BFH: Erweiterte Kürzung bei Ausschluss der Vermietung von Betriebsvorrichtungen und sonstigen beweglichen Wirtschaftsgütern in Immobilienmietverträgen
Die Anwendung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung ist an enge Voraussetzungen geknüpft. Die Vermietung von Betriebsvorrichtungen und beweglichen Wirtschaftsgütern (gemeinsam: Betriebsvorrichtungen) schließt die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung auch dann aus, wenn sie nur einen sehr geringen Umfang annimmt. Der BFH stellt klar, dass die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen zivil- und steuerrechtlich wirksam ausgeschlossen werden kann und eröffnet bzw. bestätigt damit Gestaltungsmöglichkeiten.
Sachverhalt
Eine KG hat sich gegenüber einer AG in einem „Miet- und Ankaufsvertrag“ dazu verpflichtet, auf eigene Rechnung ein Gebäude zu errichten und dieses 20 Jahre an die AG zu vermieten. Die jährlichen Mietzahlungen sollten sich auf ca. 7 % der Gesamtinvestitionskosten belaufen. In dem Vertrag wurde explizit geregelt, dass Mietobjekt der gesamte Grundbesitz nebst wesentlichen Bestandteilen sein sollte, nicht jedoch Zubehör und Betriebsvorrichtungen i. S. v. § 68 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BewG. Betriebsvorrichtungen sollten nicht von der Vermieterin angeschafft und finanziert werden. Etwaige von der Mieterin eingebaute Betriebsvorrichtungen, die als wesentliche Bestandteile des Grundstücks zu beurteilen seien, sollten als vorbehaltenes wirtschaftliches Eigentum der Mieterin anzusehen sein. In der Folgezeit wurde vereinbart, dass die AG von der KG verauslagte Kosten für Betriebsvorrichtungen übernehmen und die AG auch unmittelbare wirtschaftliche Eigentümerin der Betriebsvorrichtungen werden sollte. Im weiteren Verlauf wurden dann jedoch tatsächlich Aufwendungen für Betriebsvorrichtungen in Höhe von ca. 0,2 % des gesamten Investitionsvolumens nicht abgerechnet und nicht aus den Gesamtinvestitionskosten herausgerechnet mit der Folge, dass sie in die Bemessungsgrundlage für die zu leistenden Mietzahlungen eingeflossen sind. Die insoweit „überhöhten“ Investitionskosten wurden zudem im Jahresabschluss der KG aktiviert. Die Klägerin beantragte die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung.
Streitig war vorliegend, ob im zugrundeliegenden Sachverhalt eine für die erweiterte Kürzung schädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen anzunehmen ist. Sowohl die Finanzverwaltung als auch das in erster Instanz entscheidende Finanzgericht bejahten dies, da die KG Kosten für Betriebsvorrichtungen getragen habe, die zusammen mit der Immobilie an die AG vermietet worden seien. Nach Ansicht des Finanzgerichts entrichtete die AG für die Nutzung der nicht abgerechneten Betriebsvorrichtungen einen anteiligen Mietzins. Abweichend von den ursprünglichen Vereinbarungen sei die entgeltliche Überlassung von Betriebsvorrichtungen geduldet und tatsächlich durchgeführt worden.
Entscheidung
Der BFH hat das vorinstanzliche Urteil aufgehoben und die Streitsache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Gesetzliche Grundlage
Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes gekürzt. Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG tritt an die Stelle der Kürzung nach Satz 1 auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (sog. erweiterte Kürzung). Die Vermietung beweglicher Wirtschaftsgüter steht trotz einkommensteuerlicher Qualifizierung als Vermögensverwaltung der Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung entgegen. Der Begriff des Grundbesitzes im Sinne von § 9 Nr.1 Satz 2 GewStG bestimmt sich nach dem Bewertungsrecht. Betriebsvorrichtungen zählen bewertungsrechtlich nicht zum Grundbesitz. Die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen schließt die erweiterte Kürzung auch dann aus, wenn sie einen nur geringfügigen Umfang annimmt.
