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20.07.2018
Indirekte Steuern/Zoll

BMF: Entwurf JStG 2018 mit Vorschriften zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs im Zusammenhang mit dem Internet/Onlinehandel

Aktuell:

  • Der Bundestag hat am 08.11.2018, das GEsetz verabschiedet (siehe Deloitte Tax-News). Es steht noch die Zustimmung des Bundesrates aus.
  • Das Bundeskabinett hat am 01.08.2018 den Regierungsentwurf verabschiedet und damit das Gesetzgebungsverfahren gestartet. Zu den umsatzsteuerlichen Änderungen gegenüber dem Referentenentwurf siehe hier

Hintergrund

Jedes Jahr gehen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union mehrere hundert Millionen Euro an Steuereinnahmen dadurch verloren, dass Anbieter über Online-Marktplätze ihre Waren in der EU verkaufen, die entsprechende Umsatzsteuer aber nicht abführen. Der entstehende Schaden beschränkt sich nicht allein auf den Steuerausfall, er begründet auch einen Wettbewerbsnachteil für steuertreue Anbieter, welche die Umsatzsteuer ordnungsgemäß abführen. Auf EU-Ebene wurde daher bereits im Dezember 2017 die Richtlinie (EU) 2017/2455 verabschiedet. Im Nachgang dieser Richtlinie hat nun das Bundesministerium der Finanzen in seinem Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2018 Regelungen vorgeschlagen, die dem Umsatzsteuerbetrug beim e-commerce Einhalt gebieten sollen.

Referentenentwurf des Jahressteuergesetzes 2018 (JStG 2018)

Im Einzelnen sieht der Entwurf des JStG 2018 für die Regelungen zu den elektronischen Marktplätzen  vor:

  • Aufzeichnungspflichten des Betreibers
    Betreiber von elektronischen Marktplätzen werden verpflichtet, Angaben von Nutzern, deren Umsätze in Deutschland steuerpflichtig sind, aufzuzeichnen und diese auf Anforderung dem Finanzamt zur Verfügung zu stellen. Neben dem vollständigen Namen und der vollständigen Anschrift, muss der Betreiber auch die Steuernummer und soweit vorhanden die USt-ID Nr. des liefernden Unternehmers aufzeichnen.
    Ferner muss der Unternehmer, der Waren auf einer elektronischen Plattform veräußern möchte, gegenüber dem Betreiber nachweisen, dass er steuerlich registriert ist. Das kann durch eine vom zuständigen FA für längstens drei Jahre lang erteilte Bescheinigung über die steuerliche Registrierung des Unternehmers erfolgen, die ebenfalls vom Betreiber des Marktplatzes gespeichert werden muss. Darüber hinaus muss der Betreiber eines Marktplatzes relevante Daten der Lieferungen, wie z.B. Höhe des Umsatzes oder Start- und Zielort der Warenlieferung, aufzeichnen. Alle Daten müssen auf Anfrage elektronisch an das entsprechende Finanzamt weitergeleitet werden. Die erweiterten Aufzeichnungspflichten des Betreibers beschränken sich allerdings nicht nur auf Lieferungen, die im Rahmen eines Unternehmens erfolgen, sondern betrifft auch Privatpersonen. In diesen Fällen hat der Betreiber neben dem vollständigen Namen und der vollständigen Anschrift auch das Geburtsdatum des Nutzers aufzuzeichnen.
  • Einführung einer Gefährdungshaftung für den Betreiber
    Das Gesetz sieht außerdem eine Haftung des Marktplatzbetreibers für den Fall vor, dass der Unternehmer, für den er Umsätze vermittelt, die entsprechende Umsatzsteuer nicht abführt und er als Marktplatzbetreiber nicht nachweisen kann, dass er keine Kenntnis davon hatte oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte haben müssen, dass der liefernde Unternehmer seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachkommt. Das bedeutet: Veräußert ein Unternehmer über eine Plattform im Internet (wie z.B. Ebay, Amazon Marketplace) Waren, führt die anfallende Umsatzsteuer aber nicht an das Finanzamt ab, haftet der Betreiber des Marktplatzes für die nicht entrichtete Umsatzsteuer auf diese Umsätze. Von dieser Haftung kann sich der Betreiber nur befreien, wenn er den oben genannten Aufzeichnungspflichten, insbesondere der Speicherung der Bescheinigung des liefernden Unternehmers, nachweislich nachkommt.
  • Offenbarungsbefugnis des Finanzamts
    Schließlich wird das zuständige Finanzamt berechtigt, dem Betreiber eine Mitteilung über das steuerliche Fehlverhalten eines Unternehmers, der Waren über dessen Online-Marktplatz vertreibt, zu übersenden. Weist der Betreiber der Plattform innerhalb einer von der Finanzverwaltung gesetzten Frist dann nicht nach, dass er dem Unternehmer keine Möglichkeit mehr zum Verkauf seiner Waren bietet, haftet er für die Steuer aus den Umsätzen ab dem Zeitpunkt der Mitteilung.

