Niedersächsisches FG: Anerkennung Ergebnisabführungsvertrag bei Ausgleichszahlung
Die steuerliche Anerkennung eines EAV ist zu versagen, wenn der variable Anteil einer an außenstehende Gesellschafter zu zahlenden Ausgleichszahlung am Gewinn der Organgesellschaft und nicht – wie in § 304 AktG vorgesehen – am Gewinn des Organträgers bemessen wird.
Sachverhalt
An der Klägerin, der B GmbH, war die WB-GmbH zu 51% und die konzernfremde C-GmbH zu 49% beteiligt. Zwischen der WB GmbH als Organträgerin und der Klägerin als Organgesellschaft bestand ein seit mehr als fünf Jahren durchgeführter Ergebnisabführungsvertrag (EAV). Dieser sah u.a. vor, dass die WB-GmbH an die C-GmbH für jedes volle Geschäftsjahr neben einer fixen Ausgleichszahlung einen variablen Zuschlag, dessen Ausgangsgröße der Jahresüberschuss der Organgesellschaft vor Ergebnisabführung, Ausgleichszahlung und Ertragsteuern war, leistet. Hinsichtlich einer Verlustübernahme durch die WB-GmbH war vereinbart, dass § 302 Abs. 1 und 3 AktG entsprechende Anwendung finden sollen; ein Verweis auf § 302 Abs. 4 AktG fehlte. Die Klägerin beantragte in einer verbindlichen Auskunft die Feststellung, dass die im EAV vereinbarte Ausgleichszahlung die Voraussetzungen des § 16 KStG erfüllt und der EAV steuerlich anzuerkennen ist. Das Finanzamt teilte zu dem Antrag mit, dass grundsätzlich keine Bedenken bestünden, wenn eine feste Ausgleichszahlung durch einen variablen Beitrag erhöht werde.
Nach erfolgter Außenprüfung gelangte das Finanzamt zur Auffassung, dass die WB-GmbH in den Streitjahren 2004-2007 nicht ihren gesamten Gewinn an die Klägerin abgeführt habe und erfasste die an die C-GmbH geleisteten Ausgleichszahlungen und den an die Klägerin abgeführten Gewinn als verdeckte Gewinnausschüttungen.
Entscheidung
Das Finanzamt habe zurecht den EAV steuerlich nicht anerkannt. Der steuerlichen Anerkennung des EAV stünde die dort getroffene Vereinbarung über die Ausgleichszahlung an die C-GmbH entgegen.
Durch die Vereinbarung der fixen Ausgleichszahlung sei zwar bereits den Anforderungen des § 304 Abs. 2 S.1 AktG ausreichend Rechnung getragen und aus handelsrechtlicher Sicht sei es unschädlich, wenn eine Aufstockung durch einen variablen Ausgleich erfolge. In steuerrechtlicher Hinsicht werde jedoch nach der Rechtsprechung des BFH in bestimmten Fällen nicht mehr der gesamte Gewinn im Sinne des § 14 KStG an den Organträger abgeführt, wenn sich der variable Anteil – wie im Streitfall – am Ergebnis des Gewinns der Organgesellschaft (und nicht am Gewinn des Organträgers, wie in § 304 AktG vorgesehen) bemesse. Durch die Kopplung der Ausgleichszahlung an das Ergebnis der Organgesellschaft vor Gewinnabführung werde die tatsächliche Durchführung der Gewinnabführung in Frage gestellt (BFH-Urteil vom 04.03.2009, I R 1/08). Insoweit habe der BFH für den Fall, dass dem außenstehenden Gesellschafter infolge der Ausgleichszahlung der Gewinn der Organgesellschaft in dem Verhältnis zufließt, in dem er ohne EAV zu verteilen gewesen wäre, ausgeführt, dass keine Abführung des vollen Gewinns mehr vorliege (BFH-Urteil vom 31.03.1976, I R 123/74). Dies gelte nach Auffassung des FG auch für den Fall, dass eine variable Ausgleichszahlung vereinbart wird, und – nach Addition mit dem Fixbetrag – ein Betrag an den außenstehenden Gesellschafter gezahlt wird, der unterhalb des ohne EAV zu zahlenden Betrages liegt. Entscheidend für die steuerliche Schädlichkeit, so das FG, sei nicht die absolute Höhe der Ausgleichszahlung, sondern die Tatsache, dass diese in irgendeiner Form an das Ergebnis der Organgesellschaft vor Ergebnisabführung knüpfe. In diesem Fall beziehe der außenstehende Gesellschafter nämlich keine Ausgleichszahlung, sondern eine ihm nach Abschluss des EAV nicht mehr zustehende Beteiligung am Ergebnis der Organgesellschaft. Dies habe zur Folge, dass nicht das ganze Ergebnis an den Organträger abgeführt worden sei, sondern nur das seiner Beteiligung entsprechende Ergebnis.
Der EAV sei zudem nicht auf Grundlage einer seitens des Finanzamts erteilten verbindlichen Auskunft anzuerkennen, da das Finanzamt lediglich ausdrücklich unverbindlich mitgeteilt habe, dass eine Kombination aus fester und variabler Ausgleichszahlung grundsätzlich möglich sei.
Davon abgesehen stehe einer Anerkennung des EAV entgegen, dass kein dynamischer Verweis auf die Vorschriften des § 302 AktG in seiner jeweils gültigen Fassung enthalten und auch eine Heilung gem. § 34 Abs. 10b KStG i.d.F. vom 18.03.2013 unstreitig unterblieben sei.
Da die Frage, ob die Verknüpfung einer Ausgleichszahlung an außenstehende Gesellschafter mit dem Ergebnis der Organgesellschaft – unabhängig von der Höhe – steuerschädlich ist und ob für Altverträge eine Pflicht zur Anpassung in Bezug auf § 302 Abs. 4 AktG vorliegt, noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, hat das FG die Revision zugelassen.
Betroffene Normen
§ 14 KStG, § 291 AktG, § 304 AktG, § 233a AO
Streitjahre 2004-2007
Fundstelle
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 11.11.2015, 6 K 386/13, BFH-anhängig: I R 93/15
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 04.03.2009, I R 1/08, BStBl. II 2010, S. 407
BFH, Urteil vom 31.03.1976, I R 123/74, BStBl. II 1976, S. 510