BFH: Einlage wertgeminderter Beteiligungen und Forderungen aus Gesellschafterdarlehen
Die Einlage einer wertgeminderten Beteiligung i.S. des § 17 EStG ist mit den Anschaffungskosten zu bewerten. Dieser Grundsatz des Ausschlusses einer Teilwertabschreibung gilt auch für wertgeminderte Forderungen aus Gesellschafterdarlehen. Allerdings hat das aufgrund der Rechtsprechungsänderung zu nachträglichen Anschaffungskosten nach Inkrafttreten des MoMiG nur noch für bis zum 27.09.2017 (Vertrauensschutz) geleistete eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfen eines Gesellschafters Bedeutung.
Sachverhalt
Der Kläger war ursprünglich alleiniger Gesellschafter und einziger Geschäftsführer der O-GmbH und gründete im Jahr 1996 als Alleingesellschafter die V-GmbH, an die er seine Beteiligung an der O-GmbH verkaufte. Aus der Veräußerung ergab sich beim Kläger ein Verlust nach § 17 EStG, den das Finanzamt der Besteuerung zugrunde legte. Zur Finanzierung des Kaufpreises gewährte der Kläger der V-GmbH ein Darlehen, das in der Folgezeit mehrfach aufgestockt wurde.
Im Januar 2001 veräußerte der Kläger 25 % der Anteile an der V-GmbH an N. Im August 2001 erwarb der Kläger das Grundstück, auf dem sich der Betriebssitz der O-GmbH befand, und vermietete es anschließend an die O-GmbH. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 18.12.2001 verkaufte der Kläger mit Wirkung zum 31.12.2001 weitere 74 % der Anteile an der V-GmbH an N und beteiligte sich an der O-GmbH mit einer Einlage (atypisch) still. Zudem verzichtete er auf die der V-GmbH gewährten Darlehen. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2001 erklärte der Kläger aus den Veräußerungen der Anteile an der V-GmbH und aus dem Darlehensverzicht Verluste nach § 17 EStG sowie aus der Vermietung des Grundstücks Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Entscheidung
Der Kläger habe aufgrund der Vermietung des Grundstücks an die O-GmbH ab August 2001 – wie auch das FG zutreffend angenommen hat – eine Betriebsaufspaltung begründet. Wie der BFH bereits mehrfach entschieden hat, ist die personelle Verflechtung auch dann gegeben, wenn der Besitz-Einzelunternehmer an der Betriebs-GmbH nur mittelbar über eine weitere von ihm beherrschte GmbH beteiligt ist
Entgegen der Auffassung des FG habe zum 31.12.2001 keine Betriebsaufgabe stattgefunden. Vielmehr habe der Kläger aus dem Verkauf seiner Anteile an der V-GmbH einen laufenden Verlust erzielt. Das Grundstück sei gem. § 6 Abs. 5 S. 2 EStG zum Buchwert in das Sonderbetriebsvermögen des Klägers bei der atypisch stillen Gesellschaft übergegangen, was die Annahme einer Betriebsaufgabe ausschließe (vgl. BFH-Urteil vom 05.02.2014).
Zu Recht habe das FG die – aus der Betriebsaufspaltung resultierende – Einlage der wertgeminderten (75 %-igen) Beteiligung des Klägers an der V-GmbH in das Betriebsvermögen des Besitz-Einzelunternehmers mit den Anschaffungskosten bewertet.
Einlagen sind grundsätzlich mit dem Teilwert zu bewerten, den das Wirtschaftsgut im Zeitpunkt seiner Zuführung zum Betriebsvermögen hat. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Hs. 2 Buchst. b sind Einlagen jedoch höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen, wenn das zugeführte Wirtschaftsgut ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft ist, an der der Steuerpflichtige i. S. des § 17 EStG beteiligt ist. Diese Regelung erfasst nach ihrem Wortlaut nur Fälle, in denen der Teilwert oberhalb der Anschaffungskosten liegt. Allerdings ist nach den Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung die Einlage einer von § 17 EStG erfassten Beteiligung, deren Teilwert unterhalb der Anschaffungskosten liegt, ebenfalls mit den – hier höheren – Anschaffungskosten zu bewerten, weil die gesetzliche Regelung insoweit eine planwidrige und deshalb ausfüllungsbedürftige Lücke enthält (vgl. BFH-Urteil vom 02.09.2008).
Auch nach der ab 1996 geltenden Rechtslage sei die Einlage einer wertgeminderten Beteiligung i.S. des § 17 EStG mit den Anschaffungskosten zu bewerten, sofern § 17 Abs. 2 S. 4 EStG (heute § 17 Abs. 2 S. 6 EStG) im konkreten Fall der Berücksichtigung eines Veräußerungsverlusts bei § 17 EStG – wie im Streitfall – nicht entgegenstehe (dies entspricht mittlerweile auch der Auffassung der Finanzverwaltung in H 17 Abs. 8 EStH ab 2012).
Nach Ansicht des BFH sind die Grundsätze zur Bewertung der Einlage wertgeminderter Beteiligungen i.S. des § 17 EStG in ein Betriebsvermögen entsprechend auf die Bewertung der Einlage solcher wertgeminderter Gesellschafterdarlehensforderungen anzuwenden, deren Ausfall sich im Falle der weiteren Zugehörigkeit der Forderung und der korrespondierenden Beteiligung zum Privatvermögen bei der Verwirklichung eines Realisationstatbestands nach § 17 EStG einkommensteuerrechtlich ausgewirkt hätte. Als Einlagewert sei in einem solchen Fall daher nicht der Teilwert anzusetzen, sondern derjenige Wert, mit dem die Forderung in den Fällen des § 17 EStG als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen wäre.
Allerdings hat dies aufgrund der Rechtsprechungsänderung zu nachträglichen Anschaffungskosten (vgl. BFH-Urteil vom 11.07.2017) nach Inkrafttreten des MoMiG nur noch für bis zum 27.09.2017 (Vertrauensschutz) geleistete eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfen eines Gesellschafters Bedeutung. Mit der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts durch das MoMiG ist nämlich die gesetzliche Grundlage der bisherigen Rechtsprechung, die bestimmte Leistungen des Gesellschafters z.B. in Form eines Darlehens als eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfen beurteilt und nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG angenommen hat, weggefallen.
Betroffene Norm
§ 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Hs. 2 Buchst. b EStG, § 17 EStG
Streitjahr 2001
Vorinstanz
Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.10.2015, 5 K 5234/13, EFG 2016, S. 1268
Fundstelle
BFH, Urteil vom 29.11.2017, X R 8/16, BStBl II 2018 Seite 426
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 11.07.2017, IX R 36/15, BFHE 258, S. 427, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 05.02.2014, X R 22/12, BStBl II 2014, S. 388
BFH, Urteil vom 02.09.2008, X R 48/02, BStBl II 2010, S. 162