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27.01.2012
Indirekte Steuern/Zoll

BFH: Regelsteuersatz für Leistungen eines Partyservice

BMF: Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen bei der Abgabe von Speisen und Getränken
Die EuGH- und BFH-Rechtsprechung (EuGH-Urteil vom 10.03.2011, C-497/09, BFH-Urteile vom 08.06.2011, XI R 37/08, 30.06.2011, V R 3/07, V R 35/08, V R 18/10, 12.10.2011, V R 66/09, und vom 23.11.2011, XI R 6/08) zur Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen bei der Abgabe von Speisen ist für nach dem 30.06.2011 ausgeführte Umsätze nicht mehr anzuwenden, soweit sie für die Beurteilung eines Umsatzes an die Komplexität der Zubereitung von Speisen anknüpfen.
BMF-Schreiben vom 20.03.2013
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Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), betrieb im Streitjahr 2000 eine Fleischerei mit verschiedenen Verkaufsstellen sowie einen "Partyservice". Im Rahmen des Partyservice lieferte sie die bestellten Speisen in verschlossenen Warmhalteschalen aus, wobei sie je nach Kundenwunsch auch Geschirr und Besteck und Partytische (Stehtische) zur Verfügung stellte. Die Betriebsprüfung vertrat die Auffassung, dass die Speisenlieferungen, soweit sie mit der Beistellung von Geschirr und Besteck oder Stehtischen verbunden waren, dem Regelsteuersatz unterlägen. Das Finanzamt erließ einen entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheid. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Revisionsverfahren wurde ausgesetzt (BFH-Beschluss vom 15.10.2009) und die Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt

Mit der Entscheidung des EuGH (Urteil vom 10.03.2011) sieht die Klägerin ihre Rechtsauffassung bestätigt. Die Überlassung von Geschirr und Besteck könne nicht das die Gesamtleistung prägende Element gewesen sein. Liefere ein Partyservice neben den Speisen in überschaubarem Umfang Geschirr, Besteck oder Stehtische mit, sei dies entsprechend den behelfsmäßigen Verzehrvorrichtungen bei Imbissbuden zu behandeln.

Entscheidung

Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin sonstige Leistungen erbracht hat, die dem Regelsteuersatz unterliegen.

Die Tätigkeiten eines Partyservice stellen nur in den Fällen Lieferungen von Lebensmitteln dar, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, in denen lediglich Standardspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement geliefert werden oder in denen weitere, besondere Umstände belegen, dass die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist (EuGH-Urteil vom 10.03.2011). Standardspeisen sind typischerweise das Ergebnis einer einfachen standardisierten Zubereitung, die in den meisten Fällen nicht auf die Betellung eines bestimmten Kunden, sondern entsprechend der allgemein vorhersehbaren Nachfrage z.B. an Imbissständen abgegeben werden.

Im Gegensatz zu den Speisen, die in Imbissständen, Imbisswagen und Kinos abgegeben werden, weisen die von einem Partyservice nach Hause gelieferten Speisen im Allgemeinen einen deutlich größeren Dienstleistungsanteil auf und erfordern mehr Arbeit und Sachverstand. Die Qualität der Gerichte, die Kreativität sowie die Darreichungsform sind hier Elemente, die in den meisten Fällen für den Kunden von entscheidender Bedeutung sind. Oftmals wird dem Kunden nicht nur die Möglichkeit geboten, sein Menü zusammenzustellen, sondern sogar, Speisen nach seinen Wünschen zubereiten zu lassen. Die Speisen werden vom Partyservice in verschlossenen Warmhalteschalen angeliefert oder von ihm an Ort und Stelle aufgewärmt. Für den Kunden ist zudem wesentlich, dass die Speisen genau zu dem von ihm festgelegten Zeitpunkt geliefert werden. Die Leistungen eines Partyservice können dem Verzehr dienliche Elemente umfassen, wie die Bereitstellung von Geschirr, Besteck oder sogar Mobiliar. Diese Elemente verlangen einen gewissen personellen Einsatz, um das gestellte Material herbeizuschaffen, zurückzunehmen und gegebenenfalls zu reinigen (EuGH-Urteil vom 10.03.2011).

Die Klägerin hat in den im Streitfall zu beurteilenden Fällen keine Standardspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement geliefert. Bei einem Partyservice reicht es aus, dass neben der Speisenlieferung ein zusätzliches Dienstleistungselement erbracht wird. Auch liegen keine besonderen Umstände vor, die dafür sprechen, dass die Abgabe der Speisen der dominierende Bestandteil der streitigen Umsätze gewesen wäre. Der Senat vermag der Klägerin nicht darin zu folgen, die Besteck- und Geschirrüberlassung könne jedenfalls nicht das die Gesamtleistung prägende Element gewesen sein, weil die jeweiligen Kosten für die zusätzlich erbrachten Dienstleistungen weit hinter den Kosten der Speisenlieferung zurückgeblieben seien. Es ist weder darauf abzustellen, in welchem Verhältnis die durch die zusätzlich erbrachte Dienstleistung verursachten Kosten zu denen der Speisenlieferung stehen, noch kommt es darauf an, ob die hinzutretenden Leistungen unberechnet bleiben und lediglich "informatorisch" auf der Rechnung aufgeführt werden. Die Lieferung von Speisen im Rahmen des Partyservice stellt mithin nur eine Komponente der gesamten Leistung dar, bei der vergleichbar einem Restaurationsumsatz mit bereitgestelltem Geschirr, Mobiliar und Gedeck der Dienstleistungsanteil qualitativ überwiegt. Hierbei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Kunde etwa aus Gründen der Kostenersparnis das bereitgestellte Geschirr und Besteck selbst reinigt.

Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aller Umstände, unter denen der jeweilige Umsatz ausgeführt wurde, ist die qualitative und nicht nur quantitative Bedeutung der Dienstleistungselemente im Vergleich zu den Elementen einer Lieferung von Gegenständen zu bestimmen. Unter Berücksichtigung des EuGH-Urteils vom 10.03.2011 sind die streitbefangenen Leistungen der Klägerin als dem Regelsteuersatz unterfallende sonstige Leistungen zu behandeln. Die Voraussetzungen, unter denen Leistungen eines Partyservice ausnahmsweise mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern sind, liegen im Streitfall nicht vor.

Betroffene Norm

§ 3 Abs. 1 und Abs. 9 S. 1 UStG 1999, § 12 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 UStG 1999
Streitjahr 2000

Vorinstanz

Finanzgericht Münster, Urteil vom 16.01.2007, 15 K 2797/04 U, DStR-E 2009, S. 33

Fundstelle

BFH, Urteil vom 23.11.2011, XI R 6/08

Weitere Fundstellen

BFH, Beschluss vom 15.10.2009, XI R 6/08, BStBl 2010 S. 364
EuGH, Urteil vom 10.03.2011, Rs. C 497/09, C 499/09, C 501/09 und C 502/09, DStR 2011, S. 515, siehe Deloitte Tax-News

Weitere Beiträge

BFH, Urteil vom 30.06.2011, V R 35/08
BFH, Urteil vom 30.06.2011, V R 18/10, siehe Deloitte Tax-News

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