OECD: Bericht zu steuerpolitischen Schwerpunkten an die G20-Finanzminister
Die OECD berichtet regelmäßig an die G20-Finanzminister über aktuelle steuerpolitische Entwicklungen in der Welt. Der jüngste Bericht aus April 2021 legt die Schwerpunkte: Steuerliche Herausforderungen aus der Digitalisierung der Wirtschaft, steuerpolitische Antworten auf die Covid-19-Krise, Steuern und Klimawandel, Maßnahmen zur Unterstützung von Entwicklungsländern, Steuertransparenz und Steuersicherheit.
Hintergrund
Im Vorfeld des zweiten offiziellen Treffens der G20-Finanzminister und Zentralbankgouverneure, das virtuell am 07.04.2021 unter italienischer G20-Präsidentschaft stattfand, veröffentlichte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) eine aktualisierte Version des Steuerberichts mit dem Titel “OECD Secretary-General Tax Report to G20 Finance Ministers and Central Bank”.
Der Bericht liefert einen Überblick über die neuesten Entwicklungen der internationalen Steueragenda der OECD und stellt einige der wichtigsten Ziele vor, die von der internationalen Staatengemeinschaft kurz- und langfristig prägen werden. Der Bericht zeigt die steuerlichen Herausforderungen auf, die sich aus der Digitalisierung der Wirtschaft ergeben, diskutiert die steuerpolitischen Antworten auf die Covid-19-Krisen und analysiert nicht nur die Steuerpolitik im Zusammenhang mit dem Klimawandel, sondern betrachtet auch Themen wie die Implementierung des G20/OECD Base Erosion and Profit Shifting (BEPS)-Projekts, Maßnahmen zur Unterstützung von Entwicklungsländern, Steuertransparenz und Steuersicherheit.
Zusätzlich zum Hauptbericht bietet ein Anhang einen separaten Bericht über die Steuer- und Fiskalpolitik als Reaktion auf die COVID-19-Krise, der einen detaillierten Überblick über die steuerlichen Maßnahmen gibt, die während der COVID-19-Krise in fast 70 Ländern seit dem Ausbruch der Pandemie eingeführt wurden, und untersucht, wie die steuerpolitischen Reaktionen in den einzelnen Ländern variiert und sich im letzten Jahr entwickelt haben. Darüber hinaus gibt er Leitlinien, wie die Steuerpolitik angepasst werden könnte, um den kurzfristigen Herausforderungen zu begegnen, und skizziert künftige Maßnahmen, die die OECD ergreifen wird, um die Länder längerfristig bei der Überprüfung ihrer Steuer- und Ausgabenpolitik zu unterstützen.
Aktueller OECD-Bericht
Der von der OECD herausgegebene Bericht konzentriert sich auf die im letzten Jahr geleistete Arbeit und verweist nicht nur auf die jüngsten OECD-Publikationen, sondern auch auf die demnächst erscheinenden Berichte. Darüber hinaus wird über die Fortschritte berichtet, die durch eine Reihe von Maßnahmen erzielt wurden, die in den vergangenen Jahren umgesetzt wurden. Es werden die primären Anstrengungen hervorgehoben, die die internationale Staatengemeinschaft kurz- und langfristig verfolgen muss.
Die wichtigsten im OECD-Bericht diskutierten Punkte lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Steuerliche Herausforderungen infolge der Digitalisierung der Wirtschaft
Der Bericht zeigt auf, dass die Bedingungen für das Erreichen einer konsensbasierten Lösung bis Mitte 2021 zur Reform des derzeitigen internationalen Körperschaftssteuersystems mit der Rücknahme des sogenannten "Safe Harbor"-Vorschlags durch die USA nun vielversprechender aussehen. Aufgrund der dringenden Notwendigkeit einer Reform betont der OECD-Generalsekretär, dass die Arbeit der internationalen Staatengemeinschaft innerhalb der nächsten 3 Monate in Richtung einer konsensbasierten Lösung bezüglich der Säulen 1 und 2 (Pillar 1 and 2) entscheidend sein wird.
Der Bericht enthält zudem ein Update zu anderen Arbeiten im Zusammenhang mit der Digitalisierung der Wirtschaft, d.h.: (i) die OECD arbeitet an einem neuen Steuerbericht zu Krypto-Vermögenswerten, um sicherzustellen, dass diese ordnungsgemäß an die Steuerbehörden der Wohnsitzländer ihrer Eigentümer gemeldet werden. Das neue Rahmenkonzept soll sicherstellen, dass die in den letzten zehn Jahren erzielten Fortschritte bei der Steuertransparenz und der Abschaffung des Bankgeheimnisses nicht durch diese neuen Vermögenswerte untergraben werden; (ii) in Kürze wird ein richtungsweisender Bericht darüber veröffentlicht, wie eine effektive Mehrwertsteuerpolitik (value added tax (VAT)/goods and services tax (GST) policy) als Reaktion auf das Wachstum der Sharing- und Gig-Economy gestaltet und umgesetzt werden kann. Darüber hinaus heißt es in dem Bericht, dass bald eine Einigung über einen neuen internationalen Austauschrahmen erzielt werden soll, um den grenzüberschreitenden Informationsaustausch zu erleichtern.
Reaktion auf die COVID-19 Krise
Der Bericht bringt die frühere Arbeit der OECD in Bezug auf steuerpolitische Reaktionen auf die COVID-19-Krise auf den neuesten Stand. Er wurde den G20-Finanzministern und Zentralbankgouverneuren bei ihrem ersten virtuellen Meeting am 15.04.2020 vorgestellt.
