Handlungsbedarf bei Umlageverträgen – Ablauf der Übergangsfrist
Mit dem BMF Schreiben vom 05.07.2018 zur Einkunftsabgrenzung durch Umlageverträge hat die deutsche Finanzverwaltung einen Paradigmenwechsel bei der steuerlichen Beurteilung von Umlageverträgen zwischen verbundenen Unternehmen eingeläutet. Die bisher geltenden Grundsätze für Umlageverträge von 1999 wurden aufgehoben und an das geänderte Kapitel VIII der OECD Verrechnungspreisleitlinien 2017 angepasst.
Die Übergangsfrist für die Anwendung der neuen Grundsätze für bestehende Umlageverträge läuft zum 31.12.2019 aus. Bestehende Umlageverträge sollten daher nun dringend auf Vereinbarkeit mit den neuen steuerlichen Grundsätzen geprüft werden, insbesondere vor dem Hintergrund der komplexeren Vorgaben zur Bepreisung und Dokumentation solcher Umlagevereinbarungen.
Relevante Verträge
Umlageverträge (auch Poolverträge) im Sinne der Verwaltungsgrundsätze Kostenumlage 1999 sind sogenannte Dauerschuldverhältnisse, die verbundene Unternehmen mit gleichgerichteten Interessen vereinbaren, um durch Zusammenwirken in einem Pool Leistungen zu empfangen oder zu erbringen und damit einen Vorteil für die Parteien erwarten lassen. (vgl. Tz. 1.1, BMF Schreiben vom 30. Dezember 1999, Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung durch Umlageverträge zwischen international verbundenen Unternehmen (nachfolgend „Verwaltungsgrundsätze Umlageverträge 1999“)).
Im Rahmen des OECD BEPS Projektes wurde (neben anderen) das Kapitel VIII der OECD Verrechnungspreisleitlinien im Zusammenhang mit Umlageverträgen (Cost Contribution Arrangements/CCAs) angepasst. Eine Reaktion der deutschen Finanzverwaltung darauf war erwartet worden, da deren bisherige Auffassung teilweise stark von den neuen OECD Bestimmungen abwich. Mit dem BMF Schreiben vom 05.07.2018 übernahm die deutsche Finanzverwaltung nunmehr die neuen Bestimmungen und verweist direkt auf Kapitel VIII der OECD Verrechnungspreisleitlinien 2017. Durch den direkten Verweis auf die maßgeblichen OECD Verrechnungspreisleitlinien macht die Finanzverwaltung auch deutlich, dass eigene nationale Vorgaben oder Leitlinien (bspw. in Form eines ausführlichen BMF Schreibens) nicht zu erwarten sind.
Konzept der Risikokontrolle grenzt Kreis der CCA-Teilnehmer ein
Mit der Neufassung von Kapitel VIII der OECD Verrechnungspreisleitlinien wurde der Kreis möglicher Teilnehmer an einem CCA konkretisiert. Teilnehmer eines solchen CCA soll danach nur noch sein, wer die daraus entstehenden Risiken entsprechend seines Wertbeitrages kontrollieren kann und auch über ausreichend finanzielle Kapazitäten zur Risikotragung verfügt (vgl. Tz. 8.15 OECD Verrechnungspreisleitlinien 2017). Darüber hinaus sollen Teilnehmer im Rahmen des CCAs auch entsprechende Funktionen ausüben. Damit sollen reine Finanzierungsgesellschaften oder Holdinggesellschaften ausgeschlossen werden (vgl. Tz. 8.14 ff. OECD Verrechnungspreisleitlinien 2017). Diese Leitlinien korrespondieren zu den sonstigen als Ergebnis des BEPS Projektes neugefassten Empfehlungen der OECD und folgen damit konsistent dem neuen Konzept der OECD. Durch den Verweis des BMF Schreibens hat sich die deutsche Finanzverwaltung diese Interpretation zu eigen gemacht.
Bisher reine Kostenverrechnung für Poolleistungen
Im bisherigen BMF Schreiben vom 30.12.1999 hatte die Finanzverwaltung die grundsätzliche Auffassung vertreten, dass ein Gewinnaufschlag für Poolleistungen (anders als für typische Dienstleistungsverträge) steuerlich - mangels unternehmerischen Risikos und durch den gemeinsamen Zweck des Pools - nicht anzuerkennen war (vgl. Tz. 2.2 Verwaltungsgrundsätze Umlageverträge 1999).
