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30.01.2014
Verfahrensrecht

BFH: Inhaltsadressat von Feststellungsbescheiden

Wird ein Feststellungsbescheid an die Personengesellschaft selbst, statt an die an ihr beteiligten Gesellschafter (Mitunternehmer) gerichtet, so ist er nichtig (ständige Rechtsprechung). An seiner früheren Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 24.04.2007), wonach Bescheide, mit denen die im Rahmen einer ausländischen Personengesellschaft erzielten Einkünfte festgestellt werden, gegen die Personengesellschaft selbst zu richten seien, hält der BFH nicht mehr fest.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine inländische GmbH & Co. KG, hielt Anteile an ausländischen Vertriebsgesellschaften eines Konzerns. Ihr alleiniger Kommanditist war B. Die Klägerin war zu 60% an der in Österreich ansässigen Ö-KG beteiligt, die übrigen Anteile an der Ö-KG hielt der nicht in Deutschland steuerpflichtige X.

Das Finanzamt erließ für die Streitjahre (1995 bis 1997 sowie 1999) Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, die es jeweils an die inländische GmbH & Co. KG als - an der Ö-KG beteiligte - Inhaltsadressatin richtete.

Entscheidung

Die Feststellungsbescheide seien wegen Nichtigkeit aufzuheben, da sie an die Personengesellschaft und nicht an deren Gesellschafter (Mitunternehmer) gerichtet seien.

Einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtige Einkünfte sowie die mit ihnen im Zusammenhang stehenden anderen Besteuerungsgrundlagen sind gesondert und einheitlich festzustellen, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerrechtlich zuzurechnen sind (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 179 Abs. 1 und Abs. 2 S. 2 AO). Da eine Personengesellschaft nicht einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtig ist, gehören zu den steuerpflichtigen Einkünften nur die Gewinnanteile, die in der Person der Gesellschafter steuerpflichtig sind.

Feststellungsbescheide seien demnach nicht an die Personengesellschaft selbst, sondern an die Gesellschafter (Mitunternehmer) zu richten. Ergehe ein Feststellungsbescheid dennoch gegenüber der Personengesellschaft als Inhaltsadressatin, leide er nicht nur unter einem Bekanntgabemangel, er sei vielmehr unheilbar unwirksam und daher nichtig.

Eine Ausnahme gebe es bei zweistufigen Beteiligungen. Sei eine Oberpersonengesellschaft als Kommanditistin an einer Unterpersonengesellschaft beteiligt, so sei in materieller Hinsicht die Oberpersonengesellschaft Mitunternehmerin der Unterpersonengesellschaft. Dann sei ein zweistufiges Feststellungsverfahren notwendig. Auf der ersten Feststellungstufe seien die auf der Stufe der Unterpersonengesellschaft erzielten Einkünfte gegenüber deren Gesellschaftern - einschließlich der nicht einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Oberpersonengesellschaft (Mitunternehmerin der Unterpersonengesellschaft) - als Inhaltsadressatin festzustellen. Der hiernach auf die Oberpersonengesellschaft entfallende Ergebnisanteil sei auf der zweiten Feststellungsstufe in die gegenüber den Gesellschaftern der Oberpersonengesellschaft zu treffenden Einkünftefeststellungen einzubeziehen.

Ein Feststellungsverfahren sei jedoch nicht durchzuführen, wenn nur eine an den Einkünften beteiligte Person im Inland einkommensteuer- oder körperschaftsteuerpflichtig sei (§ 180 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AO). Diese Regelung sei bei doppelstöckigen Personengesellschaften analog anzuwenden. Demnach scheide ein Feststellungsverfahren auf der Stufe der ausländischen Unterpersonengesellschaft aus, wenn die (inländische) Personenobergesellschaft der einzige im Inland steuerpflichtige Beteiligte der (ausländischen) Personenuntergesellschaft sei; dies gelte auch dann, wenn es mehrere im Inland steuerpflichtige Beteiligte an der Personenobergesellschaft gebe.

Daraus ergebe sich, dass das Finanzamt zwar zu Recht kein Feststellungsverfahren für die Ö-KG durchgeführt habe. Allerdings habe das Finanzamt zu Unrecht Feststellungen gegenüber der Klägerin selbst als Inhaltsadressatin getroffen. Denn nach Wegfall des Feststellungsverfahrens auf der Stufe der Unterpersonengesellschaft (Ö-KG), sei ein einstufiges "Regel-"Feststellungsverfahren (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 AO) durchzuführen. Die Feststellungen dieses (einstufigen) Verfahrens seien dann aber nicht gegenüber der inländischen Personengesellschaft, sondern nur gegenüber den Gesellschaftern der inländischen Personengesellschaft als steuerpflichtige Feststellungsbeteiligte zu treffen.

Soweit der BFH mit seinem Urteil vom 24.04.2007 entschieden habe, dass Bescheide, mit denen die im Rahmen einer ausländischen Personengesellschaft erzielten Einkünfte festgestellt werden, gegen die Personengesellschaft selbst zu richten seien, halte er daran nicht mehr fest. Im hier vorliegenden Streitfall sei aber nicht eine ausländische, sondern eine inländische Personengesellschaft betroffen, für die der BFH in ständiger Rechtsprechung davon ausginge und deshalb auch nicht fraglich sein könne, dass die Feststellungen an die beteiligten Gesellschafter zu richten seien.

Betroffene Norm

§ 180 Abs. 5 AO, § 180 Abs. 1 Nr. 2 AO
Streitjahre 1995-1997, 1999

Vorinstanz

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 22.07.2011, 1 K 4383/09 F

Fundstelle

BFH, Urteil vom 24.07.2013, I R 57/11, BStBl II 2016 Seite 633

Weitere Fundstelle

BFH, Urteil vom 24.04.2007, I R 33/06, BFH/NV 2007, S. 2236

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