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URL: http://www.deloitte-tax-news.de/steuern/unternehmensteuer/fg-niedersachsen-antrag-auf-buchwertuebertragung-durch-umwandlungsbeschluss-gestellt.html
23.02.2023
Unternehmensteuer

FG Niedersachsen: Antrag auf Buchwertübertragung durch Umwandlungsbeschluss gestellt

Der in einem Umwandlungsbeschluss bei den „steuerlichen Regelungen“ enthaltene Passus, dass „von dem Antragsrecht der Übertragung zu Buchwerten (…) hiermit ausdrücklich Gebrauch gemacht“ werde, kann als an das Finanzamt gerichteter Antrag auf Buchwertfortführung angesehen werden. Die Abgabe einer Übertragungsbilanz ist keine zwingende Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Antrags nach § 3 Abs. 2 UmwStG. 

Sachverhalt

Die R-GmbH wird formwechselnd rückwirkend zum 30.12.2009 (steuerlicher Übertragungsstichtag) in die R-GmbH & Co. KG umgewandelt. Der Umwandlungsbeschluss enthält unter dem Punkt „Steuerliche Regelung“ folgende Bestimmung: „Von dem Antragsrecht der Übertragung zu Buchwerten wird hiermit ausdrücklich Gebrauch gemacht.

Strittig ist, ob der Formwechsel zu Buchwerten oder zum gemeinen Wert erfolgt ist und ob die Nichtberücksichtigung eines Übernahmeverlustes gem. § 4 Abs. 6 UmwStG rechtmäßig ist.

Die R-GmbH reichte eine Steuerbilanz auf den 31.12.2009 unter Ansatz der Wirtschaftsgüter zum Buchwert ein. Die R-GmbH & Co. KG führte die Buchwerte in ihrer Eröffnungsbilanz auf den 31.12.2009 fort.

Mit den Feststellungserklärungen für 2010 und 2011 beantragte die R GmbH & Co. KG die Berücksichtigung von Verlusten. Die Verluste beruhten auf Abschreibungen eines erworbenen Kundenstamms. Der Wert des Kundenstamms ergab sich als Differenz zwischen dem Kaufpreis der Geschäftsanteile der R-GmbH und deren Kapital zum 31.12.2009. Die Geschäftsanteile der R-GmbH wurden mit Wirkung zum 01.01.2010 (also im Rückwirkungszeitraum) von der N-GmbH & Co. KG erworben.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass die Anteile an der R-GmbH im Rückwirkungszeitraum übertragen und deshalb Anteile an einer Kapitalgesellschaft erworben wurden. Folglich seien keine Ergänzungsbilanzen aufzustellen und eine Abschreibung des aktivierten Kundenstamms könne nicht erfolgen. Darüber hinaus ermittelte die Betriebsprüfung ein nicht zu berücksichtigende Übernahmeverlust gem. § 4 Abs. 6 UmwStG, welcher der N-GmbH (Kommanditistin der R-GmbH & Co. KG) zugerechnet wurde.

Hingegen vertraten die Kläger (erstmals im Klageverfahren) die Auffassung, dass kein (Übernahme-)Verlust anlässlich des Formwechsels entstanden ist, weil eine Übertragung mangels Antrag nach § 9 S. 1 UmwStG i.V.m. § 3 Abs. 2 UmwStG nicht zu Buchwerten erfolgt sei.

Entscheidung

Das FG schließt sich der Auffassung der Finanzverwaltung an und kommt zu dem Ergebnis, dass der durch die formwechselnde Umwandlung zu Buchwerten entstandene Übernahmeverlust nach § 4 Abs. 6 UmwStG außer Ansatz bleibt.

(Gesetzliche) Grundlagen

Bei einem Formwechsel von einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft ergibt sich gem. §§ 9 S. 1 UmwStG, 4 Abs. 4 S. 1 UmwStG infolge des fingierten Vermögensübergangs ein Übernahmegewinn oder Übernahmeverlust in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Wert, mit dem die übertragenen Wirtschaftsgüter zu übernehmen sind und dem Buchwert der Anteile an der Körperschaft. Buchwert ist hierbei der Wert, mit dem die Anteile in einer für den steuerlichen Übertragungsstichtag aufzustellenden Steuerbilanz anzusetzen sind/wären. Wenn an diesem Stichtag Anteile an der übertragenden Körperschaft zum inländischen Betriebsvermögen eines Gesellschafters der übernehmenden Personengesellschaft gehören, ist der Gewinn so zu ermitteln, als seien die Anteile zum Buchwert in das Betriebsvermögen der Personengesellschaft überführt worden (§ 5 Abs. 3 S. 1 UmwStG).

