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19.01.2012
Private Einkommensteuer

BFH: Zuflusszeitpunkt einer Vorabgewinnausschüttung

Mit Urteil vom 02.12.2014 hat der BFH die Auffassung des FG Köln bestätigt. Unerheblich sei, dass abweichend von der Einkommensteuer ausschließlich für den Bereich der Kapitalertragsteuer fingiert werde, dass die Kapitalerträge an dem Tag zufließen, der im Ausschüttungsbeschluss als Tag der Auszahlung bestimmt ist (§ 44 Abs. 2 S. 1 EStG).
Die Zahlungsfähigkeit der ausschüttenden Gesellschaft sei selbst dann gegeben, wenn diese mangels eigener Liquidität die Ausschüttung nicht leisten könne, sie sich jedoch als beherrschende Gesellschafterin einer Tochter-GmbH mit hoher Liquidität jederzeit bei dieser bedienen könne, um sich die erforderlichen Geldmittel zu verschaffen.

BFH, Urteil vom 02.12.2014, VIII R 2/12
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FG Köln (Vorinstanz):
Bei einer Vorabausschüttung an einen beherrschenden Gesellschafter ist der Tag der Beschlussfassung auch dann maßgeblich für den einkommensteuerlichen Zuflusszeitpunkt, wenn in dem Beschluss ein späterer Fälligkeitszeitpunkt bestimmt ist. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Satzung der GmbH Vorschriften über Gewinnabhebungen oder Auszahlungen zu einem späteren Zeitpunkt enthält.

Sachverhalt

Im Streitjahr 2004 war der Kläger mit 80,98 % am Stammkapital der A GmbH beteiligt. Die A GmbH ihrerseits war mit 97,50 % an der D GmbH beteiligt. Die Gesellschafter der A-GmbH beschlossen am 05.11.2004 eine Vorabausschüttung für das laufende Geschäftsjahr 2004 i.H.v. 4,1 Mio. Euro, die am 21.01.2005 zur Auszahlung fällig sein sollte. Die Vorabausschüttung wurde am 21.01.2005 an die Gesellschafter ausgezahlt. Die Gesellschafter der D GmbH hatten bereits am 27.09.2004 eine Vorabausschüttung für das laufende Geschäftsjahr 2004 i.H.v. 5 Mio. Euro beschlossen, die nach dem Ausschüttungsbeschluss auch am 21.01.2005 zur Auszahlung fällig war. Die D GmbH wäre zu jeder Zeit in der Lage gewesen, die beschlossene Vorabausschüttung an die A GmbH sofort auszubezahlen. Die Gesellschaftsverträge der D GmbH und der A GmbH enthalten keine Regelungen zur Fälligkeit von Ausschüttungen.

Der Kläger hat die Vorabgewinnausschüttung in seiner Steuererklärung für das Jahr 2005 angegeben. Der Betriebsprüfer kam zu dem Ergebnis, dass die Vorabgewinnausschüttung für 2004 dem Kläger bereits im Jahr 2004 zugeflossen sei. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger eine Vorabgewinnausschüttung der A GmbH für das Geschäftsjahr 2004 bereits im Streitjahr 2004 oder erst 2005 zugeflossen ist.

Entscheidung

Die Klage ist unbegründet. Das Finanzamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Vorabgewinnausschüttung der A GmbH dem Kläger im Zeitpunkt der Beschlussfassung zugeflossen ist und hat diese Gewinnanteile zutreffend im Streitjahr 2004 steuerlich erfasst.

Vorabausschüttungen sind Gewinnausschüttungen und somit Gewinnanteile, die als Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen werden, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind (§ 11 Abs. 1 S. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs.1 EStG). Nach der ständigen BFH-Rechtsprechung sind Einnahmen dem Steuerpflichtigen zugeflossen, sobald er darüber wirtschaftlich verfügen kann (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 22.07.1997, BFH-Beschluss vom 09.06.1997). Bei Beträgen, die eine zahlungsfähige GmbH ihrem beherrschenden Gesellschafter unbestritten schuldet, ist als Zeitpunkt des Zuflusses zwar grundsätzlich der Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung anzusehen, weil der beherrschende Gesellschafter es aufgrund seiner Stellung in der Hand habe, sich fällige Beträge auch auszahlen zu lassen. Dies gilt allerdings nur, wenn die GmbH leistungsfähig ist. Die unmittelbare Zugriffsmöglichkeit des beherrschenden Gesellschafters auf die Zahlungsmittel der GmbH ist nämlich bedeutungslos, wenn die erforderlichen Zahlungsmittel fehlen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 03.02.2011).

