegelt.
Durchschnittliche Bearbeitungsdauer von MAP-Fällen gestiegen:
Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer von MAP-Fällen stieg im Jahr 2023 auf 27,3 Monate an (25 Monate im Jahr 2022). Nachdem im Vorjahr die Bearbeitungsdauer von Verrechnungspreisfällen erstmals die 30-Monats-Marke unterschritt, stieg sie im Jahr 2023 wieder auf 32 Monate an. Sonstige Fälle wurden im Durchschnitt in 23,4 Monaten bearbeitet im Vergleich zu 22,2 Monaten im Vorjahr. Die OECD erklärt diesen Anstieg mit einer möglichen Priorisierung älterer MAP-Fälle.
Konstant Positive Ergebnisse bei MAP-Fällen:
In etwa 74 % der Fälle konnten die MAP-Verfahren vollständig gelöst werden, eine Quote ähnlich zum Vorjahr. Die Anzahl der Fälle, die ohne eine Einigung abgeschlossen wurden, stieg auf ungefähr 4 %. Die OECD geht davon aus, dass das Beenden langanhaltender ungelöster Fälle diesen Anstieg erklären könnte.
24 % der MAP-Fälle im Bestand älter als 4 Jahre
Im Jahr 2023 stellte die OECD erstmals eine Kategorisierung offener MAP-Fälle vor. Dabei sind 52 % der offenen Fälle weniger als 2 Jahre alt, während 24 % schon älter als 4 Jahre sind. Laut OECD verdeutlicht dies die Notwendigkeit, ältere Fälle zu bearbeiten.
MAP-Trends in Deutschland
Neben den aggregierten Statistiken aller Mitgliedsländer werden auch individuelle Statistiken der einzelnen Finanzbehörden veröffentlicht. Ende 2023 belief sich der Bestand an MAP-Fällen in Deutschland auf 1332. Damit ist der Bestand gegenüber dem Vorjahr um fast 7 % gesunken - ein deutlich stärkerer Rückgang als im Durchschnitt aller Mitgliedsländer. Der Anstieg bei abgeschlossenen Fällen mit Bezug zu Verrechnungspreisen im Vergleich zu den abgeschlossenen Fällen 2022 lag mit etwa 6,3 % im Bereich des Gesamtdurchschnitts. Der Abschluss anderer Fälle war jedoch mit rund 4 % deutlich geringer.
Bei der Bearbeitungszeit konnten die deutschen Finanzbehörden den Durchschnitt jedoch unterbieten. Verrechnungspreis-Fälle wurden durchschnittlich in 23,3 Monaten, andere Fälle in 26,3 und alle MAP-Fälle zusammen in 25,2 Monaten bearbeitet. Damit liegt Deutschland deutlich näher am, von der OECD anvisierten, 24 Monats Ziel.
Die Anzahl der erfolgreich abgeschlossenen Fälle in Deutschland lag im Jahr 2023 bei etwa 70 %, während lediglich etwa 1 % der abgeschlossenen Fälle ohne Einigung beendet wurden. Im Vergleich zum Durchschnitt sind die Fälle im Jahresendbestand jünger. Während etwa 62 % der Fälle weniger als 2 Jahre alt sind, sind nur etwa 14 % der Fälle älter als 4 Jahre.
Insgesamt werfen die Statistiken ein positives Licht auf die deutschen Finanzbehörden, insbesondere die durchschnittliche Bearbeitungszeit von MAP-Fällen mit Verrechnungspreisbezug ist positiv hervorzuheben.
APA-Statistiken
Erstmals wurden im Jahr 2023 auch Statistiken über APA-Fälle veröffentlicht. Zuständige Behörden aus 46 Ländern mit bilateralen APA-Programmen teilten dafür ihre Daten. Im Jahresendbestand dieser Länder fanden sich über 4000 APA-Fälle. Die Abschlussquote lag bei etwa 25 % und es dauerte durchschnittlich 36,8 Monate, bis zur Vereinbarung eines APA. Die APA-Statistiken können in den nächsten Jahren zu einem wichtigen Instrument zur Überwachung der Streitprävention im Bereich der Verrechnungspreise werden.
APA in Deutschland
In Deutschland waren zum Jahresende 375 APA-Fälle im Bestand. Mit etwa 17 % lag die Abschlussquote unterhalb des Durchschnitts. Bis zur Vereinbarung eines APA dauerte es in Deutschland mit rund 44,5 Monaten mehr als ein halbes Jahr länger als im Durchschnitt.
Die Statistiken weisen daher ein deutliches Verbesserungspotenzial für die deutsche Finanzverwaltung im Rahmen von APA-Verfahren auf.
APA- und MAP-Awards
Mit den MAP-Awards wurden auch im Jahr 2023 die zuständigen Behörden der Länder gewürdigt, welche sich im Bereich der Verständigungsverfahren durch ihre gute Arbeit hervorheben konnten. Zusätzlich gab es erstmals einen APA-Award, welcher an die Behörde mit dem größten Fokus auf Streitprävention vergeben wurde.
