BFH: Abzugsverbot für Gewerbesteuer auch bei Personengesellschaften verfassungskonform
Das Verbot, die Gewerbesteuer bei der Ermittlung des Gewinns einer Personengesellschaft abzuziehen, ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Für Kapitalgesellschaften hatte der BFH dies bereits mit Urteil vom 16.01.2014 entschieden.
Sachverhalt
Die Kläger waren Gesellschafter einer OHG. Das Finanzamt rechnete im Streitjahr 2008 die als Betriebsausgabe abgezogene Gewerbesteuer außerbilanziell hinzu. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Entscheidung
Zu Recht habe das Finanzamt die als Betriebsausgabe abgezogene Gewerbesteuer außerbilanziell hinzugerechnet. Nach Ansicht des IV. Senats des BFH verstoße § 4 Abs. 5b EStG, der einen Betriebsausgabenabzug für die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen verwehrt, nicht gegen den in Art. 3 GG verankerten Gleichheitssatz.
Im Bereich des Steuerrechts habe der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes zwar einen weitreichenden Entscheidungsspielraum, der aber im Bereich des Einkommensteuerrechts durch das Gebot der Folgerichtigkeit und durch das Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit beschränkt werde, wobei letzteres insbesondere durch das objektive Nettoprinzip abgesichert sei.
Im Abzugsverbot des § 4 Abs. 5b EStG sei zunächst eine Durchbrechung dieses Prinzips zu sehen. Denn trotz seines Wortlauts, wonach Gewerbesteuer und Nebenleistungen "keine Betriebsausgaben" darstellen, handele es sich der Sache nach um betrieblich veranlasste Aufwendungen i.S.v. § 4 Abs. 4 EStG und damit im Ergebnis um eine Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
Die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips sei aber sachlich gerechtfertigt. Dies hatte der I. Senat des BFH für den Bereich der Körperschaftsteuer bereits mit Urteil vom 16.01.2014 entschieden. Soweit es hier um die Auswirkungen des § 4 Abs. 5b EStG für der Körperschaftsteuer unterliegende Gesellschafter einer Personengesellschaft gehe, schließe sich der IV. Senat der Begründung des I. Senats des BFH an.
Die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips sei aber auch insoweit sachlich gerechtfertigt, als es um die Auswirkungen dieser Regelung für der Einkommensteuer unterliegende Gesellschafter einer Personengesellschaft gehe. Der durch das Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 eingeführte § 4 Abs. 5b EStG bezwecke eine Verbesserung der Steuerbelastungstransparenz und eine Entflechtung der Finanzierungsströme der staatlichen und der kommunalen Ebene. Dies seien legitime gesetzgeberische Ziele, die durch diese Regelung auch erreicht würden.
Hinzukomme, dass die gleichzeitige Erhöhung des Anrechnungsfaktors für die Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer von 1,8 auf 3,8 in § 35 Abs. 1 EStG in nicht unerheblichem Umfang eine Kompensation des Abzugsverbots bewirke, die in den meisten Fällen sogar zu einer vollständigen Entlastung von der Gewerbesteuerschuld führe. Eine vollständige Anrechnung der Gewerbesteuerschuld auf die Einkommensteuer sei verfassungsrechtlich zudem nicht geboten.
Betroffene Norm
§ 4 Abs. 5b EStG
Streitjahr 2008
Vorinstanz
FG Nürnberg, Urteil vom 02.02.2012, 6 K 1495/10, DStRE 2013, S. 1475
Fundstelle
BFH, Urteil vom 10.09.2015, IV R 8/13, BStBl II 2016, S. 1046
Pressemitteilung Nr. 76 vom 11.11.2015
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 16.01.2014, I R 21/12, BStBl. II 2014, S. 531, Verfassungsbeschwerde eingelegt: 2 BvR 1559/14, siehe Deloitte Tax News