FG Düsseldorf: Zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums bei Call-und Put-Option
Der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums bestimmt sich nach den Rechtsprechungsgrundsätzen des BFH. Ausnahmsweise sind Erwerbspositionen dann geeignet, die Annahme wirtschaftlichen Eigentums zu begründen, wenn nach dem typischen und für die wirtschaftliche Beurteilung maßgeblichen Geschehensablauf tatsächlich mit einer Ausübung des Optionsrechts gerechnet werden kann. Bei Doppeloptionen könne regelmäßig davon ausgegangen werden, dass - jedenfalls im Überschneidungszeitraum der vereinbarten Optionszeiträume - entweder Käufer oder Verkäufer von seinem Optionsrecht Gebrauch machen werden.
Sachverhalt
Der Kläger bot dem Käufer am 15.02.2002 unwiderruflich den Abschluss eines Aktienkaufvertrags an, welchen der Käufer in der Zeit vom 01.01.2001 bis 31.01.2001 annehmen konnte. Gegenstand des Kaufvertrages sollten Aktien sein, die mit allen Nebenrechten ab dem 01.01.2001 abgetreten werden sollten. Der Anspruch auf Zahlung der Dividende sollte dem Käufer zustehen. Der festgelegte Kaufpreis sollte zusätzlich den Betrag der auf die Aktien entfallenden Bruttodividende für das Jahr 2000 umfassen. Außerdem wurde vereinbart, dass der Käufer verpflichtet sein sollte, das Angebot des Klägers unverzüglich anzunehmen, wenn der Kläger dies durch eingeschriebenen Brief, der beim Käufer bis zum 15.01.2001 eingegangen sein muss, verlangt.
Im Folgenden schlossen die Kläger und Käufer eine Nachtragsvereinbarung mit der die Ausübungsfrist für beide Seiten auf den Zeitraum 01.01.2002 bis 31.01.2002 geändert wurde. Der Kläger forderte auf der Grundlage der am 02.02.2001 geschlossenen Nachtragsvereinbarung am 07.01.2002 den Abschluss des Kaufvertrages, der am 14.01.2002 durch die Erwerberseite geschlossen wurde.
Das Finanzamt war der Auffassung, dass das Eigentum an den Optionsaktien bereits im Jahr 2000 – und nicht erst 2002 – übergegangen sei, so dass der erzielte Veräußerungsgewinn in voller Höhe und nicht nach Maßgabe des Halbeinkünfteverfahrens zu versteuern sei.
Entscheidung
Der Gewinn aus der Veräußerung vom 15.02.2000 ist nicht im Jahr 2000 als steuerpflichtig zu erfassen, sondern erst im Jahr 2002.
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften des Gewerbebetriebs auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war. Eine Veräußerung im Sinne von § 17 EStG wird mit der Übertragung des rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums im Sinne von § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO auf den Erwerber verwirklicht.
Nach den Rechtsprechungsgrundsätzen des BFH zum wirtschaftlichen Eigentum wurde im vorliegenden Fall kein wirtschaftliches Eigentum an den Anteilen im Jahr 2000 begründet. Der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an einem Kapitalgesellschaftsanteil setzt nach BFH voraus, dass
- auf Grund eines (bürgerlich-rechtlichen) Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichteten Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann,
- die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte (insbesondere das Gewinnbezugsrecht und das Stimmrecht) sowie
- das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind (vgl. BFH-Urteile vom 20.07.2010, vom 11.07.2006 und vom 04.07.2007).
Im Streitfall ist kein Gewinnbezugsrecht ab 15.02.2000 auf die A-GmbH übergegangen. In der Call- und Put-Vereinbarung wird lediglich geregelt, dass der Anspruch auf Zahlung der Dividende für das Geschäftsjahr 2000 dem Käufer zustehen sollte. Da die Übertragung der Aktien auf den 01.01.2001 erfolgen sollte, beinhaltet diese Vereinbarung keine vorgezogene Übertragung des Gewinnbezugsrechts, denn bei einer Übertragung am 01.01.2001 ginge der Anspruch auf die im Jahr 2001 auszuschüttende Dividende ohnehin auf den Käufer über. Hinzu kommt, dass zwar der Anspruch auf Zahlung der Dividende für das Jahr 2000 dem Käufer zustehen sollte, sich der Kaufpreis aber um den Betrag der Bruttodividende erhöhen sollte. Die Dividende für das Jahr 2000 stand damit wirtschaftlich dem Kläger als Verkäufer zu. Im Hinblick auf das Gewinnbezugsrecht war der Kläger weiterhin wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien. Der Käufer des Anteils hatte auch keine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Anteils gerichtete Position erworben, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden konnte. Die A-GmbH hatte mit Abschluss des Vertrages vom 15.02.2000 weniger als einen schuldrechtlichen (Kaufvertrags-)Anspruch auf Übertragung der Aktien. Sie hatte lediglich ein unwiderrufliches Angebot des Klägers auf Abschluss eines Kaufvertrages über die Übertragung der Aktien gegen einen bestimmten Kaufpreis.
Nach der BFH-Rechtsprechung sind Erwerbspositionen ausnahmsweise auch dann geeignet, die Annahme wirtschaftlichen Eigentums zu begründen, wenn nach dem typischen und für die wirtschaftliche Beurteilung maßgeblichen Geschehensablauf tatsächlich mit einer Ausübung des Optionsrechts gerechnet werden kann. Bei Doppeloptionen könne regelmäßig davon ausgegangen werden, dass - jedenfalls im Überschneidungszeitraum der vereinbarten Optionszeiträume - entweder Käufer oder Verkäufer von seinem Optionsrecht Gebrauch machen werden (vgl. BFH-Urteil vom 11.07.2006). Im Streitfall wäre auch bei einer Berücksichtigung des fehlenden Übergangs des Gewinnbezugsrechts im Rahmen einer Gesamtbildbetrachtung unter Berücksichtigung der nachfolgenden Punkte kein wirtschaftliches Eigentum übergegangen.
- Bei den Anteilen handelt es sich nicht um Aktien einer börsennotierten AG mit der Folge, dass sowohl Käufer als auch Verkäufer der Anteile unterschiedliche Wertvorstellungen über den Wert der Aktien haben können.
- Der Käufer wollte den Kauf der Anteile finanzieren. Selbst wenn er von einer Wertsteigerung der Anteile ausging, konnte sich die Ausübung der Option im Hinblick auf die zu tragenden Finanzierungskosten als unattraktiv darstellen.
- Eine besondere Bedeutung kommt auch dem Umstand zu, dass im Streitfall die Zeitfenster nicht gleichlaufend waren, sondern ein nachhängendes Zeitfenster gegeben war. Es bestand damit die Möglichkeit, dass der Verkäufer die Option nicht ausübte, da der Wert gestiegen war. Andererseits konnte der Käufer auch auf die Ausübung der Option verzichten, wenn er bis nach dem 15.01. wartete und dann der Wert der Aktien sank.
Nach den tatsächlichen Verhältnissen war daher mit der Durchführung der Call-Put-Vereinbarung nicht sicher zu rechnen. Revision wurde nicht zugelassen.
Betroffene Norm
§ 17 Abs. 1 Satz 1 EStG, § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO
Fundstelle
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 06.12.2011, 9 K 4360/09 E
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 20.07.2010, IX R 38/09, BFH/NV 2011, S. 41
BFH, Urteil vom 11.07.2006, VIII R 32/04, BStBl II 2007, S. 296
BFH, Urteil vom 04.07.2007, VIII R 68/05, BStBl II 2007, S. 937