BMF: Vergütungen für die zeitlich befristete Überlassung sowie Veräußerung von in einem inländische öffentlichen Buch oder Register eingetragenen Rechten
Aktuell:
BMF-Schreiben vom 29.06.2022: Das BMF-Schreiben sieht eine Verlängerung des "vereinfachten Verfahrens" (um weitere 12 Monate) bis zum 30.06.2023 vor (siehe Deloitte Tax News).
BMF-Schreiben vom 14.07.2021: Das BMF-Schreiben erweitert die im BMF-Schreiben vom 11.02.2021 vorgesehene Verfahrensvereinfachung, nämlich den Verzicht auf die (nachträgliche) Anmeldung und Abführung von Abzugsteuern auf Lizenzzahlungen, auf Lizenzzahlungen, die nach dem 30.09.2021 aber vor dem 01.07.2022 zufließen. Für diese Verfahrensvereinfachung gelten die im BMF-Schreiben vom 11.02.2021 festgelegten Voraussetzungen. Allerdings ist das BMF-Schreiben vom 11.02.2021 für diese Vergütungen ebenso für sämtliche Vergütungen, die vor dem 30.09.2021 zugeflossen sind, mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Antrag auf Freistellung vom Steuerabzug analog § 50d Abs. 2 S. 1 EStG (§ 50c Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG nach dem Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz vom 09.06.2021, siehe Deloitte Tax News) bis zum 30.06.2022 beim Bundeszentralamt für Steuern zu stellen ist.
Praxishinweise:
- Es ist aktuell nicht zu erwarten, dass eine weitere Verlängerung der o.g. Verfahrensvereinfachung gewährt wird. Aufgrund der Komplexität der Projekte ist - nach wie vor - ein zeitnaher Start etwa erforderlicher Projekte empfehlenswert.
- Darüberhinaus ist zu beachten, dass sich die Entlastungsberechtigung aufgrund der gesetzlichen Neufassung des § 50d Abs. 3 EStG i.d.F. des Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetzes vom 09.06.2021 geändert haben könnte.
BMF-Schreiben vom 11.02.2021:
Unter Bezug auf ein BMF-Schreiben vom 06.11.2020 hat das BMF am 11.02.2021 ein weiteres Schreiben veröffentlicht, das Steuerpflichtigen, die unzweifelhaft DBA-berechtigt sind, in Registerfällen (also nicht Verwertungsfällen) einige Erleichterungen verfahrensrechtlicher Natur bietet.
Zu dieser Thematik gibt es auch einen englischsprachigen Beitrag.
Hintergrund
Einkünfte aus der Überlassung (Lizenzen) und Gewinne aus der Veräußerung von bestimmten Rechten unterliegen in Deutschland der beschränkten Steuerpflicht, soweit diese auf Rechte entfallen, die in einer inländischen Betriebsstätte verwertet oder in einem deutschen öffentlichen Buch oder Register eingetragen sind. Mit einem Schreiben vom 06.11.2020 (siehe Deloitte Tax-News) hat das BMF betont, dass dem Gesetzeswortlaut nach die beschränkte Steuerpflicht bei Rechteüberlassungen nicht voraussetzt, dass der Vergütungsschuldner in Deutschland ansässig ist und dass die bloße Eintragung in ein deutsches öffentliches Buch oder Register als Nexus ausreichend ist. Unter den Stichworten „Registerfälle“ oder den Begriffen „ETT (Extraterritorial Tax)“ bzw. „ORIP (Offshore Receipts in respect of Intangible Property)“ hat diese Regelung für erheblichen Wirbel gesorgt. Für Lizenzerträge war hier insbesondere die Regelungslage des § 50a EStG i.V.m. § 50d EStG Gegenstand der Diskussion, weil grundsätzlich der Vergütungsschuldner Quellensteuer auf Lizenzzahlungen auch dann einbehalten muss, wenn der Vergütungsgläubiger DBA-berechtigt ist und nach dem DBA Deutschland kein Besteuerungsrecht hat. Vergünstigungen nach einem anwendbaren DBA können im Abzugsverfahren nur berücksichtigt werden, wenn vor der Zahlung eine Freistellungsbescheinigung beantragt und dem Abzugsverpflichteten vorgelegt wird.
Verwaltungsanweisung (BMF-Schreiben vom 11.02.2021)
Unter Bezug auf das BMF-Schreiben vom 06.11.2020 hat das BMF nun unter dem Datum vom 11.02.2021 ein weiteres Schreiben veröffentlicht, das Steuerpflichtigen, die unzweifelhaft DBA-berechtigt sind, in Registerfällen (also nicht Verwertungsfällen) einige Erleichterungen verfahrensrechtlicher Natur bietet.