Vertraglicher Ausschluss der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen
Nach dem Inhalt des ursprünglich im Streitfall vereinbarten Mietvertrags sollten Betriebsvorrichtungen gerade nicht entgeltlich von der KG an die AG zur Nutzung überlassen werden. Zivilrechtlich ist eine solche Einschränkung eines Vertrags über die Vermietung eines Grundstücks möglich und grundsätzlich auch steuerrechtlich zu beachten. „Mietsache“ im Sinne des BGB können auch nicht sonderrechtsfähige Sachbestandteile sein, so dass die Vermietung derartiger Sachbestandteile in einem Vertrag über die Vermietung eines Gebäudes ausgeschlossen werden kann.
Notwendige Sachverhaltsaufklärung durch das Finanzgericht
Ob im Streitfall eine schädliche (Mit-)Vermietung von Betriebsvorrichtungen anzunehmen ist, kann der BFH auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Das Finanzgericht wird im zweiten Rechtsgang aufzuklären haben, ob trotz des vorliegenden Mietvertrags die Betriebsvorrichtungen wirksam von der KG an die AG vermietet wurden. Dies wäre der Fall, wenn es sich bei der Vereinbarung, wonach Betriebsvorrichtungen nicht Vertragsgegenstand sein sollten, um ein Scheingeschäft handelt oder wenn der ursprüngliche Mietvertrag ausdrücklich oder stillschweigend geändert wurde.
Handelt es sich um ein Scheingeschäft?
Ein Scheingeschäft wäre anzunehmen, wenn die Parteien eines Mietvertrags Betriebsvorrichtungen, deren Aufwand der Vermieter getragen hat, aus dem Vertragsverhältnis herausnehmen und ansonsten hierzu keine eigenen Regelungen treffen, so dass im wirtschaftlichen Ergebnis der Mietzins doch zum Teil auf Betriebsvorrichtungen entfällt. Bei einem Großteil der als Betriebsvorrichtungen in Betracht kommenden Wirtschaftsgüter wurden im Urteilsfall die entsprechenden Aufwendungen herausgerechnet. Wenn dies in einigen wenigen Fällen unterblieb, macht dies die vertragliche Aussonderung der Betriebsvorrichtungen gleichwohl nicht zum Scheingeschäft.
Ist von einer Vertragsänderung auszugehen?
Eine vom Wortlaut des Mietvertrags abweichende (schädliche) Nutzungsüberlassung kann des Weiteren anzunehmen sein, wenn sie auf eine ausdrückliche oder stillschweigende Vertragsänderung zurückgeht. Dies gilt auch dann, wenn die für die Vertragsparteien handelnden Personen hierfür nicht die Vertretungsmacht haben, die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis einer solchen Mitvermietung aber eintreten und bestehen lassen.
Wer war wirtschaftlicher Eigentümer der Betriebsvorrichtungen?
Das Finanzgericht wird zusätzlich aufzuklären haben, wer wirtschaftlicher Eigentümer der fraglichen Betriebsvorrichtungen war. Sollte dies die AG sein, kann es sich nicht um „eigenen“ Grundbesitz der KG handeln.
Anmerkungen
Der BFH bestätigt vollumfänglich unsere jahrelange Beratungspraxis, dass:
- wirtschaftliches Eigentum für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung entscheidend ist,
- die Trennung von Grundbesitz und Betriebsvorrichtungen einer sorgfältigen Vorbereitung bedarf und
- die versehentliche Nicht-Übertragung von Betriebsvorrichtungen in geringem Umfang, bei ansonsten sorgfältig vorbereiteter Trennung, der erweiterten Kürzung nicht entgegensteht.
Betroffene Normen
§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, § 68 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BewG, § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO, § 41 Abs. 1 und 2 AO, § 164 Abs. 1 BGB, § 535 Abs. 1 BGB
Streitjahre 2004 bis 2007
Vorinstanz
Finanzgericht Hessen, Urteil vom 06.12.2016, 8 K 1064/13, EFG 2017, S. 507
Fundstelle
BFH, Urteil vom 28.11.2019, III R 34/17, DStR 2020, S. 781, lt. Mitteilung des BMF zur Veröffentlichung im BStBl. II vorgesehen