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09.02.2023
Unternehmensteuer

BFH: Grunderwerbsteuer wegen Anteilsvereinigung zählt zu den Kosten für den Vermögensübergang

Grunderwerbsteuer, die durch eine Aufwärtsverschmelzung aufgrund einer mittelbaren Anteilsvereinigung i. S. d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG entstanden ist, gehört zu den Kosten für den Vermögensübergang nach § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG. Nur objektbezogene Aufwendungen – wie z.B. die Grunderwerbsteuer beim Übergang eines Grundstücks – zählen nicht zu den Kosten für den Vermögensübergang. Bei der aufgrund einer Anteilsvereinigung ausgelösten Grunderwerbsteuer fehlt es aber an einem solchen Objektbezug, da Gegenstand der Besteuerung nach § 1 Abs. 3 GrEStG nicht der Anteilserwerb als solcher ist, sondern die durch ihn begründete Zuordnung aller Anteile in einer Hand, auf deren Grundlage das Gesetz einen zivilrechtlich nicht eingetretenen grundstücksbezogenen Erwerbsvorgang fingiert. Der Aufwand infolge der als Betriebsausgabe gebuchten Grunderwerbsteuer aufgrund der Anteilsvereinigung ist dem Einkommen daher außerbilanziell wieder hinzuzurechnen.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, wurde im Rahmen einer Umstrukturierung Alleingesellschafterin der GmbH alt; anschließend wurde die Beteiligungsgesellschaft auf die Klägerin verschmolzen (Aufwärtsverschmelzung). Vor der Umstrukturierung waren an der GmbH alt mit 38,5 % T, mit 2,5 % K sowie die B KG mit 59 % beteiligt. Die GmbH alt selbst war alleinige Gesellschafterin der GmbH 1 sowie Kommanditistin der KG 1, die wiederum alleinige Kommanditistin der KG 2, der Eigentümerin der von der KG 1 genutzten Betriebsgrundstücke, war.

Finanzamt und FG waren der Auffassung, dass die Grunderwerbsteuer als Kosten des Vermögensübergangs i.S.d. § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG zu qualifizieren ist und damit als Teil des außer Ansatz bleibenden Übernahmeergebnisses aus der Aufwärtsverschmelzung zu behandeln ist. Der als Betriebsausgabe gebuchte Aufwand sei dem Einkommen außerbilanziell wieder hinzuzurechnen.

Entscheidung

Der BFH schließt sich dem Finanzamt und FG an und stellt klar, dass die nach § 1 Abs. 3 GrEStG gegenüber der Klägerin festgesetzte Grunderwerbsteuer den Kosten für den Vermögensübergang nach § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG zuzuordnen ist.

Gesetzliche Grundlagen

Nach § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG bleibt bei der übernehmenden Körperschaft ein Gewinn oder Verlust in Höhe des Unterschieds zwischen dem Buchwert der Anteile an der übertragenden Körperschaft und dem Wert, mit dem die übergegangenen Wirtschaftsgüter zu übernehmen sind, abzüglich der Kosten für den Vermögensübergang, außer Ansatz.

Kosten des Vermögensübergangs

Als Kosten des Vermögensübergangs i.S.d. § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG gelten die nicht objektbezogenen Kosten des übernehmenden Rechtsträgers – unabhängig vom Zeitpunkt der Entstehung – sowie die nicht objektbezogenen Kosten des übertragenden Rechtsträgers, die nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag entstanden sind. Sofern sie als laufender Aufwand beim übernehmenden Rechtsträger berücksichtigt worden sind, muss eine entsprechende außerbilanzielle Korrektur erfolgen (BMF, Schreiben vom 11.11.2011).

Demnach ist zwar zutreffend, dass objektbezogene Aufwendungen – wie z.B. die Grunderwerbsteuer beim Übergang von Grundstücken – grundsätzlich nicht den Kosten für den Vermögensübergang, sondern den Anschaffungs(neben)kosten zuzuordnen sind. Nach der BFH-Rechtsprechung ist jedoch Gegenstand der Besteuerung nach § 1 Abs. 3 GrEStG nicht der Anteilserwerb als solcher, sondern die durch ihn begründete Zuordnung aller Anteile in einer Hand, auf deren Grundlage das Gesetz einen zivilrechtlich nicht eingetretenen grundstücksbezogenen Erwerbsvorgang fingiert (BFH, Urteile vom 20.04.2011, I R 2/10 und vom 14.03.2011, I R 40/10).

