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23.04.2014
Indirekte Steuern/Zoll

BMF: Umsatzsteuerliche Behandlung von Transportbehältnissen (Paletten)

Das BMF-Schreiben vom 05.11.2013 zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Hin- und Rückgabe von Transportbehältnissen kann Umsetzungsschwierigkeiten bei den betroffenen Steuerpflichtigen aufwerfen. Eine Analyse der eigenen Geschäftstätigkeit und eine Abstimmung mit Lieferanten und Kunden sind dringend anzuraten.

In seinem Schreiben vom 05.11.2013 hat das BMF zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Hin- und Rückgabe von Transportbehältnissen Stellung genommen. Die Finanzverwaltung hat in diesem Schreiben diverse Fragestellungen aufgegriffen und erörtert, die in der Vergangenheit in Branchenkreisen uneinheitlich bewertet und in der Fachliteratur divers diskutiert wurden.
In Anbetracht der relativ kurz bemessenen Umsetzungsfrist bis zum 01.07.2014 wirft diese Verwaltungsanweisung bei den betroffenen Unternehmen (z.B. Groß- und Einzelhandel, Warenlieferanten und –empfänger sowie Logistiker) einige Umsetzungsschwierigkeiten auf.

I. Regelungen des BMF-Schreibens im Überblick

Zunächst ist bei der Überlassung von Transportbehältnissen zu unterscheiden, ob diese gegen ein gesondert vereinbartes Pfandgeld oder im Rahmen eines Tauschsystems erfolgt.

Schaubild zur Darstellung der Regelung

1. Überlassung gegen gesondert vereinbartes Pfandgeld


Abgrenzung Transporthilfsmittel oder Warenumschließung

Soweit für die Überlassung der Transortbehältnisse ein gesondertes Pfandgeld vereinbart wird, ist weiterhin zu unterscheiden, ob es sich bei dem Transportbehältnis um ein „Transporthilfsmittel“ oder eine „Warenumschließung“ handelt.

Als Transporthilfsmittel sind solche Verpackungen einzustufen, die grundsätzlich der Vereinfachung des Transportes und der Lagerung dienen sollen, jedoch typischerweise nicht an den Endkunden veräußert werden (Paletten, Kisten, Steigen, Container). Warenumschließungen hingegen sind solche Verpackungen, welche die Waren für den Endverbraucher erst verkaufs- und absatzfähig machen (z.B. Flaschen oder Dosen).

Die Hingabe und Rücknahme eines Transporthilfsmittels (Paletten, Container, Boxen) gegen Pfandgeld ist umsatzsteuerlich als jeweils eigenständige Hin- und Rücklieferung gemäß § 3 Abs. 1 UStG zu bewerten. Folglich darf im Falle der Rückgabe eines Transporthilfsmittels nicht länger von einer Rücknahme mit der Folge einer Minderung der Bemessungsgrundlage ausgegangen werden.

Warenumschließungen teilen als Nebenleistung zur Hauptleistung „Warenlieferung“ deren Schicksal und folgen damit der umsatzsteuerlichen Beurteilung der Warenlieferung. Bei Rücknahme mit Rückzahlung des Pfandgeldes liegt eine Entgeltminderung hinsichtlich der ursprünglichen Warenlieferung vor.

Folgen für die Unternehmenspraxis
Dies hat in der Praxis insbesondere Folgen für die ordnungsgemäße Abrechnung. Sowohl die Dokumentation (Rechnungsstellung), als auch die buchhalterische Abbildung müssen der Neuregelung entsprechen. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass die Hingabe von Transporthilfsmitteln innerhalb Deutschlands zum vollen Steuersatz (§ 12 Abs. 1 UStG) zu erfolgen hat, hingegen Warenumschließungen das Schicksal der Hauptleistung teilen und somit deren Überlassung unter Umständen steuerermäßigt erfolgen kann.

Da bei der Rücknahme von Transporthilfsmitteln nunmehr von einer eigenständigen (Rück-)Lieferung auszugehen ist, besteht für den Empfänger der Rücklieferung unter den Voraussetzungen des § 15 UStG ein Vorsteuerabzug. Diese Fälle als Minderung des Entgeltes für die ursprüngliche Warenlieferung zu behandeln, ist fortan nicht mehr korrekt.

