OFD NRW: Anschaffungsnahe Aufwendungen
Die OFD NRW nimmt mit Verfügung vom 14.03.2017 zu noch offenen Zweifelsfragen hinsichtlich der Behandlung sog. anschaffungsnaher Aufwendungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG) Stellung.
Hintergrund
Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG gehören Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen zu den Herstellungskosten eines Gebäudes, wenn diese innerhalb von drei Jahren nach dessen Anschaffung durchgeführt werden und die Nettokosten 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten). Diese Aufwendungen erhöhen die AfA-Bemessungsgrundlage (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 EStG) und sind nicht als Werbungskosten sofort abziehbar. Nicht zu diesen Aufwendungen gehören nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 EStG die Aufwendungen für Erweiterungen i.S. des § 255 Abs. 2 S. 1 HGB sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen.
Bereits vor der Einführung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG im Rahmen des Steueränderungsgesetzes2003 (vgl. BGBl. I 2003, S. 2645) hat sich die Rechtsprechung und auch die Finanzverwaltung mit dem Themenkreis der sog. anschaffungsnahen Aufwendungen beschäftigt. Die gesetzliche Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG weist Abweichungen zu der von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung (vgl. BMF-Schreiben vom 18.07.2003) auf.
Verwaltungsanweisung
Die OFD Nordrhein-Westfalen hat in ihrer Verfügung vom 14.03.2017 zu noch offenen Zweifelsfragen hinsichtlich der Behandlung sog. anschaffungsnaher Aufwendungen Stellung genommen.
- In die Prüfung der 15%-Grenze des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG sind auch Aufwendungen zur Beseitigung der Funktionsuntüchtigkeit oder zur Hebung des Standards und auch Schönheitsreparaturen einzubeziehen (vgl. BFH-Urteile vom 14.06.2016).
- Jährlich üblicherweise anfallende Erhaltungsarbeiten sind nicht sofort abziehbar, wenn sie im Rahmen einheitlich zu würdigender Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG anfallen.
- Die 15%-Grenze des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG ist auf die einzelnen Gebäudeteile und nicht auf das Gebäude insgesamt zu beziehen, wenn das Gebäude unterschiedlich genutzt wird (z.B. Wohnhaus mit vermieteten und einer selbstgenutzten Wohnung) (vgl. BFH-Urteil vom 14.06.2016) bzw. wenn die Wohnungen durch Einzelvertrag erworben werden.
- In den Dreijahreszeitraum sind sämtliche Baumaßnahmen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG einzubeziehen, die innerhalb dieses Zeitraums ausgeführt wurden. Die Baumaßnahmen müssen zum Ende des Dreijahreszeitraums weder abgeschlossen, abgerechnet noch bezahlt werden.
Laut der o.g. Verfügung wird derzeit auf Bund-/Länderebene erörtert, ob im Hinblick auf die für den Steuerpflichtigen nachteilige BFH-Rechtsprechung zu Schönheitsreparaturen und zur wirtschaftsgutbezogenen Prüfung (vgl. BFH-Urteile vom 14.06.2016) aus Vertrauensschutzgründen eine Übergangsregelung vorzusehen ist. Einsprüche sind von der Bearbeitung zurückzustellen.
Betroffene Norm
§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG
Anmerkung
BMF-Schreiben vom 20.10.2017
Mit Schreiben vom 20.10.2017 folgt die Finanzverwaltung der BFH-Rechtsprechung, billigt zugleich aber eine Übergangsregelung (Kaufverträge vor dem 01.01.2017 im Fall von Schönheitsreparaturen bzw. gebäudebezogener Prüfung) zu.
Fundstellen
BMF, Schreiben vom 20.10.2017
OFD NRW, Verfügung vom 14.03.2017, DB 2017, S. 817
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 14.06.2016, IX R 15/15, BStBl. II 2016, S. 996, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 14.06.2016, IX R 22/15, BStBl. II 2016, S. 999, siehe Deloitte Tax-News
BMF, Schreiben vom 18.07.2003