Das Update wurde dem Bericht vom April 2021 als Anhang A beigefügt und gibt einen Überblick darüber, wie sich die steuerpolitischen Reaktionen in 66 Ländern seit dem letzten Jahr verändert und weiterentwickelt haben. Dem Bericht zufolge besteht die aktuelle Priorität der Regierungen nach einem Jahr der Pandemie darin, die Steuerermäßigung gezielter einzusetzen, um sicherzustellen, dass die Unterstützung denjenigen Unternehmen und Haushalten zukommt, die sie am dringendsten benötigen und die Unterstützung vorsichtig zurückzunehmen, dort wo sie nicht mehr benötigt wird.
In diesem Sinne bietet der Bericht eine Leitlinie, wie die Steuerpolitik angepasst werden könnte, um kurzfristigen Herausforderungen zu begegnen und skizziert die anstehenden Arbeiten der OECD, die den Ländern helfen sollen, ihre Steuer- und Ausgabenpolitik längerfristig zu überprüfen.
Steuerpolitik und Klimawandel
Der Bericht hebt hervor, dass trotz der Herausforderungen, die durch die COVID-19-Krise entstanden sind, viele Länder sich in letzter Zeit entweder verpflichtet oder Gesetze erlassen haben, die Treibhausgasemissionen bis 2050 auf Netto-Null zu reduzieren. Laut dem OECD-Generalsekretär können solche Ziele nur durch gezielte klimapolitische Maßnahmenpakete erreicht werden, die sich auf den Preis der Treibhausgasemissionen konzentrieren sollten.
Wie der Bericht jedoch feststellt, liegen die Preise derzeit weit unter dem Niveau, das erforderlich ist, um die Dekarbonisierung voranzutreiben, das grundlegende Ziel des Pariser Abkommens (die globale Erwärmung auf 1,5°-2°C zu begrenzen) zu erreichen und einen gefährlichen Klimawandel zu verhindern.
Um einen politischen Dialog auf G20-Ebene über die Bepreisung von Treibhausgasemissionen zu erleichtern, haben die OECD und der Internationale Währungsfonds (IWF) einen Bericht über Steuerpolitik und Klimawandel erstellt.
Weitere Fortschritte bei der Bekämpfung von internationaler Steuerhinterziehung und -vermeidung
Der Bericht stellt einige der jüngsten Ergebnisse der Umsetzung des BEPS-Projekts vor: (i) seit Februar 2021 haben zwei weitere Jurisdiktionen ihre Ratifizierungsurkunde für die Multilateral Convention to Implement Tax Treaty Related Measures to Prevent Base Erosion and Profit Shifting (MLI) hinterlegt. Das MLI deckt nun über 1 700 bilaterale Steuerabkommen ab, und 65 Jurisdiktionen von 95 Unterzeichnern haben das MLI ratifiziert; (ii) die Transparenz hat zugenommen: seit 2016 haben über 35 000 Austausche von zuvor geheimen Steuerentscheiden (tax rulings) stattgefunden, und es wurden mehr als 2 700 bilaterale Beziehungen für den Austausch von Country-by-Country Reportings eingerichtet; (iii) fast 300 bevorzugende Steuerregelungen, die Steuervermeidung erleichtern, wurden weltweit geändert oder abgeschafft.
Steuern und Entwicklung
Dem Bericht zufolge haben alle Länder des G20/OECD Inclusive Framework vom BEPS-Projekt profitiert, auch die Entwicklungsländer, d.h. (i) mehr als 30 000 Finanzbeamte wurden durch Unterstützung beim Kapazitätsaufbau, virtuelle Workshops und E-Learning geschult; (ii) die OECD/UNDP-Initiative Tax Inspectors Without Borders (TIWB) hat nun dazu beigetragen, dass bis Ende 2020 insgesamt mehr als 2,3 Mrd. USD an Steuerveranlagungen aufgedeckt wurden; (iii) infolge der Fortschritte bei der Steuertransparenz haben die Entwicklungsländer seit 2009 mindestens 29 Mrd. EUR durch Programme zur freiwilligen Offenlegung und Offshore-Steuerermittlungen aufgedeckt. Darüber hinaus hat das Global Forum im Jahr 2020 mehr als 4 150 Beamte durch virtuelle Schulungen weitergebildet und 70 Jurisdiktionen haben von technischer Unterstützung profitiert.
Fazit
Der OECD-Bericht für die G20-Finanzminister und Zentralbankgouverneure bietet ein umfassendes Update zu den aktuellen und zukünftigen Steuerbemühungen der G20/OECD. Da die OECD einer der Think Tanks der globalen Steuerpolitik ist und Standards setzt, die breite Akzeptanz in der weltweiten Steuerpolitik finden, gibt der Bericht den Puls der aktuellen steuerpolitischen Diskussion und der zukünftigen Themen wieder. Die Themen Digitalisierung und Besteuerung dürften im nächsten Jahr zu einem Abschluss kommen. COVID und die Reaktionen der Staaten sind ein sehr aktuelles Thema. Zunehmend wichtiger wird die Besteuerung im Zusammenhang mit dem Klimaschutz.
Fundstelle
OECD (2021), OECD Secretary-General Tax Report to G20 Finance Ministers and Central Bank Governors – April 2021, OECD, Paris,
Weitere Fundstellen
OECD (2021), OECD Secretary-General Tax Report to G20 Finance Ministers and Central Bank Governors – February 2021, OECD, Paris,
OECD (2020), Tax and Fiscal Policy in Response to the Coronavirus Crisis: Strengthening Confidence and Resilience, OECD, Paris,