Auslegung des Rechtsbegriffs der „Kosten für den Vermögensübergang“

Hinsichtlich der Auslegung des Rechtsbegriffs herrscht in der Literatur überwiegend die Auffassung vor, dass sich die Kostenzuordnung grundsätzlich nach dem Veranlassungsprinzip richte und danach zu entscheiden sei, wessen Sphäre die entsprechenden Kosten zuzuordnen seien. Dieser Auffassung folgt nun auch der BFH. Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG sei zwar nicht eindeutig, jedoch spricht für die o.g. Auslegung der mit der Regelung verfolgte Zweck, nach dem das verschmelzungsbedingte Übertragungsergebnis auf Ebene der übernehmenden Körperschaft wie der Veräußerungsgewinn einer Beteiligung i.S.d. § 8b Abs. 2 S. 1 KStG behandelt werden soll. Daher dürfen die Kosten für den Vermögensübergang aus Gleichbehandlungsgründen nicht nach anderen Grundsätzen ermittelt werden als die Veräußerungskosten i.S.d. § 8b Abs. 2 KStG.

Weiterhin werden Umwandlungsvorgänge insgesamt als Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge behandelt (BFH, Urteile vom 24.01.2018, I R 48/15 und vom 18.11.2020, I R 25/18). Nach mittlerweile ständiger BFH-Rechtsprechung werden Veräußerungskosten von den laufenden Betriebsausgaben nicht (mehr) danach abgegrenzt, ob sie "in unmittelbarer sachlicher Beziehung" zum Veräußerungsgeschäft stehen, sondern danach, ob ein Veranlassungszusammenhang zu der Veräußerung besteht. Hier ist auf das "auslösende Moment" für die Entstehung der Aufwendungen und ihre größere Nähe zur Veräußerung oder zum laufenden Gewinn abzustellen, das auch für § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG gilt (BFH, Urteile vom 27.03.2013, I R 14/12 und vom 12.03.2014, I R 45/13).

Die Grunderwerbsteuer wird im Fall der Anteilsvereinigung zwar nicht zweckgerichtet im Sinne eines inneren, finalen Zweckzusammenhangs für die Anschaffung aufgewendet, der fingierte Erwerb ist aber für die Entstehung der Aufwendungen ursächlich im Sinne eines Veranlassungszusammenhangs in der Sphäre der Übernehmerin. Das Veranlassungsprinzip ist insoweit nicht durch die Kausalität, sondern durch das Prinzip der wertenden Selektion der Aufwandsursachen gekennzeichnet (BFH, Urteile vom 18.04.2018, I R 37/16 und vom 09.06.2021, I R 32/17).

Veranlassungsprüfung im Streitfall

Im Streitfall kommt es nach Ansicht des ausschließlich darauf an, ob die Grunderwerbsteuerfestsetzung zu einer wirtschaftlichen Belastung der Klägerin geführt hat und durch den verschmelzungsbedingten Übergang der Kommanditbeteiligung veranlasst ist. Das sei zu bejahen. Gegenstand der Besteuerung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist die durch die Verschmelzung herbeigeführte Zuordnung aller Anteile in einer Hand. Mit dem Anteilserwerb wird deshalb grunderwerbsteuerrechtlich derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen. Das Gesetz fingiert also mit Hilfe des Ersatztatbestandes der Anteilsvereinigung einen zivilrechtlich nicht vorhandenen grundstücksbezogenen Erwerbsvorgang. Dieser stellt den maßgeblichen Besteuerungsgrund dar, sodass die Grunderwerbsteuer durch den Übergang der Kommanditbeteiligung anfällt (BFH, Urteil vom 26.03.1992, IV R 121/90).

Betroffene Normen

​§ 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006, § 1 Abs. 3 GrEStG

Streitjahr ​2011

Vorinstanz

​Finanzgericht München, Urteil vom 13.05.2020, 6 K 75/19

Fundstelle

​BFH, Urteil vom 23.11.2022, I R 25/20, BStBl II 2023, S. 612

Weitere Fundstellen

​BMF, Schreiben vom 11.11.2011, BStBl I 2011, S. 1314

BFH, Urteil vom 09.06.2021, I R 32/17, siehe Deloitte Tax News 

BFH, Urteil vom 18.11.2020, I R 25/18, BStBl II 2021, S. 732, siehe Deloitte Tax News 

BFH, Urteil vom 18.04.2018, I R 37/16, BStBl II 2019, S. 73, siehe Deloitte Tax News 

BFH, Urteil vom 24.01.2018, I R 48/15, BStBl II 2019, S. 45, siehe Deloitte Tax News 

BFH, Urteil vom 12.03.2014, I R 45/13, BStBl II 2014, S. 719, siehe Deloitte Tax News

BFH, Urteil vom 27.03.2013, I R 14/12, BFH/NV 2013, S. 1768

BFH, Urteil vom 20.04.2011, I R 2/10, BStBl II 2011, S. 761, siehe Deloitte Tax News 

BFH, Urteil vom 14.03.2011, I R 40/10, BStBl II 2012, S. 281, siehe Deloitte Tax News 

BFH, Urteil vom 26.03.1992, IV R 121/90, BStBl II 1992, S. 1038​

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