BMF: Steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung bei verspäteter Abgabe der ZM
Die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen ist auch bei Abgabe der ZM nach Ablauf der Meldefrist zu gewähren.
Hintergrund
Mit dem Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (siehe Deloitte Tax-News JStG 2019) wurden die gesetzlichen Voraussetzungen für das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung (igL) in § 6a Abs. 1 S. 1 UStG sowie für deren Steuerfreiheit in § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG mit Wirkung zum 01.01.2020 geändert. Seit der Gesetzesänderung sind die Verwendung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-ID Nr.) durch den Abnehmer (§ 6a Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG) und die Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung (ZM) durch den liefernden Unternehmer (§18a UStG) Voraussetzungen für die Steuerbefreiung der igL. Nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG gilt die Steuerbefreiung jedoch nicht, „wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der ZM nicht nachgekommen ist oder er diese unrichtig oder unvollständig abgegeben hat“. Mit Einführungsschreiben vom 9.10.2020 positionierte sich das BMF erstmalig zu den notwendigen Änderungen des UStAE an die Rechtslage ab dem 1.1.2020 (siehe Deloitte Tax-News. Für die die Gewährung der Steuerfreiheit der igL war nach Ansicht der Finanzverwaltung die fristgerechte erstmalige Abgabe der ZM notwendig (Abschn. 4.1.2. Abs. 2 UStAE a.F.:„Gibt der Unternehmer die ZM nicht richtig, vollständig oder fristgerecht ab, erfüllt er die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nicht.“). Die Ansicht der Finanzverwaltung ging damit über den Gesetzeswortlaut hinaus was ua. zur Folge hatte, dass die Finanzverwaltung die Steuerfreiheit für igL bei verfristeter Abgabe der ZM nicht gewährte.
BMF-Schreiben vom 20.05.2022
Mit dem aktuellen Schreiben gibt das BMF seine geänderte Auffassung zu den Rechtsfolgen der Abgabe einer verfristeten ZM für die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen bekannt. Der Anwendungserlass wurde entsprechend geändert.
Die neuen Verwaltungsgrundsätze sind auf alle igL anzuwenden, die nach dem 31.12.2019 ausgeführt werden.
- Steuerpflichtige iGL bei unterlassener, unrichtiger oder unvollständiger Abgabe der ZM
(Abschn. 4.1.2 Abs. 2 Satz 2 UStAE)
Gibt der Lieferer keine ZM ab oder hat er die Lieferung nicht oder unrichtig in der ZM für den betreffenden Meldezeitraum erklärt, ist die innergemeinschaftliche Lieferung nicht steuerfrei. Die nicht fristgerechte Abgabe der ZM wurde aus Abschn. 4.1.2 Abs. 2 Satz 2 UStAE gestrichen. - Rückwirkende Steuerbefreiung der iGL (Abschn. 4.1.2 Abs. 3 S. 8, 9 UStAE)
Das BMF stellt klar, dass die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung aber rückwirkend erfüllt sind, wenn eine nicht fristgerecht abgegebene ZM erstmalig richtig und vollständig nach Ablauf der Meldefrist für den betreffenden Meldezeitraum abgegeben wird. Das gilt auch für die Berichtigung einer unrichtigen ZM innerhalb der Festsetzungsfrist. - Berichtigung einer fehlerhaften ZM (Abschn. 4.1.2 Abs. 3 Sätze 4 und 5 UStAE)
Nach § 4 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 UStG i.V.m. § 18a Abs. 10 UStG ist eine unrichtige oder unvollständige ZM innerhalb eines Monats, nachdem der Unternehmer den Fehler erkannt hat, zu berichtigen. Bislang versagte die Finanzverwaltung die Steuerbefreiung, wenn die ZM nicht innerhalb eines Monats nach Kenntnis des Fehlers berichtigt wurde (vgl. Abschn. 4.1.2 Beispiel Satz 7 UStAE a.F.). Das BMF stellt nun klar, dass die Monatsfrist i.S.d. § 18a Abs. 10 UStG ausschließlich dem innergemeinschaftlichem Kontrollverfahren und dem Bußgeldverfahren gem. § 26a Abs. 2 Nr. 5 UStG dient. Die Pflicht zur Abgabe der ZM für die Zwecke der Steuerbefreiung der igL besteht nach der neuen Verwaltungsanweisung über die Frist i.S.d. § 18a Abs. 10 UStG hinaus.
Anmerkung
Das BMF hält an seiner bisherigen Auffassung, wonach die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen bei nicht fristgerechter Abgabe ZM nicht gewährt wird, nicht mehr fest. Die geänderte Verwaltungsanweisung steht im Einklang mit der Gesetzesbegründung zum JStG 2019, wonach die verspätete Abgabe einer richtigen und vollständigen Meldung auf den Zeitpunkt des Umsatzes zurückwirkt (vgl. BT-Drs. 19/13436, S. 144). Nach der aktualisierten Verwaltungsanweisung ist die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen, vorbehaltlich der Erfüllung der weiteren Voraussetzung, nicht zu versagen, wenn die ZM für den entsprechenden Meldezeitraum innerhalb der Festsetzungsfrist nachgeholt wird. Wird die ZM nach Ablauf der Meldefrist abgegeben und sind die weiteren Voraussetzungen der Steuerbefreiung erfüllt, ist die innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei. Wird die Abgabe der ZM unterlassen und nicht nachgeholt, wird die Steuerbefreiung für die innergemeinschaftliche Lieferung aufgrund der fehlenden ZM versagt und es kann ein Bußgeldverfahren drohen.
Betroffene Normen
§ 4 Nr. 1 Buchst. b UStG i.V.m. § 6a UStG, § 18a UStG
Fundstelle
BMF, Schreiben vom 20.05.2022, III C 3 -S 7140/19/10002 :011