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15.09.2015
Unternehmensrecht

Anforderungen an die Kapitalaufbringung bei Formwechsel zur GmbH

Der Beitrag beleuchtet einen Beschluss des OLG Frankfurt a.M. (Beschluss vom 19.03.2015 - 20 W 160/13) zu den Anforderungen an die Kapitalaufbringung bei dem Formwechsel einer Personenhandelsgesellschaft in eine GmbH

Die Gründung einer GmbH bewirkt eine erhebliche haftungsrechtliche Privilegierung der Gesellschafter: Für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet nur das Vermögen der Gesellschaft, während eine persönliche Haftung der Gesellschafter grundsätzlich ausgeschlossen ist. Als Korrelat zu dieser Privilegierung sehen strenge Regelungen zur Kapitalaufbringung und -erhaltung im GmbHG bestimmte Sicherungsmechanismen vor, die das Vermögen der Gesellschaft – und damit die Haftungsmasse ihrer Gläubiger – schützen sollen. So ist unter anderem vorgesehen, dass bei GmbH-Gründungen in Form der sog. Sachgründung, also der Leistung des Stammkapitals nicht in bar, sondern durch Einbringung von anderen Vermögenswerten, die Sacheinlagen so zu bewirken sind, dass sie bei Anmeldung der GmbH „endgültig zur freien Verfügung der Geschäftsführer stehen“, § 7 Abs. 3 GmbHG. Der Wert der eingebrachten Güter muss dabei den Nominalwert des Stammkapitals decken. Eine GmbH kann jedoch nicht nur durch originäre Gründung, sondern z.B. auch durch Umwandlung einer bereits bestehenden Personenhandelsgesellschaft (oHG, KG etc.) in die Rechtsform der GmbH, entstehen. Ob und in welchem Umfang auch in diesem Fall die Vorschrift des § 7 Abs. 3 GmbH gilt, bestimmt das Umwandlungsgesetz. Dort ist vorgesehen, dass bei Umwandlung einer Gesellschaft in die Rechtsform der GmbH die für die GmbH geltenden Gründungsvorschriften anzuwenden sind, soweit sich aus bestimmten weiteren Vorschriften des UmwG nicht etwas anderes ergibt. Eine jüngst ergangene Entscheidung des OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 19. März 2015 – 20 W 160/13) präzisiert die Reichweite dieses Verweises – mit erfreulichen Folgen für die Umwandlungspraxis.

Die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main

Dem Beschluss des OLG lag eine Beschwerde gegen ein Registergericht zu Grunde, das die Handelsregistereintragung des Formwechsels einer GmbH & Co. KG in eine GmbH verweigert hatte. Die Gesellschafter hatten erklärt, das Unternehmen der GmbH & Co. KG als Sacheinlage in die neu entstehende GmbH einbringen zu wollen. Das Registergericht zweifelte an der Werthaltigkeit des Unternehmens, dessen Bilanz als größten Aktivposten „Forderungen gegen Kommanditisten“ auswies. Solche Forderungen seien, so das Registergericht, kein tauglicher Gegenstand einer Sacheinlage, da der Vermögenswert im Ergebnis in der Hand des betreffenden Gesellschafters bliebe und die Einbringung solcher Forderungen folglich nicht zu einem entsprechenden Zufluss von Vermögen „zur freien Verfügung“ der GmbH im Sinne des § 7 Abs. 3 GmbHG führen könne. Das sog. Gebot der realen Kapitalaufbringung als Voraussetzung für den einzutragenden Formwechsel sei daher nicht erfüllt. Der Hinweis der Gesellschafter auf die beim Registergericht eingereichte Werthaltigkeitsbescheinigung, in der ein nach der Ertragswertmethode berechneter hinreichender Unternehmenswert durch einen Wirtschaftsprüfer bescheinigt worden war, blieb erfolglos.

Das OLG lehnte die Ansicht des Registergerichts ab und kam zu dem Ergebnis, dass § 7 Abs. 3 GmbHG im Falle eines Formwechsels keine Anwendung finde. Zur Begründung führte das OLG aus, das Registergericht habe bei der Heranziehung des Gebots der realen Kapitalaufbringung nicht ausreichend berücksichtigt, dass keine rechtliche Gleichstellung zwischen einem Formwechsel einer Personenhandelsgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft nach §§ 190 ff., 214 ff. UmwG und einer GmbH-Gründung durch Sacheinlage bestehe. Die GmbH-Gründungsvorschriften seien auf den Formwechsel insoweit nur sinngemäß anzuwenden. Zwar enthalte § 197 S. 1 UmwG den allgemeinen Verweis, dass die für die neue Rechtsform geltenden Gründungsvorschriften anzuwenden sind, soweit sich aus dem UmwG nichts anderes ergibt. Doch seien gleichwohl nicht sämtliche Gründungsvorschriften des GmbHG pauschal auf den Formwechsel anwendbar. Insofern sei laut OLG insbesondere herauszustellen, dass bei einem Formwechsel – anders als bei einer Sachkapitalgründung – die Rechtsform eines Rechtsträgers unter Wahrung seiner wirtschaftlichen und rechtlichen Identität gewechselt werde. Ein Vermögensübergang von einem Rechtsträger auf einen anderen finde gerade nicht statt; anders als bei der Sachkapitalgründung komme es beim Formwechsel nicht zu einer (Sach-) Einlagenzuführung „von außen“, also durch einen Gesellschafter.

