BFH: Telefonkosten sind bei längerer Auswärtstätigkeit als Werbungskosten abzugsfähig
Sachverhalt
Der Kläger, ein Marinesoldat, führte während eines längeren Auslandseinsatzes an den Wochenenden regelmäßig Telefongespräche mit seiner Lebensgefährtin und seinen Angehörigen. Diese Aufwendungen machte er in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2004 als Werbungskosten geltend.
Das Finanzamt erkannte diese Aufwendungen nicht an, weil die Telefonate mit Angehörigen grundsätzlich dem Bereich der privaten Lebensführung i.S.v. § 12 Nr. 1 EStG zuzuordnen seien. Gegen das FG-Urteil, wonach die Telefonkosten als Werbungskosten abzugsfähig seien, legte das beklagte Finanzamt Revision ein.
Entscheidung
Die Revision des Finanzamts ist unbegründet und die während der Auswärtstätigkeit des Klägers entstandenen Aufwendungen für Telefonate mit Angehörigen sind als Werbungskosten anzuerkennen.
Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen und liegen nach ständiger Rechtsprechung des BFH vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den Einnahmen ein objektiver – steuerrechtlich anzuerkennender wirtschaftlicher – Zusammenhang besteht.
Aufwendungen für Telefonate privaten Inhalts mit Angehörigen und Freunden sind neben Aufwendungen für z.B. Wohnung, Verpflegung und Bekleidung eigentlich typische unter § 12 Nr. 1 EStG zu subsumierende Lebensführungskosten. Jedoch sind Kosten, die untrennbar sowohl privat als auch beruflich veranlasst sind, der steuerrechtlich erheblichen Berufssphäre zuzuordnen, wenn die Aufwendungen so stark durch die berufliche Situation geprägt sind, dass der private Veranlassungsbeitrag bei wertender Betrachtung unbedeutend ist. In diesem Zusammenhang nennt der BFH beispielhaft die Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen. Sie stellen auch bei einer beruflichen Mitveranlassung zunächst private Lebensführungskosten dar und sind damit nicht als Werbungskosten abziehbar (§ 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 1 EStG). Liegt hingegen eine Auswärtstätigkeit der Erwerbssphäre vor, wird ein nach Reisedauer gestaffelter Pauschbetrag zum Werbungskostenabzug zugelassen (§ 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2 EStG). Gleiches gilt für die im Schnittbereich von beruflicher Sphäre und privater Lebensführung liegende Mobilitätskosten, die ebenfalls als Werbungskosten oder Betriebsausgaben anerkannt werden (z.B. Fahrtkosten zwischen Wohnung Arbeitsstelle, Kosten der doppelten Haushaltsführung).
Gemäß dieser gesetzgeberischen Grundlagenentscheidung lässt auch die Rechtsprechung privat veranlasste Aufwendungen wegen der Überlagerung durch berufliche Gründe zum Werbungskostenabzug zu, obwohl die Befriedigung dieser allgemein menschlichen Bedürfnisse in erster Linie Ausfluss der Lebensführung sind.
Im Streitfall werden die privaten Gründe der Kontaktaufnahme etwa mit Angehörigen und Freunden typisierend betrachtet durch die beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit überlagert. Denn bei einer Abwesenheitsdauer von mindestens einer Woche sind die notwendigen privaten Dinge aus der Ferne nur durch über den normalen Lebensbedarf hinausgehende Mehrkosten zu regeln. Diese sind damit überwiegend durch den beruflichen Veranlassungszusammenhang geprägt und nur in ganz untergeordnetem Umfang von Momenten der privaten Lebensführung beeinflusst. Damit sind sie abweichend vom Regelfall als beruflich veranlasste Mehraufwandendungen der Erwerbssphäre zuzuordnen.
Betroffene Norm
§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG, § 12 Nr. 1 EStG
Streitjahr 2004
Vorinstanz
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 02.09.2009, 7 K 2/07, EFG 2010, S. 706
Fundstelle
BFH, Urteil vom 05.07.2012, VI R 50/10
Weitere Fundstellen
BFH, Beschluss vom 05.07.2010, VI B 31/10, nicht amtlich veröffentlicht