Gem. § 3 Abs. 1 UmwStG sind die übergehenden Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Auf Antrag können sie davon abweichend mit dem Buchwert angesetzt werden (§ 3 Abs. 2 UmwStG). Voraussetzung dieses Antrags ist, dass er von der übertragenen Körperschaft oder von der übernehmenden Körperschaft als Gesamtrechtsnachfolgerin gestellt wird. Er ist spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bei dem zuständigen Finanzamt einzureichen. Der Antrag ist gem. § 3 Abs. 2 UmwStG nicht formgebunden, kann folglich auch konkludent erfolgen. Die Abgabe einer entsprechenden Steuererklärung oder die Einreichung einer entsprechenden Schlussbilanz zu Buchwerten kann als konkludenter Antrag i. S. d. § 3 Abs. 2 UmwStG angesehen werden (vgl. BMF-Schreiben vom 11.11.2011).

Ergibt sich bei der Ermittlung des Übernahmeergebnisses nach § 4 Abs. 4 und Abs. 5 UmwStG ein Übernahmeverlust, ist ein auf eine natürliche Person entfallender Übernahmeverlust gemäß § 4 Abs. 6 Satz 4 UmwStG zur Hälfte (seit dem Jahr 2009 in Höhe von 60 v.H.), höchstens in Höhe der Hälfte (seit dem Jahr 2009 in Höhe von 60 v.H.) der Bezüge i.S. des § 7 UmwStG zu berücksichtigen; ein danach verbleibender Übernahmeverlust bleibt außer Ansatz.

Antrag auf Buchwertfortführung durch Umwandlungsbeschluss gestellt

Nach dem FG wurde im Streitfall der Antrag auf Buchwertfortführung durch die R-GmbH wirksam durch den Umwandlungsbeschluss gestellt. Es handele sich hierbei nicht nur um eine Vereinbarung zwischen den am Umwandlungsvorgang beteiligten Parteien, welche keine Bedeutung für das Besteuerungsverfahren habe. Schließlich sei der Passus zur Buchfortführung im Umwandlungsbeschluss auch für das Finanzamt erkennbar unter der Überschrift „steuerliche Regelungen“ aufgenommen worden. Diese Auslegung werde auch durch das Verhalten der Beteiligten, die sowohl während der Außenprüfung als auch im Einspruchsverfahren von einer Buchwertfortführung ausgingen, bestätigt. Erst im Klageverfahren hätten die Kläger erstmals vorgetragen, dass ein Formwechsel zum gemeinen Wert vorläge.

Folglich liegt, so das FG, die wirksame Erklärung auf Buchwertfortführung mit der Übersendung des Umwandlungsbeschlusses an das Finanzamt vor. Die Einreichung einer Schlussbilanz durch die formwechselnde Körperschaft sei nicht erforderlich. § 3 Abs. 2 UmwStG macht die Umwandlung zu Buchwerten nur vom Antrag abhängig, nicht von der Einreichung einer Schlussbilanz. Selbst wenn man von dem Erfordernis einer Schlussbilanz ausginge, läge diese im Streitfall auch vor und damit auch die Wahlrechtsausübung. Zwar trägt die beim Finanzamt eingereichte Bilanz das Datum vom 31.12.2009 (anstelle des 30.12.2009 (steuerlicher Übertragungsstichtag)), jedoch handelt es sich nach Auffassung des FG lediglich um eine ungewollte Falschbezeichnung ohne materielle Bedeutung.

Nichtberücksichtigung des Übernahmeverlustes

Nach dem FG bleibt der im Streitfall entstandene Übernahmeverlust nach § 4 Abs. 6 S. 4 UmwStG außer Ansatz.

Die Regelung des § 4 Abs. 6 UmwStG sei auch verfassungsgemäß (vgl. BFH-Urteil vom 05.11.2015, III R 13/13).

Betroffene Normen

§ 3 Abs. 2 UmwStG, § 4 Abs. 6 UmwStG

Streitjahre 2009, 2010, 2011

Fundstelle

FG Niedersachsen, Urteil vom 25.02.2022, 7 K 11215/18; BFH-anhängig: IV R 8/22

Weitere Fundstellen

BMF, Schreiben vom 11.11.2011, IV C 2 - S 1978 b/08/10001

BFH, Urteil vom 05.11.2015, III R 13/13, BStBl. II 2016, 468, siehe Deloitte Tax News

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