Der Rechnungshinweis „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ ist bei Dreiecksgeschäften zwingend. Fehlt diese Angabe auf einer Rechnung, kann diese nicht später durch Ergänzung eines Hinweises darauf berichtigt werden, dass die Rechnung ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft betrifft und dass die Steuerschuld auf den Empfänger der Lieferung übergeht.
In dem vorliegenden österreichischen Verfahren ging es im Wesentlichen um die Frage, ob eine Rechnung, die keinen Hinweis auf die Umkehr der Steuerschuldnerschaft enthält, bei verunglückten Dreiecksgeschäften rückwirkend berichtigungsfähig ist. Aus deutscher Sicht ist das Verfahren und die Entscheidung des EuGH von einigem Interesse, da die aufgeworfenen Rechtsfragen auch aus deutscher Sicht bislang höchstrichterlicher nicht geklärt sind (zur uneinheitlichen FG Rechtsprechung siehe Deloitte Tax-News).
Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, die Luxury Trust Automobil GmbH (nachfolgend: GmbH) mit Sitz in Österreich, kaufte von einem Lieferanten mit Sitz im Vereinigten Königreich Fahrzeuge und veräußerte diese an ein tschechisches Unternehmen. Die Fahrzeuge gelangten vor dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU direkt aus dem Vereinigten Königreich nach Tschechien. Der Transport wurde von der GmbH veranlasst. Die drei beteiligten Unternehmer traten jeweils unter der USt-IdNr. ihres Sitzstaates auf. Die Rechnungen der GmbH enthielten nur den Hinweis „steuerfreies innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft“ und wurden ohne Umsatzsteuer ausgestellt. In der Zusammenfasssenden Meldung gab die GmbH die USt-IdNr. des tschechischen Empfängers an und meldete das Vorliegen von Dreiecksgeschäften. Das tschechische Unternehmen war zum Zeitpunkt der Ausführung der Lieferungen in Tschechien für Zwecke der Umsatzsteuer registriert, wurde allerdings von der Finanzverwaltung als „missing trader“ geführt und führte in Tschechien keine Umsatzsteuer ab.
Da die Rechnungen keinen Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld enthielten, ging die österreichische Finanzverwaltung von einem missglückten Dreiecksgeschäft aus. Aufgrund der Verwendung der österreichischen USt-IdNr.nahm die österreichische Finanzverwaltung einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Österreich an und besteuerte diesen. Die GmbH berichtigte die Rechnungen und erhob Beschwerde. Das BFG wies diese ab ließ aber die Revision an den VwGH zu, da die Frage, ob eine formell ordnungsgemäße Rechnung mit dem Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld an den letzten Abnehmer zwingende Voraussetzung für die Anwendung der Vereinfachungsregel von grundsätzlicher Bedeutung sei. Der VwGH legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor (zum Verfahren und den Vorlagefragen siehe auch Deloitte Tax-News).
1. Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass der Enderwerber im Rahmen eines Dreiecksgeschäfts nicht wirksam als Schuldner der Mehrwertsteuer bestimmt worden ist, wenn die vom Zwischenerwerber ausgestellte Rechnung nicht die Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ enthält.
2. Das Weglassen der nach Unionsrecht erforderlichen Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ auf einer Rechnung kann nicht später durch Ergänzung eines Hinweises darauf berichtigt werden, dass diese Rechnung ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft betrifft und dass die Steuerschuld auf den Empfänger der Lieferung übergeht.
§ 25b UStG; Art. 42 Buchst. a, 197 Abs. 1 Buchst. c, Art. 226 Nr. 11a MwStSystRL
Allein der Hinweis auf ein steuerfreies innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft reicht nicht aus, um den Enderwerber wirksam als Steuerschuldner zu bestimmen. Nach dem Wortlaut von Art. 42 MwStSystRL handelt es sich um eine Ausnahme von Art. 41 Abs. 1 MwStSystRL, deren Anwendung vom kumulativen Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 42 Buchst. a (als materielle Voraussetzung) und b (als formelle Voraussetzung für die Erbringung des Nachweises der Besteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat der innergemeinschaftlichen Beförderung oder Versendung) MwStSystRL abhängt (vgl. EuGH Urt. v. 19.4.2018, Hans Bühler, C-580/16). Im Rahmen der für Dreiecksgeschäfte geltenden Ausnahmeregelung kann der Zwischenerwerber eines Dreiecksgeschäfts die Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ nicht durch einen anderen Hinweis ersetzen, während Art. 226 Nr. 11a MwStSystRL diese Angabe ausdrücklich vorschreibt. Nur so kann auch das Ziel der Regelung, die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs beim Enderwerber sicherzustellen, erreicht werden.