Beim beherrschenden Gesellschafter wird in der Regel ein noch früherer Zuflusszeitpunkt angenommen. In diesem Fall soll selbst dann der Tag der Beschlussfassung maßgeblich für den Zufluss sein, wenn in dem Beschluss über die Ausschüttung ein späterer Fälligkeitszeitpunkt bestimmt war (BFH-Urteile vom 17.11.1998 und 30.04.1974). Der Anspruch des Gesellschafters einer GmbH auf Auszahlung des Gewinns entstehe mit dem Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Gewinns (vgl. BGH-Urteil vom 14.09.1998) und werde mit dem Gewinnverteilungsbeschluss sofort fällig, wenn nicht die Satzung der GmbH Vorschriften über Gewinnabhebungen oder Auszahlungen zu einem späteren Zeitpunkt enthalte (BFH-Urteile vom 17.11.1998, 30.04.1974, 03.02.2011). Diese Rechtslage rechtfertige es, bei einem beherrschenden Gesellschafter einen späteren Zuflusszeitpunkt der Gewinnanteile nur dann anzunehmen, wenn die Satzung bindende Regelungen über eine spätere Fälligkeit des Auszahlungsanspruchs enthalte (vgl. auch BFH-Urteil vom 03.02.2011). Denn wenn in der Satzung jegliche Regelungen fehlten oder diese nur eine Ermächtigung zur freien Bestimmung des Fälligkeitszeitpunktes durch die Gesellschafterversammlung enthalte, dann habe der beherrschende Gesellschafter einer zahlungsfähigen GmbH es in der Hand, den Fälligkeitszeitpunkt des Auszahlungsanspruchs zu bestimmen. Er könne damit wirtschaftlich bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung über seinen Gewinnanteil verfügen. Das Hinausschieben der Fälligkeit sei unter diesen Umständen bereits als Verfügung über den Gewinnanteil zu beurteilen (vgl. auch BFH-Urteil vom 21.10.1981). Deshalb seien die Gewinnanteile dem beherrschenden Gesellschafter in einem solchen Fall im Zeitpunkt der Beschlussfassung zugeflossen. Dass dadurch beim beherrschenden Gesellschafter u. U. der Zeitpunkt, in dem die auf die Kapitaleinkünfte entfallende Einkommensteuer entstehe, vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Kapitalertragsteuer liege, sei insoweit unerheblich.

Das Finanzamt hat die Vorabausschüttung der A GmbH zutreffend bereits im Streitjahr als Kapitaleinkünfte erfasst. Die Gewinnanteile sind dem Kläger mit dem Beschluss über die Ausschüttung bereits im November 2004 zugeflossen. Der Kläger war unstreitig beherrschender Gesellschafter der A GmbH. Die Satzung der A GmbH enthielt keine Regelung über die Fälligkeit des Gewinnausschüttungsanspruchs. Eine Zahlungsunfähigkeit der A GmbH im Zeitpunkt der Beschlussfassung lag unstreitig nicht vor. Die A GmbH hatte als beherrschende Gesellschafterin der D GmbH im November 2004 bereits einen Vorabausschüttungsanspruch i.H.v. 5 Mio. Euro, der mit Beschlussfassung am 27.09.2004 auch fällig war. Dieser Anspruch wäre von der D GmbH auch jederzeit ohne weiteres zu erfüllen gewesen. Dem Kläger wäre es als beherrschendem Gesellschafter der A GmbH auch unproblematisch möglich gewesen, die Auszahlung der Vorabausschüttung durch die D GmbH an ihre beherrschende Gesellschafterin, die A GmbH, zeitnah im Jahr 2004 zu veranlassen. Die Revision ist zugelassen.

Betroffene Norm

§ 11 EStG, § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG
Streitjahr 2004

Fundstellen

BFH, Urteil vom 02.12.2014, VIII R 2/12
Finanzgericht Köln
, Urteil vom 17.10.2011, 7 K 783/08

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 03.02.2011, VI R 66/09, siehe Deloitte Tax-News 
BFH, Urteil vom 22.07.1997, VIII R 57/95, BStBl II 1997, S. 755
BFH, Beschluss vom 09.06.1997, GrS 1/94, BStBl II 1998, S. 307
BFH, Urteil vom 17.11.1998, VIII R 24/98, BStBl II 1999, S. 223
BFH, Urteil vom 30.04.1974, VIII R 123/73, BStBl II 1974, S. 541
BGH, Urteil vom 14.09.1998, II ZR 172/97, DB 1998, S. 2212
BFH, Urteil vom 21.10.1981, I R 230/78, BStBl II 1982, S. 139

Englische Zusammenfassung

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