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26.06.2013
Unternehmensrecht

Behandlung von Gesellschafterdarlehen bei M&A-Transaktionen - Anmerkung zu aktueller BGH-Rechtsprechung

Bei Unternehmenskäufen ist der Käufer häufig mit der Situation konfrontiert, dass der Verkäufer der Zielgesellschaft darlehensweise finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt hat. Wie man mit diesen "Gesellschafterdarlehen" umgehen sollte und was man beachten sollte, zeigt der Beitrag aus Anlass einer kürzlich ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs.

Die Gewährung von Darlehen der Gesellschafter an die Gesellschaft ist in der Praxis häufig anzutreffen. Nicht zuletzt wegen der im Vergleich, insbesondere zur Kapitalerhöhung, geringen formalen Anforderungen ist die Gewährung eines Gesellschafterdarlehens eine attraktive Form der Finanzierung der Gesellschaft. Im Falle einer Veräußerung der Gesellschaftsanteile an Dritte stellt sich regelmäßig die Frage, wie mit den Gesellschafterdarlehen zu verfahren ist.

Dieser Frage soll im Folgenden nachgegangen werden, wobei insbesondere auf eine aktuelle Entscheidung des BGH zu diesem Thema eingegangen wird. Zum besseren Verständnis soll zuvor ein kurzer Überblick über die rechtlichen Besonderheiten von Gesellschafterdarlehen eingegangen werden.

Rechtliche Besonderheiten des Gesellschafterdarlehens

Gesellschafterdarlehen sind gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 Insolvenzordnung (InsO) sind im Falle einer Insolvenz der Gesellschaft nachrangig. Dies bedeutet, dass die entsprechenden Forderungen des Gesellschafters erst dann befriedigt werden, wenn die Massegläubiger, die Insolvenzgläubiger und die Gläubiger, deren Forderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 1-4 InsO nachrangig sind, in vollem Umfang bedient wurden. In der Praxis ist daher kaum je damit zu rechnen, dass es im Insolvenzfall zu einer Befriedigung von Forderungen aus Gesellschafterdarlehen kommt.

Der Nachrang nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO erstreckt sich dabei neben dem klassischen Kredit des Gesellschafters an die Gesellschaft auch auf andere Rechtshandlungen, die in wirtschaftlicher Hinsicht einer Darlehensgewährung entsprechen – etwa die Stundung bestehender Forderungen des Gesellschafters gegen die Gesellschaft oder die Besicherung von Krediten Dritter, auf diese Konstellationen soll, um dem Rahmen der Darstellung nicht zu sprengen, im Folgenden jedoch nicht näher eingegangen werden.

Neben dem automatisch durch Gesetz eintretenden Nachrang tritt als zweiter wichtiger Punkt die Möglichkeit der Rückforderung zurückgezahlter Darlehen im Insolvenzfall: Hat die Gesellschaft das von einem Gesellschafter erhaltene Darlehen innerhalb des letzten Jahres vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens – oder danach – an den Gesellschafter zurückgezahlt, ist der Insolvenzverwalter zur Anfechtung der die Rückzahlung begründenden Rechtshandlungen und zur Rückforderung des Darlehensbetrages berechtigt, § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Gleiches gilt für gezahlte Zinsen.

Gesellschafterdarlehen beim Unternehmenskauf

Die Anfechtbarkeit von Darlehensrückzahlungen nach § 135 InsO muss bei der Ausgestaltung eines Unternehmenserwerbs berücksichtigt werden: Lässt sich der Veräußerer der Geschäftsanteile des Unternehmens sein Gesellschafterdarlehen von der Gesellschaft vor Veräußerung zurückzahlen, besteht das Risiko, dass bei Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft innerhalb eines Jahres seit Rückzahlung Insolvenzantrag gestellt und der Darlehensbetrag vom Insolvenzverwalter zurückgefordert wird – obwohl der Veräußerer zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Gesellschafter ist und keinen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaft nach Veräußerung ausüben konnte.

Eine Rückzahlung des Darlehens durch den Erwerber (anstatt durch die Gesellschaft) kann Anfechtungsrisiken reduzieren, sicherer dürfte jedoch der Erlass der Darlehensforderung oder ihre Einbringung in das Vermögen der Gesellschaft vor der Veräußerung sein.