2. Überlassung im Rahmen eines Tauschsystems


Zivilrechtliche Einordnung von Tauschsystemen als Sachdarlehen
Werden Transporthilfsmittel im Rahmen von Tauschsystemen gegen Entgelt überlassen, ist die Überlassung als sonstige Leistung regelmäßig steuerbar und steuerpflichtig. Zivilrechtlich wird seitens des BMF auf eine Form des Sachdarlehens abgestellt (§ 607 BGB). Dies gilt auch für die Fälle des sog. „Palettenhandling“, d.h. für die Palettenabwicklung wird eine Pallettentauschgebühr berechnet.
Wird im Rahmen des Palettentausches (Handling) kein Entgelt für die Nutzungsüberlassung erhoben, ist die Nutzungsüberlassung nicht umsatzsteuerbar, auch nicht als unentgeltliche Wertabgabe (§ 3 Abs. 9a UStG).

Leistungsstörung
Ist bei Tauschsystemen ein vollständiger Austausch von Paletten gleicher Art und Güte nicht möglich, weil diese zerstört oder gestohlen wurden, liegt eine Leistungsstörung vor (§§ 280ff. BGB). Entsprechende Ausgleichszahlungen sind umsatzsteuerlich als echter Schadenersatz zu qualifizieren mit der Folge, dass der finanzielle Ausgleich nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Dies soll auch für den Ausgleich von Palettenkonten gelten.

Folgen für die Unternehmenspraxis
Sollten bisher Palettentauschsysteme in der eigenen Buchhaltung entgegen den obenstehenden Ausführungen behandelt worden sein (z.B. als eigenständige Lieferungen und Rücklieferungen gegen Entgelt), entsteht durch diese Verwaltungsanweisung nunmehr insbesondere Handlungsbedarf in Bezug auf die buchhalterische Abbildung (Sachkonten Darlehenskonten) sowie auf das Warenwirtschaftssystem (Trennung zwischen Ware und Transportbehältnis). Ebenso gilt es zu klären, wie eventuell aufgelaufene Altsalden übertragen oder fortzuführen sind.

Darüber hinaus sollte sichergestellt werden, dass die Abrechnung etwaiger Ausgleichszahlungen bei Palettentauschsystemen in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Finanzverwaltung erfolgt (Abschn. 1.3 Abs. 9 Nr. 3 UStAE-NEU) und auch die buchhalterische Behandlung sowie die umsatzsteuerlichen Meldungen dieses Vorgehen widerspiegeln.

II. Anmerkung

Grundsätzlich ist es begrüßenswert, dass die Finanzverwaltung mit ihrem Schreiben einige Unschärfen und Unsicherheiten bei der umsatzsteuerlichen Einordnung der Hingabe und Rücknahme von Transportbehältnissen beseitigt hat. Diese Verwaltungsanweisung sollte nun von den betroffenen Unternehmen genutzt werden, um mit Lieferanten und Kunden die Handhabung von Palettengeschäften abzustimmen sowie die internen Prozesse anzupassen bzw. umzustellen.

Allerdings erfordert die relativ kurze Übergangsfrist bis zum 01.07.2014 (mit Schreiben vom 16.12.2014 wurde die Übergangsregel des BMF-Schreibens vom 01.01.2014 auf den 01.07.2014 verlängert) ein zeitnahes Handeln.

Weiterhin ist zu beachten, dass diese Verwaltungsanweisung ausschließlich Aussagen über das deutsche Umsatzsteuerrecht treffen kann. Im internationalen Warenverkehr tauchen jedoch in diesem Bereich diverse Praxisprobleme auf, wenn nicht harmonisierte Umsatzsteuerregelungen verschiedener Staaten aufeinandertreffen (z.B. Pfandzahlungen werden in einigen EU-Ländern als durchlaufender Posten behandelt; Hin- und Rückgabe von Transporthilfsmitteln wird als sonstige Leistung eingestuft; Rücknahme von Paletten im Tauschsystem führt zur Minderung der Bemessungsgrundlage, ist unter Umständen gar nicht zu melden oder führt lediglich zu einer Reduzierung der Bemessungsgrundlage nicht aber der entsprechenden Umsatzsteuer etc.).

Insofern müssen in Anbetracht der möglicherweise erforderlichen Anpassungen (beispielsweise in der Buchhaltung in den Bereichen Kreditoren, Debitoren, Warenwirtschaft, Vertrieb oder in den zivilrechtlichen Verträgen mit Kunden, Lieferanten und Logistikern) kurzfristig die unternehmenseigene Betroffenheit untersucht und die eventuell notwendigen Schritte eingeleitet werden.

Betroffene Normen

§§ 1, 3, 10 UStG

Verwaltungsanweisung

Änderung UStAE Abschn. 1.3; 3.5; 3.10; 10.1

Fundstellen

BMF, Schreiben vom 05.11.2013
BMF, Schreiben vom 16.12.2013 (Übergangsregelung-Verl.)

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