Auch die zweite Vorlagefrage, ob die Rechnungsangabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ rückwirkend berichtigt werden kann, verneint der EuGH.
Eine Berichtigung scheidet aus, wenn bereits die Voraussetzungen für die Anwendung des Dreiecksgeschäfts nicht erfüllt sind. Vielmehr handelt es sich in diesen Fällen um die erstmalige Ausstellung der erforderlichen Rechnung. Eine erstmalige Rechnungsausstellung kann keine Rückwirkung entfalten.
Bedeutung der Entscheidung aus deutscher Sicht
Aus deutscher Sicht ist das innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft vereinfachend gegenüber einem Reihengeschäft in § 25b UStG geregelt und unterliegt den dort aufgeführten, kumulativen Voraussetzungen. Sinn und Zweck der Vereinfachungsregelung ist, bei Vorliegen aller Voraussetzungen, Zwischenhändlern die Registrierung im Bestimmungsland zu ersparen. Bei Versäumnissen droht die Erwerbsbesteuerung ohne Vorsteuerabzug. Denn nach § 3d S. 2 UStG handelt es sich dann um einen fiktiven Erwerb, so dass ein Vorsteuerabzug nicht in Betracht kommt. Eine der Voraussetzungen für die Anwendung der deutschen Vereinfachungsregelung ist, dass der erste Abnehmer dem letzten Abnehmer eine Rechnung im Sinne von § 14a Abs. 7 UStG erteilt, die auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und die Steuerschuld des letzten Abnehmers hinweist. Zu beachten ist, dass § 14a UStG allerdings nur dann gilt, wenn die Beförderung oder Versendung im Inland endet, da nur dann der Vorgang der deutschen Steuer unterliegt. Der ausdrücklich in die Rechnung aufzunehmende Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und den Übergang der Steuerschuldnerschaft dient dazu, dass den Beteiligten, insbesondere dem Empfänger, klar ist, dass die Steuerschuld auf ihn übergeht. Liegt keine ordnungsgemäße Rechnung vor, geht die Steuerschuld nicht über. Wegen der Folge des Übergangs der Steuerschuldnerschaft und der damit einhergehenden Warnfunktion der Rechnung, kommt dieser erhebliche Bedeutung zu (vgl. Abschn. 25b.1. Abs. 1 und 3 UStAE). Die vorliegende EuGH-Entscheidung unterstreicht die Bedeutung des Vorliegens einer ordnungsgemäßen Rechnung als materielle Voraussetzung für die Anwendung der Regelung des innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts. Unternehmen, die ihr Wahlrecht für die Anwendung der Vereinfachungsregelung ausüben, sollten daher auf das Vorliegen der Rechnungsvoraussetzungen achten. Der Hinweis „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ ist unverzichtbar; der Hinweis „steuerfreies innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft“ in einer Netto-Rechnung erfüllt diese Voraussetzung nicht.
Der BFH wird sich erstmalig mit der Rückwirkung der Rechnungsberichtigung bei innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften im Rahmen der anhängigen Revisionsverfahren (XI R 38/19 und XI R 14/20) auseinandersetzen. Bislang waren diese Verfahren - bis zur vorliegenden EuGH Entscheidung in der Rechtssache Luxury Trust Automobil GmbH (EuGH Urt. v. 8.12.2022, C-247/21) - ausgesetzt.
EuGH, Urteil vom 08.12.2022, C-247/21, Luxury Trust
Zur rückwirkenden Heilung von missglückten Dreiecksgeschäften:
Finanzgericht Köln, Urteil vom 20.05.2020, 8 K 250/17, EFG 2020, S. 1716
Finanzgericht Münster, Gerichtsbescheid vom 22.04.2020, 15 K 1219/17 U, EFG 2020, S. 1097
Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.11.2019, 6 K 1767/17, EFG 2020, S. 319
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