Anmerkung

Die geplanten Regelungen im JStG 2018 bringen weitreichende Folgen für Unternehmer und Betreiber des Marktplatzes mit sich. Beide werden zu Gesamtschuldnern für die, vom Unternehmer geschuldete, Umsatzsteuer aus den jeweiligen Rechtsgeschäften. Damit wird das Steuerausfallrisiko bei Nichtabführung der Steuer auf den Betreiber des Online-Marktplatzes verlagert, wenn er seinen Aufzeichnungspflichten nicht nachkommt. Der Betreiber des Marktplatzes hat zwar einen Anspruch gegen den Unternehmer auf Erstattung der Steuer, dessen Durchsetzbarkeit ist jedoch, gerade bei im Ausland sitzenden Unternehmern, zweifelhaft. Aus europäischer Sicht stellen die vorgeschlagenen erweiterten Aufzeichnungspflichten der Plattformbetreiber bereits eine Umsetzung von Art. 242a EU Richtlinie (EU) 2017/2455 dar.

Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, diese Richtlinie zum 1.1.2021 in nationales Recht umzusetzen. Inhaltlich beziehen sich die EU-Regelungen auf innergemeinschaftliche Fernverkäufe und Fernverkäufe von aus Drittländern eingeführten Gegenstände. Danach wird eine umsatzsteuerliche Lieferkette fingiert, wenn ein innergemeinschaftlicher Verkauf von Gegenständen stattfindet, der liefernde Unternehmer im Drittland ansässig ist und der Abnehmer kein Unternehmer ist. Der Marktplatzbetreiber wird zum Steuerschuldner für die Lieferung an den Abnehmer. Gleichzeitig wird eine Eingangslieferung des ausländischen Unternehmers an den Betreiber des Marktplatzes im Zeitpunkt des Verkaufs an den Nutzer fingiert. Zu beachten ist, dass diese EU-Regelungen keine Haftungsnormen darstellen und keine Geltung für reine Inlandsfälle entfalten.

Diese „Lücke“ wird durch die vorgeschlagene Haftungsregelung im Entwurf des JStG 2018 geschlossen, da alle im Inland steuerbaren Lieferungen, die über einen elektronischen Marktplatz begründet werden und alle liefernden Unternehmer, unabhängig von deren Ansässigkeit erfasst werden. Die vorgeschlagenen nationalen Regelungen haben daher einen weiteren Anwendungsbereich, als die durch die EU-Richtlinie noch umzusetzenden. Während steuerunehrliche Unternehmen aus einem anderen EU-Mitgliedstaat oder aus dem Drittland, die ein Lager in der EU errichten und keine grenzüberschreitenden Lieferungen ausführen, nicht unter die Regelungen der EU-Richtlinie fallen, werden diese Sachverhalte von der vorgeschlagenen Haftungsnorm erfasst und ergänzen damit die noch in nationales Recht umzusetzenden EU-Regelungen. Dem Wortlaut der vorgeschlagenen nationalen Regelungen nach beziehen sich die erweiterten Aufzeichnungspflichten sowie die neue Haftungsregelung allerdings nur auf Betreiber von elektronischen Marktplätzen auf denen der Verkauf von Gegenständen angeboten wird. Betreiber von Marktplätzen auf denen Dienstleistungen (Uber, airbnb, usw.) angeboten werden bislang von den vorgeschlagenen Regelungen nicht erfasst.

Das Vereinigte Königreich sieht bereits seit 2016 eine Haftung von Betreibern von online-Marktplätzen vor, die unter anderem im Rahmen des Finance Act 2018 überarbeitet und um weitere Regelungen, die dem deutschen Vorschlag weitestgehend entsprechen, ergänzt wurde.

Überblick zu den Regelungen im Referentenentwurf des Jahressteuergesetzes 2018

Betroffene Norm

§22f, §25e UStG-E

Fundstelle

Bundesministerium der Finanzen, Referentenentwurf für das Jahressteuergesetz 2018

Weitere Fundstellen

Richtlinie (EU) 2017/2455 des Rates vom 05.12.2017, EU-Abl. L 348/7 vom 29.12.2017
Gov.UK, HM Revenue & Customs, Policy paper VAT: extending joint and several liability for online marketplaces and displaying VAT numbers online, published 22 November 2017

Ihre Ansprechpartner

Dr. Diana-C. Kurtz
Senior Manager

dkurtz@deloitte.de
Tel.: +49 89 29036 8025

Matthias Schmitz

maschmitz@deloitte.de
Tel.: +49 89 29036 6830

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