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19.10.2022
Indirekte Steuern/Zoll

BFH: Revision im Hamamatsu-Fall als unbegründet zurückgewiesen

Mit seinem Urteil vom 17.05.2022 VII R 2/19, veröffentlicht am 29.09.2022, hat der BFH die Revision gegen ein Urteil des FG München 14 K 2028/18 als unbegründet zurückgewiesen.

Hintergrund

Bereits 2018 hatte der EuGH in dem als Hamamatsu-Fall bekanntgewordenen Verfahren C-529/18 entschieden, dass die Art. 28 bis 31 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex) dahin auszulegen sind, dass sie es nicht zulassen, als Zollwert einen vereinbarten Transaktionswert zugrunde zu legen, der sich teilweise aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und teilweise aus einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, ohne dass sich sagen lässt, ob am Ende des Abrechnungszeitraums diese Berichtigung nach oben oder nach unten erfolgen wird.
In dem vom FG München vorgelegten Fall ging es konkret um die Erstattung von Einfuhrabgaben aufgrund nachträglich vorgenommener Verrechnungspreisanpassungen. Aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs wies das FG München die Klage zwar als unbegründet zurück, ließ aber die Revision an den Bundesfinanzhof zu, da nach Meinung des FG München der EuGH nicht eindeutig entschieden habe, ob unterjährig angemeldete Verrechnungspreise den Zollwert nach Art. 29 ZK bilden können.

Entscheidung des BFH

In seinem Urteil vom 17.05.2022 folgt der BFH dem o.a. Leitsatz des Europäischen Gerichtshofs. Der BFH führt zudem aus, dass dies auch für die Zollwertermittlung nach der Schlussmethode gelte.
Der BFH begründet seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass für die Bestimmung des Zollwerts gemäß Art. 214 Abs. 1 ZK der Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld, vorliegend also der Zeitpunkt, in dem die betreffenden Zollanmeldungen angenommen worden sind, maßgeblich ist. Es gehe also um eine punktuelle Bestimmung des Zollwerts, die sich auf eine konkrete Transaktion bezieht. Die Zollwertermittlung sei demnach eine waren- und stichtagsbezogene Wertermittlung. Das habe zur Folge, dass Änderungen der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die erst nach Zahlung des Abgabenbetrags eintreten, eine Erstattung nach Art. 236 Abs. 1 Unterabs. 1 Zollkodex grundsätzlich nicht rechtfertigen können.
Auch bei der Bestimmung des Zollwerts nach der Schlussmethode sei auf den maßgebenden Zeitpunkt abzustellen. Der BFH bezieht sich im Weiteren auf Artikel 8 Abs. 3 des Übereinkommens zur Durchführung des Art. VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von 1994. Dieser sei hier entsprechend heranzuziehen und bestimme, dass Zuschläge, und nach Meinung des BFH auch Abschläge, nur auf Grundlage von objektiven und bestimmbaren Tatsachen vorgenommen werden dürfen. Auch diese Voraussetzung müsse auf den maßgebenden Zeitpunkt, also den Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung bezogen werden.
Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen seien im vorliegenden Streitfall die Voraussetzungen einer Erstattung nach Art. 236 Abs. 1 ZK nicht erfüllt. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass die von ihr entrichtete Zollschuld im Zeitpunkt der Annahme der jeweiligen Zollanmeldung nicht gesetzlich geschuldet gewesen sei.

Anmerkung

Die vielleicht erhoffte Klarheit über die Auslegung des EuGH-Urteils hat der BFH mit seiner Entscheidung u. E. nicht erreicht. Bereits nach dem EuGH-Urteil wurde diskutiert, ob damit die Zollrelevanz nachträglicher Transferpreisanpassungen obsolet geworden ist. Das BFH-Urteil wird diese Diskussion neu entfachen. Nach unserer Meinung lässt es eine derartige Interpretation durchaus zu; und nicht nur bei einer Anpassung der Transferpreispreise nach unten, sondern auch nach oben, sowie ebenfalls bei der Zollwertermittlung nach der Schlussmethode.
Es bleibt abzuwarten, wie die deutsche Zollverwaltung mit der Entscheidung umgeht. Bisher ist sie nach unserer Kenntnis jedenfalls nicht von ihrer Auffassung abgewichen, nachträgliche Erhöhungen des Transferpreises als zollwertrelevant zu betrachten.
Wir empfehlen betroffenen Wirtschaftsbeteiligten gegen entsprechende Nacherhebungsbescheide der Zollverwaltung unter Hinweis auf das BFH-Urteil vorzugehen.

Bei Fragen zu diesem Newsletter oder bei allgemeinem zollrechtlichen Beratungsbedarf, steht Ihnen unser Global Trade Advisory Team gerne zur Verfügung.

Vorinstanz

Finanzgericht München, Urteil vom 15.11.2018, 14 K 2028/18, ZfZ 2019, 88 (red. Leitsätzen und Gründen)

Fundstelle

BFH, Urteil vom 17.05.2022, VII R 2/19

Ihre Ansprechpartner

Michael Schäfer
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Tel.: +49 621 15901869

Michael Hundebeck
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