MAP-Awards
Die erste Auszeichnung ging an die Finanzverwaltung der Niederlande, die mit 22 Monaten die kürzeste durchschnittliche Bearbeitungsdauer bei Fällen mit Bezug zu Verrechnungspreisen aufweisen konnte. Mit 23.29 Monaten sicherte sich die Finanzverwaltung Deutschlands den zweiten Platz in dieser Kategorie. Australien erhielt die Auszeichnung für die kürzeste durchschnittliche Bearbeitungszeit bei sonstigen Fällen.
Die Finanzverwaltung Kanadas konnte am Ende des Jahres 2023 den geringsten Anteil an Altfällen (Pre-2016-MAPs) vorweisen. Die Auszeichnungen für die höchste Abschlussrate wird unterteilt in Länder mit großer (mehr als 100 verbleibende Fälle im Jahresendbestand) und mittelgroßer Arbeitsbelastung (mehr als 20 aber weniger als 100 verbleibende Fälle im Jahresendbestand). Während die Niederlande sich den Preis für die erste Kategorie sichern konnte, erhielt Norwegen den Preis für die zweite.
Bei den Auszeichnungen für die effektivste gemeinsame Zusammenarbeit bei der Konfliktbeilegung im Rahmen von MAP-Verfahren wurde wieder zwischen Verrechnungspreis bezogenen und sonstigen Fällen unterschieden. Kanada und Frankreich erreichten den ersten Platz bei Verrechnungspreis bezogenen Fällen, während Österreich und die Schweiz für ihre koordinierte und effektive Bearbeitung von sonstigen Fällen ausgezeichnet wurden. Der letzte Preis der MAP-Awards ging an die Finanzverwaltung Frankreichs, welche im Jahr 2023 die Anzahl der positiv abgeschlossenen Fälle im Vergleich zum Vorjahr um 212 erhöhen konnte. Dafür erhielt sie die Auszeichnung für „Most improved jurisdiction“.
APA-Award - Streitprävention
Der erste APA-Award für einen hohen Fokus auf Streitprävention ging 2023 an die Finanzverwaltung von Japan. Sie hatte mit 84.4 % den höchsten Anteil an APA-Fällen verglichen mit MAP-Fällen.
Consolidated Information on MAP
Neben den erwähnten Statistiken wurden im Rahmen des Tax Certainty Days auch ein Update der „Consolidated Information on Mutal Agreement Procedures“ veröffentlicht. Dieses Dokument, welches 2023 zum ersten Mal veröffentlicht wurde, zielt darauf ab, einen Überblick über die veröffentlichten Informationen zum MAP in den Mitgliedsländern des OECD/G20 Inclusive Frameworks on BEPS zu schaffen. Für jedes Mitgliedsland werden jüngste Entwicklungen im Bereich der MAP-Thematik, ein kurzer Überblick über die relevanten MAP-Programme sowie eine Zusammenfassung der wichtigsten MAP-Statistiken aufgezählt. Dadurch werden alle relevanten Informationen zur MAP-Thematik in einem einzelnen Dokument gesammelt, was es den Akteuren ermöglicht, sich schnell über Änderungen und Fortschritte im Bereich der MAP-Verfahren in unterschiedlichen Ländern zu informieren, um eine fundierte Grundlage für weitere Analysen und Entscheidungen zu bilden.
Fazit
Die MAP-Statistiken des Jahres 2023 unterstreichen die Popularität von Verständigungsverfahren als Instrument für Steuerpflichtige zur Verhinderung von Doppelbesteuerung. Dass im Jahr 2023 ein neuer Rekord an abgeschlossenen MAP-Verfahren erzielt worden ist, zeigt, dass die Bedeutung von Verständigungsverfahren bei der Beilegung grenzüberschreitender Steuerstreitigkeiten nach wie vor steigt. Dies weist auch darauf hin, dass die Finanzverwaltungen der entsprechenden Länder effizienter werden.
Trotzdem zeigt die gestiegene Bearbeitungszeit, dass hier noch viel Raum für Verbesserungen bleibt. Von dem in den OECD-Standards festgelegtem durchschnittlichen Zeitrahmen von 24 Monaten für Verrechnungspreisthemen sind die Finanzverwaltungen im Mittelwert noch weit entfernt. Die Deutsche Finanzverwaltung konnte jedoch insbesondere im Punkt der Bearbeitungsdauer punkten. Sie unterschritt die von der OECD anvisierten 24 Monate für Verrechnungspreisthemen sogar ein wenig. In den anderen Kategorien ist das Ergebnis der Deutschen Finanzverwaltung vergleichbar zu den anderen Ländern.
Positiv zu vermerken ist der diesjährige Fokus der OECD auf Streitprävention. Die neu eingeführten APA-Statistiken und der APA-Award zeigen, dass neben den Verständigungsverfahren, auch die Vorabverständigungen wesentlich zur Verhinderung von Doppelbesteuerung beitragen kann. Die Statistiken und der Award lenken Aufmerksamkeit der Steuerpflichtigen und Finanzbehörden auf dieses weitere wichtiges Instrument, welches Streitigkeiten präventiv verhindern kann.
Quellen
OECD, APA-Statistiken vom 15.11.2024
OECD, MAP & APA-Awards vom 15.11.2024
OECD, MAP-Statistiken vom 15.11.2024
OECD, Pressemittelung vom 15.11.2024
OECD (2024), Making Dispute Resolution More Effective – Consolidated Information on Mutual Agreement Procedures 2024, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD, Paris