Anzeigepflicht von Steuergestaltungen: Interner BMF-Arbeitsentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie
Das BMF will sich in einem Arbeitsentwurf zur gesetzlichen nationalen Umsetzung der EU-Richtlinie zur Anzeige von Steuergestaltungen weitestgehend am Text der Richtlinie orientieren. Die Einführung von rein nationalen Anzeigevorschriften ist noch nicht im Entwurf enthalten.
Hintergrund
Mit dem Ziel der Bekämpfung von Steuermissbrauch und der Sicherstellung einer faireren Besteuerung in der EU hat der EU-Ministerrat am 25.05.2018 eine Richtlinie mit Transparenzvorschriften für Intermediäre im Bereich der Steuerplanung verabschiedet (siehe zum Verfahren Deloitte Tax-News). Im Kern geht es dabei um die Meldepflicht und den Informationsaustausch unter den Mitgliedsstaaten von gewissen grenzüberschreitenden Steuergestaltungen. Nach der Richtlinie sind die Regelungen bis Ende 2019 in nationales Recht umzusetzen. Am 25.06.2018 begann jedoch schon der Zeitraum, ab dem anzeigepflichtige Steuergestaltungen zu identifizieren sind, damit im August 2020 die entsprechende Meldung für diese Gestaltung durchgeführt werden kann.
Interner BMF-Arbeitsentwurf
Verfahren
In den letzten Tagen wurde ein interner Arbeitsentwurf des BMF zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Anzeigepflicht von Steuergestaltungen (DAC6) zirkuliert. Dieser Gesetzesentwurf würde nur die EU-Richtlinie in nationales Recht umsetzen, d.h. nur grenzüberschreitende Steuergestaltungen betreffen und keine Anzeigepflicht für nationale Gestaltungen vorsehen. Dies ist könnte über ein paralleles Gesetzgebungsverfahren auf Grundlage eines Vorschlags der Länder erfolgen. Aber auch eine Zusammenführung beider Initiativen in ein Gesetzgebungsverfahren ist noch möglich.
Orientierung am Richtlinientext
Nach dem Gesetzesentwurf würde die Richtlinie in weiten Teilen wörtlich in nationales Recht überführt. Insbesondere sind die Kennzeichen anzeigepflichtiger Gestaltungen („Hallmarks“ der Richtlinie) im Ergebnis unverändert übernommen worden und auch der Anwendungszeitraum gilt (mit faktischer Rückwirkung) für Gestaltungen, die ab dem 25.06.2018 umgesetzt wurden. Einige Abweichungen sind vor allem der Notwendigkeit geschuldet, Richtlinienvorgaben in nationale Gesetze zu überführen.
Praktische Umsetzung
Zu den einzelnen Kennzeichen anzeigepflichtiger Gestaltungen (Anhang IV der Richtlinie) liefert der Begründungsteil des Gesetzesentwurfs einige Anhaltspunkte, wie man die Kennzeichen in Deutschland auslegen möchte. Allerdings sind diese Erläuterungen nicht überall gut verständlich, an anderen Stellen erscheinen sie sogar sehr weit: beispielsweise würde die EK-Einlage und Darlehensvergabe im Konzern eine potenziell anzeigepflichtige Gestaltung darstellen. Ebenfalls anzeigepflichtig wäre danach eine „leveraged dividend“, d.h. eine Dividende, bei der die Ausschüttungsverpflichtung in ein Darlehen umgewandelt wird, sodass es nicht zum Abfluss liquider Mittel kommt. Für Zahlungen, die einem präferentiellen Steuerregime unterliegen (Kennzeichen C.1.d), bestätigt die Begründung, dass die Nexus-Konformität eines Regimes nicht von der Anzeigepflicht befreit. Für den „main benefit test“ würde eine Definition eines Steuervorteils ergänzt, die aber sehr weit ist und daher den (für sich genommen bereits weiten) main benefit test nicht einschränken würde. Erfreulicherweise würde dagegen die Anzeigepflicht für Fälle des doppelten Abzugs von Abschreibungen (Kennzeichen C.2.) begrenzt, indem dual-inclusion Fälle (bei denen auch Einnahmen doppelt erfasst werden) von der Anzeigepflicht ausgenommen wären – dies war vor allem vor dem Hintergrund von Anrechnungsbetriebsstätten, aber auch der US-GILTI Besteuerung kontrovers diskutiert worden.
Berücksichtigung von deutschen Spezifika
Deutsche Spezifika würden an den relevanten Stellen berücksichtigt. So wird beispielsweise auf die gesetzliche Verschwiegenheitsverpflichtung von Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten bei mandatsbezogenen Sachverhalten ausdrücklich eingegangen. Wie von der Richtlinie vorgesehen, geht in diesen Fällen die Anzeigepflicht auf andere Intermediäre oder den Steuerpflichtigen selber über. Außerdem sollen die Anzeigen mittels einer „Vergabenummer“ katalogisiert werden. Die Vergabenummer würde von der Finanzverwaltung nach Eingang einer Anzeige vergeben werden. Mit dieser Nummer dürfte das Problem des Nachweises einer bereits angezeigten Gestaltung zur Vermeidung von Mehrfachmeldungen teilweise gelöst werde . Inhaltlich solle die Meldung eine Zusammenfassung enthalten, die es sachkundigen Personen ermöglicht, nachzuvollziehen, wie es durch eine Steuergestaltung zu Steuervorteilen kommt. Interessanterweise wird dabei davon ausgegangen, dass der Steuervorteil der Gestaltung gesetzlich als Voraussetzung nicht vorgesehen ist, entsprechende Anhaltspunkte gibt es auch an anderer Stelle der Begründungen. Welche Bedeutung dies hat, wird sich zeigen müssen, da die Richtlinie ansonsten diese Einschränkung an keiner Stelle vornimmt.