Bemessung anhand des zu erwartenden Vorteils/Wertbeitrages als maßgebliche Änderung
Gemäß der neuen OECD Verrechnungspreisleitlinien sollen nunmehr Beiträge der Unternehmen im Rahmen der Poolvereinbarungen anhand des Fremdvergleichsgrundsatzes bewertet werden (vgl. Tz. 8.12 und 8.23 ff. OECD Verrechnungspreisleitlinien 2017). Hierbei soll sich der Anteil jedes Poolteilnehmers an der Gesamtsumme der Beiträge zum Pool und seinen insgesamt erwarteten Nutzen orientieren. Dazu sind die Wertbeiträge je Teilnehmer am Pool zu bewerten (vgl. Tz. 8.23 ff. OECD Verrechnungspreisleitlinien 2017). Eine Ausnahme hiervon lässt die OECD für bestimmte Dienstleistungspools (low value-adding activity CCAs) zu.
Wenn die Differenz des Wertbeitrages und der Kosten pro Poolteilnehmer unerheblich ist, können die Kosten zur Messung des relativen Wertes der laufenden Beiträge des Pools herangezogen werden (vgl. Tz. 8.28 OECD Verrechnungspreisleitlinien 2017). Diese Vereinfachung gilt jedoch ausschließlich für Dienstleistungspools mit geringer Wertschöpfung. Für Entwicklungspools ist diese Ausnahme nicht vorgesehen. Ebenfalls nicht vorgesehen ist die Ausnahme für Pools, die verschiedene Dienstleistungsarten beinhalten oder bei denen die Teilnehmer Beiträge unterschiedlicher Art erbringen. In diesen Fällen könnte eine separate Gestaltung der Dienstleistungskomponenten mit geringer Wertschöpfung sinnvoll sein.
Mit Veröffentlichung des neuen BMF Schreibens im Juli 2018 folgt die deutsche Finanzverwaltung nun den OECD Grundsätzen und stellt explizit klar, dass die Beiträge anhand der Fremdvergleichspreise zu bewerten und die Pool-Teilnehmer auf Basis der zu erwartenden Vorteile zu vergüten sind. In dem knapp gehaltenen Schreiben werden hierbei abweichend zur OECD keine Ausnahmetatbestände erwähnt. Allerdings verweist es für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung durch Umlageverträge ohne Einschränkung auf die Grundsätze des Kapitels VIII der OECD Verrechnungspreisleitlinien 2017 und somit auch auf die oben beschriebene Ausnahme.
Anwendungszeitraum der neuen Regelungen
Die neuen Grundsätze zur steuerlichen Beurteilung von Umlageverträgen waren bereits für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2018 begonnen haben. Für Umlageverträge, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des BMF Schreibens bereits bestanden, gilt eine Übergangsfrist, die nun mit Ablauf des 31.12.2019 endet. Nur bis zum Ende der Übergangsfrist werden bestehende Umlageverträge daher noch nach dem alten BMF Schreiben vom 30.12.1999 gewürdigt (vgl. BMF Schreiben vom 05.07.2018, Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung durch Umlageverträge zwischen international verbundenen Unternehmen).
Dokumentation
Die im bisherigen BMF Schreiben zu Umlageverträgen enthaltenen, ausführlichen Dokumentationsanforderungen sind ebenfalls aufgehoben. Die Dokumentationsanforderungen aufgrund des neuen Konzeptes dürften nun jedoch insbesondere hinsichtlich der Wertermittlung komplexer werden. In den aktuellen OECD Verrechnungspreisleitlinien sind entsprechende Hinweise enthalten (vgl. Tz. 8.50 ff. OECD Verrechnungspreisleitlinien 2017).
Handlungsbedarf
Mit der Änderung der steuerlichen Beurteilung von Umlageverträgen besteht nun in vielen Fällen eine wesentlich größere Komplexität im Rahmen der angemessenen Bepreisung und Dokumentation. Insbesondere bei bestehenden Umlageverträgen besteht dringender Handlungsbedarf, um diese vor Ablauf der Übergangsfrist zu prüfen und gegebenenfalls in Einklang mit den neuen Bestimmungen zu bringen.
Fundstellen
BMF, Schreiben vom 30.12.1999, IV B4 – S 1341 – 14/99, Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung durch Umlageverträge zwischen international verbundenen Unternehmen, BStBl. I 1999, S. 1122.
BMF, Schreiben vom 05.07.2018, IV B5 – S 1341/0 :003, Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung durch Umlageverträge zwischen international verbundenen Unternehmen, BStBl. I 2018, S. 743.
OECD, OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen 2017, OECD Publishing, Paris, 2018.
Weitere Beiträge zum Thema
Deloitte: Aufhebung Schreiben zu Umlageverträgen (Pools) vom 09.07.2018, siehe Deloitte Tax-News