Die maßgebliche Vorschrift zur Sicherung der Gläubigerinteressen bei der Umwandlung in eine GmbH sei daher allein § 220 UmwG. Dieser sieht vor, dass das nach Abzug der Schulden verbleibende Vermögen der formwechselnden Gesellschaft das Stammkapital der entstehenden GmbH decken muss, sog. Reinvermögensdeckung. Zu der Ermittlung des Reinvermögens sei dabei nicht allein auf bilanzielle Buchwerte abzustellen. Dass sich bei rein bilanzieller Betrachtung gegebenenfalls keine ausreichende Deckung des Stammkapitals der entstehenden GmbH ergebe (bilanzielle Unterbilanz), sei nicht entscheidend. Nur bei Vorliegen einer „materiellen Unterbilanz“ könne ein Scheitern des Formwechsels in Betracht kommen. Für die Ermittlung der materiellen Deckungssituation sei der nach dem Zeitwert bewertete Saldo aus Aktiva und Passiva, also der Verkehrswert ausschlaggebend. Dabei seien alle bewertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob sie bilanzierungsfähig seien oder nicht. Vorliegend könne, da Gegenstand der „Sacheinlage“ das Unternehmen der formwechselnden Personenhandelsgesellschaft ist, im Hinblick auf die anzuwendenden allgemeinen Grundsätze zur Unternehmensbewertung für die Vermögensbewertung in erster Linie auf dessen Ertragswert abgestellt werden.

Das Registergericht wurde angewiesen, das Vorliegen einer Reinvermögensdeckung auf Grundlage der von den Gesellschaftern beigebrachten Werthaltigkeitsbescheinigung zu prüfen.

Bewertung und Ausblick

Die Entscheidung des OLG stellt eine begrüßenswerte Klarstellung im Hinblick auf die Sicherung der Kapitalaufbringung bei einem Formwechsel einer Personenhandelsgesellschaft in eine GmbH dar. Im Einklang mit der herrschenden Auffassung in der Rechtsliteratur ist es demnach ausreichend, den Wert des eingebrachten Unternehmens der formwechselnden Gesellschaft durch eine vom Wirtschaftsprüfer aufgestellte Werthaltigkeitsbescheinigung zu dokumentieren. Darüberhinausgehende Anforderungen aus dem Gebot der realen Kapitalaufbringung aus § 7 Abs. 3 GmbH müssen nicht erfüllt sein.

Ungeklärt bleibt die Streitfrage, wie mit ausstehenden Einlageverpflichtungen der formwechselnden Gesellschaft umzugehen ist. Muss beispielsweise ein Kommanditist, der noch nicht seine volle Kommanditeinlage geleistet hat, die noch ausstehenden Zahlungen nachholen, bevor die KG in eine GmbH umgewandelt werden kann? Wieder entzündet sich der Streit am Umfang der Geltung GmbH-rechtlicher Gründungsvorschriften. Für Bargründungen sieht das GmbHG eine Privilegierung vor: Sofern ein absoluter Mindestbetrag von EUR 12.500 geleistet ist, kann die GmbH bereits dann im Handelsregister eingetragen werden, wenn 25% des Stammkapitals eingezahlt wurden, § 7 Abs. 2 GmbHG. Sacheinlagen müssen indessen vor Anmeldung vollumfänglich geleistet werden. Die wohl herrschende Meinung neigt dazu, an ausstehende Bareinlagen bei die Umwandlung einer Personenhandelsgesellschaft in die GmbH keine strengeren Anforderungen zu stellen als bei der Gründung, so dass der Formwechsel eingetragen werden kann, solange das in § 7 Abs. 2 GmbHG bezeichnete Minimum an Bareinlagen erbracht wurde. Nach anderer Auffassung ist der Formwechsel im Ergebnis stets wie eine Sachgründung zu behandeln; das UmwG selbst sehe auch nicht vor, dass Bareinlagen nur zu einem Viertel einzuzahlen seien. Um unliebsame Verzögerungen bei der Eintragung zu vermeiden, sollte in Anbetracht dieser offenen Fragestellung unbedingt die Einzahlung aller ausstehenden Bareinlagen noch vor Anmeldung des Formwechsels sichergestellt werden.

Ebenfalls offengelassen wurde die Frage, ob die Gesellschafter im Falle einer materiellen Unterbilanz durch Leistung des Differenzbetrags den Formwechsel ermöglichen können – so die wohl herrschende Auffassung – oder ob hierdurch der Formwechsel insgesamt scheitert. Auch hier empfiehlt sich für die Praxis, durch sorgfältige Ermittlung des Verkehrswertes und eine zurückhaltende Dimensionierung des Stammkapitals der entstehenden GmbH etwaige Rechtsrisiken oder Verfahrensverzögerungen zu minimieren.

Ihr Ansprechpartner

Klaus Gresbrand
Senior Manager

kgresbrand@deloitte.de
Tel.: 0211 8772-2501

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