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02.04.2013
Unternehmensteuer

BFH: Verhältnis von vGA und Schenkungsteuer

Im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern oder zu den Gesellschaftern einer an ihr beteiligten Kapitalgesellschaft gibt es neben betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen lediglich offene und verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Kapitalrückzahlungen, aber keine freigebigen Zuwendungen.

Sachverhalt

Kläger ist R, der Mitgesellschafter an GmbH 1 war, die wiederum zu 100 % an einer AG beteiligt war. Darüber hinaus war R auch Mitgesellschafter an GmbH 2.
GmbH 2 erzielte in den Jahren 2000 bis 2003 erhebliche Verluste, die von der AG durch die Gewährung von Darlehen ausgeglichen wurden. Zur Verhinderung der bilanziellen Überschuldung der GmbH 2 verzichtete die AG im Jahr 2004 auf die Rückzahlung der an GmbH 2 gewährten Darlehen. Der Verzicht erfolgte mit Besserungsabrede. Die AG verkaufte diesen "Besserungsschein" in 2005 für einen Kaufpreis von 1 Euro an R und trat ihn mit Wirkung ab dem 31.12.2004 an ihn ab. In dem Kaufvertrag wurde ausgeführt, der Wert des "Besserungsscheins" den Kaufpreis nicht übersteige. Mit Eintritt des Besserungsfalls in den Jahren 2007 und 2008 erhielt R auf dem bei der GmbH 2 geführten Darlehenskonto Beträge von 961.593 Euro bzw. 1 Mio. Euro gutgeschrieben.

Das Finanzamt behandelte die gutgeschriebenen Beträge für steuerliche Zwecke als freigebige Zuwendungen der AG an R i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG und setzte Schenkungsteuer hierfür fest.

Entscheidung

Die Revision ist begründet. Das FG hat zu Unrecht das Vorliegen von freigebigen Zuwendungen durch die AG angenommen.

Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Dabei kann eine freigebige Zuwendung auch dann vorliegen, wenn einer höherwertigen Leistung eine Gegenleistung von geringerem Wert gegenübersteht und die höherwertige Leistung neben Elementen der Freigebigkeit auch Elemente eines Austauschvertrags enthält, ohne dass sich die höherwertige Leistung in zwei selbständige Leistungen aufteilen lässt (sog. gemischte Schenkung). Bei einer gemischten Schenkung unterliegt der Schenkungsteuer nur der (unselbständige) freigebige Teil der Zuwendung.

Im vorliegenden Sachverhalt sind die Voraussetzungen einer gemischten Schenkung nicht erfüllt, da das FG nicht festgestellt hat, dass der Verkehrswert der von R erworbenen Forderung beim Abschluss des Kaufvertrags höher als 1 Euro gewesen sei. Somit war der Kaufpreis eine angemessene Gegenleistung für den Erwerb der Forderung. Es fehlte mithin an dem für das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung erforderlichen Willen zur Freigebigkeit. Der spätere Eintritt des Besserungsfalls sei unerheblich, da es sich hierbei um eine spätere Entwicklung handele, die bei der Prüfung, ob am Stichtag eine gemischte Schenkung vorliegt, keine Rolle spiele.

Im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern oder zu den Gesellschaftern einer an ihr beteiligten Kapitalgesellschaft gibt es neben betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen lediglich offene und verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Kapitalrückzahlungen, aber keine freigebigen Zuwendungen. Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft an ihre Gesellschafter erfolgen daher nicht freigebig. Sie beruhen vielmehr auf dem Gesellschaftsverhältnis, und zwar unabhängig davon, ob sie offen oder verdeckt vorgenommen werden, und haben daher jedenfalls im Verhältnis zu den Gesellschaftern ausschließlich ertragsteuerrechtliche Folgen.

Neben den allgemeinen Voraussetzungen kann eine vGA an einen Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft auch dann vorliegen, wenn die Kapitalgesellschaft den Vermögensvorteil unmittelbar einer dem Gesellschafter nahestehenden Person zuwendet. Das "Nahestehen" kann hierbei familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein. Ist Gesellschafterin einer Kapitalgesellschaft eine andere Kapitalgesellschaft, so stehen dieser deren Gesellschafter nahe. Leistungen, die eine Kapitalgesellschaft unmittelbar an einen Gesellschafter ihres eigenen Gesellschafters (mittelbarer Gesellschafter) erbringt, können daher vGA sein. In einem solchen Fall ist der normale Weg der Gewinnausschüttung der Beteiligungsgesellschaft an die Muttergesellschaft und der Muttergesellschaft an ihren Gesellschafter abgekürzt. Es liegt dann eine vGA der Beteiligungsgesellschaft an die Muttergesellschaft und eine vGA der Muttergesellschaft an ihren Gesellschafter vor (vgl. BFH-Urteil vom 23.10.1985).

Die Gewährung eines unangemessenen Vermögensvorteils durch eine Kapitalgesellschaft an einen ihrer Gesellschafter oder an einen Gesellschafter einer an ihr beteiligten Kapitalgesellschaft kann daher entgegen der Auffassung des FG nur in ertragsteuerrechtlicher Hinsicht als vGA gewürdigt, nicht aber zusätzlich als freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG beurteilt werden.

Betroffene Normen
§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG
§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG
 

Anmerkung
In seinem Beschluss vom 02.09.2015, II B 146/14, hat der BFH nun in einem anderen Verfahren (Nds. FG, Urteil vom 12.11.2014, 3 K 347/14) seine Auffassung zum Verhältnis von vGA und Schenkungsteuer bestätigt. Die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts sei nicht erforderlich, da sich der BFH in seinem Urteil vom 30.01.2013, II R 6/12, (s.o.) bereits eindeutig zu dieser Frage geäußert habe.
Dass die obersten Finanzbehörden der Länder das BFH-Urteil vom 30.01.2013 insoweit für nicht anwendbar erklärt haben, als freigebige Zuwendungen im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern oder zu den Gesellschaftern einer an ihr beteiligten Kapitalgesellschaft neben betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen, offenen und verdeckten Gewinnausschüttungen sowie Kapitalrückzahlungen nicht möglich sein sollen, führe zu keinem anderen Ergebnis, zumal die Finanzverwaltung ihre Auffassung auch nicht begründet habe.

Vorinstanz  
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 24.08.2011, 4 K 1027/11 Erb

Fundstelle  
Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 05.06.2013, BStBl I 2013, S. 1465
BFH, Urteil vom 30.01.2013, II R 6/12

Weitere Fundstellen
BFH, Beschluss vom 02.09.2015, II B 146/14
BFH, Urteil vom 23.10.1985, I R 247/81, BStBl II 1985, S. 195

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