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16.11.2016
Unternehmensrecht

To be or not to be: Fortbestehen der gelöschten englischen Limited

OLG Brandenburg: Fortbestehen einer im Companies House gelöschten „Limited“

Eine englische Limited, die im dortigen Register gelöscht wird, besteht laut OLG Brandenburg in Deutschland solange fort, wie sie noch über abzuwickelndes inländisches Vermögen verfügt und ist in dieser Zeit parteifähig. Unsicherheit besteht weiterhin darüber, ob die Limited in dieser Phase als (haftungsbeschränkte) juristische Person oder als Personengesellschaft fortbesteht.

Eigentlich hatte das OLG Brandenburg in seiner Entscheidung (Urt. v. 27.07.2016 – 7 U 52/15) nur die recht übersichtliche Rechtsfrage zu beantworten – und zwar zu verneinen – ob eine Kommanditgesellschaft (KG) mit einem Komplementär und einem Kommanditisten auch nach Austreten des Kommanditisten noch parteifähig ist. Das OLG ließ es sich jedoch nicht nehmen, in einem obiter dictum zu einer umstrittenen Folgefrage des Rechtsstreits Stellung zu nehmen und sich zum rechtlichen Schicksal des Komplementärs – einer englischen Private Limited Company (Limited) – zu äußern.

Sachverhalt

Die Klägerin verlangte Geldzahlungen von der beklagten „Limited & Co. KG“. Dabei stritten die Parteien darüber, ob die Limited & Co. KG die richtige Beklagte sei: Die einzige Kommanditistin der Limited & Co. KG war bei Klageerhebung bereits ausgeschieden. Das Handelsgeschäft wurde von der verbleibenden Komplementär-Limited übernommen, die jedoch kurz darauf im englischen Register gelöscht wurde. Nach Auffassung der Beklagten hätte daher allein der frühere Geschäftsführer der Komplementärin in Anspruch genommen werden können. Indessen entschied das Landgericht Cottbus (Urt. v. 17.02.2015 – 11 O 60/13) in erster Instanz, dass die Beklagte auch nach Austritt ihrer einzigen Kommanditistin parteifähig fortbestanden habe und damit richtiger Klagegegner der Zahlungsklage gewesen sei. Hiergegen legte die Beklagte Berufung zum Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) ein.

Entscheidung des OLG Brandenburg

Das OLG gab der Beklagten insoweit Recht, als dass die erstinstanzliche Entscheidung hinsichtlich der Parteifähigkeit der Limited & Co. KG aufzuheben sei. Diese existierte bereits zum Schluss der mündlichen Verhandlung des Landgerichts nicht mehr und war damit zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht mehr parteifähig, so das OLG. Zur Begründung führte es aus, dass die Limited & Co. KG mit dem Ausscheiden der einzigen Kommanditistin erloschen war. Sie habe sich kraft Gesetzes in ein einzelkaufmännisches Unternehmen umgewandelt und ihr Vermögen sei im Wege der Gesamtrechtsnachfolge der Komplementär-Limited zugefallen.

Für die Frage der weiteren Anspruchsverfolgung gegen die Komplementär-Limited verwies das OLG zurück an das Landgericht. Allerdings äußerte sich das OLG gleichwohl zu der Frage, wie sich die bereits erfolgte Löschung der Komplementär-Limited aus dem englischen Register auf die weitere Anspruchsdurchsetzung auswirkt: Auch eine nach englischem Recht bereits gelöschte Limited bestehe als juristische Person in Form einer Liquidationsgesellschaft weiter, solange noch verteilungsfähiges Vermögen in Deutschland vorhanden sei, so das OLG. Vorliegend war von der Klägerin vorgetragen worden, dass der Komplementär-Limited im Zeitpunkt ihrer Löschung noch bestimmte Schadensersatzansprüche gegen Dritte zugestanden hätten und somit Restvermögen in Deutschland vorhanden gewesen sei.

Zwar befand das OLG, dass die Löschung und Auflösung nach englischem Recht als solche prinzipiell vom deutschen Recht anzuerkennen sei. Auch falle das in England vorhandene Vermögen, wie im englischen Recht vorgesehen, der englischen Krone anheim. Allerdings erstrecke sich dieses sog. Heimfallrecht aufgrund des Territorialitätsprinzips nicht auf das in Deutschland abzuwickelnde Vermögen; dieses sei zu liquidieren.

Fazit

Ganz im Einklang mit der herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung stellt das OLG in dem vorliegenden Urteil fest, dass eine KG nach Austritt des einzigen Kommanditisten aufgelöst ist und ihre Aktiva und Passiva kraft Gesetzes im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter übergehen.

Bedeutsamer sind die weiteren Verfahrenshinweise des Gerichts hinsichtlich der gelöschten englischen Limited. Dass diese bei Vorliegen von Restvermögen in Deutschland zunächst fortbesteht, entspricht zwar der herrschenden Meinung. Umstritten ist jedoch, welches Recht auf die verbleibende „Restgesellschaft“ Anwendung findet. Viele Vertreter in Literatur und Rechtsprechung (z.B. OLG Hamm, Urt. v. 11.04.2014 – I-12 U 142/13) kommen in Anwendung deutschen Gesellschaftsrechts zur Qualifizierung als Personengesellschaft in Form einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) oder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Das OLG Brandenburg folgte im vorliegenden Fall der Gegenauffassung und ließ die Limited bis zur Beendigung der Liquidation in Deutschland als juristische Person fortbestehen. Das OLG stellt damit im Ergebnis auf die Wertungen des englischen Gesellschaftsrechts ab. Aufgrund der unterschiedlichen Haftungsregime von Limited und OHG/GbR dürfte diese Unterscheidung nicht rein akademischer Natur sein.

Ein klärendes Urteil des BGH zu dieser Streitfrage steht noch aus – bis dahin ist weiterhin mit widersprüchlichen Gerichtsentscheidungen zu rechnen. Spannend bleibt das Schicksal der gelöschten Limited nicht zuletzt aufgrund des Brexit: In der Literatur wird das vom OLG Brandenburg befürwortete Abstellen auf das englische Recht unter anderem mit den EU-Grundfreiheiten begründet. Wie so oft in den letzten Monaten stellt sich also auch hier die Frage, welche rechtlichen Auswirkungen ein Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU nach sich ziehen wird.

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