Allerdings kommt es in diesen Varianten stets auch zur Beendigung des Darlehensvertrages. Indessen möchte der Erwerber das Darlehen häufig weiterhin nutzen. Hierfür können steuerliche Erwägungen eine Rolle spielen oder auch die Möglichkeit, dem erworbenen Unternehmen durch Zins- und Tilgungszahlungen Mittel zu entziehen. In solchen Fällen bietet sich der Erwerb des Gesellschafterdarlehens zusammen mit der Beteiligung an der Gesellschaft an. Dies erfolgt in der Regel durch eine Abtretung der Darlehensforderung vom Veräußerer an den Erwerber.

Das Urteil des BGH

Vor diesem Hintergrund verdient ein aktuelles Urteil des BGH vom 21. Februar 2013 (Az. IX ZR 21/12) besondere Aufmerksamkeit.

In der Entscheidung hatte der BGH über die vom Insolvenzverwalter geforderte Rückführung eines Darlehensbetrages zu entscheiden, der von der Gesellschaft innerhalb der Jahresfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO beglichen worden war. Das Darlehen war der Gesellschaft nicht von ihrer Gesellschafterin, einer GmbH, sondern von deren Gesellschafterin, also vom sog. „Gesellschafter-Gesellschafter“ gewährt worden. Von diesem verlangte der Insolvenzverwalter klageweise die Rückführung des Darlehensbetrages. Der beklagte Gesellschafter-Gesellschafter wandte ein, dass er die Darlehensforderung an einen Dritten abgetreten habe und das Darlehen auch von der Gesellschaft direkt an den Dritten zurückgezahlt worden sei. Die Rückforderung sei daher an den Dritten zu richten.

Dieser Auffassung trat der BGH nicht bei. Er verwies darauf, dass von § 135 InsO nicht nur Gesellschafterdarlehen im engen Sinne, sondern auch wirtschaftlich gleichgestellte Forderungen erfasst sind. Zu solchen gleichgestellten Forderungen gehören, so der Leitsatz des BGH „grundsätzlich auch Darlehensforderungen von Unternehmen, die mit dem Gesellschafter horizontal oder vertikal verbunden sind.“ Insbesondere sei dies dann der Fall, wenn das betreffende verbundene Unternehmen bei wirtschaftlicher Betrachtung einem Gesellschafter gleichstünde. Dies bejahte der BGH im vorliegenden Fall.

Hinsichtlich des auf die Abtretung des Anspruches gestützten Einwands des beklagten Gesellschafter-Gesellschafters formulierte der BGH folgenden Leitsatz: „Tritt der Gesellschafter eine gegen die Gesellschaft gerichtete Darlehensforderung binnen eines Jahres vor Antragstellung ab und tilgt die Gesellschaft anschließend die Verbindlichkeit gegenüber dem Zessionar, unterliegt nach Verfahrenseröffnung neben dem Zessionar auch der Gesellschafter der Anfechtung.“ Der BGH geht dabei von einer von einer gesamtschuldnerischen Haftung des Zedenten (der die Forderung veräußernde Gesellschafter), und des Zessionars (dem Erwerber der Forderung) aus. Der BGH erläutert hierzu, dass es vor dem Hintergrund der sog. Finanzierungsfolgenverantwortung des Gesellschafters unzulässig sei, wenn dieser durch Abtretung der Darlehensforderung den zwingenden Rechtsfolgen des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO ausweichen und diese somit unterlaufen könne. Bei wirtschaftlicher Betrachtung sei eine Zahlung auf das Darlehen von der Gesellschaft an den Zessionar als Leistung an den Gesellschafter zu werden. Entscheidend sei dabei, „dass die Zahlung, auch wenn sie äußerlich an einen Dritten erfolgt, in diesen Gestaltungen auf eine der Durchsetzung seiner eigenen wirtschaftlichen Interessen gerichtete Willensentschließung des Gesellschafters zurückgeht und sich darum auch als solche an ihn darstellt.“

Praxishinweis

Das nicht unumstrittene Urteil des BGH wirft die Frage auf, ob der Veräußerer eines Unternehmens, der sein Gesellschafterdarlehen an den Erwerber überträgt, nicht gleichwohl Adressat der Anfechtung gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO und Schuldner eines entsprechenden Rückzahlungsverlangens werden kann.

Der BGH äußert sich in seiner Entscheidung nur zu einer Konstellation der Abtretung des Darlehensanspruches an einen dritten Nicht-Gesellschafter und behandelt daher nicht ausdrücklich die in diesem Beitrag im Fokus stehende Konstellation des Unternehmenserwerbs.

Gleichwohl wird in Zukunft bei der rechtlichen Gestaltung von Unternehmenskäufen auf die Sichtweise des BGH Rücksicht zu nehmen sein.

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