Lizenzzahlungen
Das BMF-Schreiben gewährt Steuerpflichtigen die Möglichkeit, auf die (nachträgliche) Anmeldung und Abführung von Abzugsteuern auf Lizenzzahlungen, die bis zum 30.09.2021 zufließen bzw. bereits zugeflossen sind, zu verzichten, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:
- Der Vergütungsschuldner war im Zeitpunkt der Zahlung nicht in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig
- Der Vergütungsgläubiger ist offenkundig DBA-berechtigt, d.h. ansässig in einem DBA-Staat, Empfänger der Vergütung und die Voraussetzungen für die Gewährung von Abkommensvorteilen (z.B. § 50d Abs. 3 EStG) sind erfüllt
- Der Vergütungsgläubiger oder in bestimmten Fällen der Vergütungsschuldner stellt bis zum 31.12.2021 einen Antrag auf Freistellung vom Steuerabzug beim BZSt (ggf. mit Kopie an das für 2013 zuständige lokale Finanzamt) und legt in diesem Antrag die Vertragsverhältnisse offen (einschließlich einer Übersetzung der wesentlichen Passagen der relevanten Vertragsteile in die deutsche Sprache)
- Die Vertragsverhältnisse, die für die Vergütung relevant sind, werden offengelegt
Wenn die DBA-Berechtigung zweifelhaft ist (insbesondere bei hybriden oder doppelt ansässigen Gesellschaften oder anderen Qualifikationskonflikten), steht der beschriebene Weg nicht zur Verfügung und es müssen regulär Steueranmeldungen abgegeben werden. Unklar ist, wie die „zweifelhaften“ Fälle abzugrenzen sind von den Fällen, in denen die beantragte Freistellungsbescheinigung nicht erteilt wird; in diesen Fällen ist innerhalb eines Monats nach Ablehnung des Antrags die Steueranmeldung nachzuholen.
Für Lizenzvergütungen, die nach dem 30.09.2021 zufließen, gilt in jedem Fall das normale Verfahren, sodass vorab Freistellungsbescheinigungen einzuholen sind.
Sofern eine Bemessungsgrundlage zu ermitteln ist, vertritt das BMF die Auffassung, dass nur eine sachgerechte Aufteilung der Gesamtvergütung (Top-Down-Ansatz) den auf die deutschen Rechte entfallenden Anteil einer Gesamtvergütung zutreffend abbildet. Andere Methode, insbesondere die als bottom-up-Ansatz bezeichnete Ermittlung fremdüblicher Lizenzvergütungen für die in Frage stehenden Rechte oder kostenbasierte Ansätze werden abgelehnt. Insoweit ist zu empfehlen, die Steueranmeldungen mit einer Offenlegung der Berechnungsgrundlagen für diesen Top-Down-Ansatz vorzunehmen, allerdings sind Steuerpflichtige dabei nicht verpflichtet, sich dieser Auffassung anzuschließen.
Veräußerung von Rechten
Bei der Veräußerung von Rechten verlangt das BMF-Schreiben auch dann die Abgabe einer Steuererklärung wenn der Veräußerer klar DBA-berechtigt ist. In diesem Fall wird aber die Abgabe einer Null-Erklärung in Papierform akzeptiert, sofern wiederum bis zum 30.09.2021 beim zuständigen Finanzamt die Erklärung nebst Offenlegung des Sachverhalts und der vertraglichen Grundlagen abgegeben wird. Die Forderung nach Abgabe einer Steuererklärung auch bei klarer DBA-Berechtigung und ohne deutsches Besteuerungsrecht geht über die bisherige Praxis in vergleichbaren Fällen hinaus und erscheint daher fragwürdig. Hinzuweisen ist, dass in diesen Fällen § 50d Abs. 3 EStG nicht gilt; allerdings könnten abkommensrechtlichen Klauseln wie Art. 28 DBA-USA zu beachten sein.
Empfehlung
Steuerpflichtige, die von den Vorschriften zur beschränkten Steuerpflicht von Lizenzzahlungen oder Rechteübertragungen betroffen sind, sollten ihren Sachverhalt gründlich analysieren und eine Offenlegung / Antragstellung nach Maßgabe des BMF-Schreibens vorbereiten. Insbesondere in Fällen, in denen die DBA-Berechtigung nicht absolut eindeutig erscheint, sollte das Vorgehen sorgfältig geplant werden, da die Ein-Monats-Frist für die Abgabe von Steueranmeldungen nach einer möglichen Ablehnung des Antrags auf Freistellungsbescheinigung im vereinfachten Verfahren sehr kurz bemessen ist. Sind Bemessungsgrundlagen zu ermitteln und Steueranmeldungen bzw. –erklärungen abzugeben, ist eine sorgfältige Ermittlung der Bemessungsgrundlage unter Berücksichtigung der konkreten Situation (z.B. Art und Nutzung der registrierten Rechte) erforderlich.
Fundstellen
Bundesfinanzministerium, Schreiben vom 29.06.2022, IV B 8 - S 2300/19/10016 :009
Bundesfinanzministerium, Schreiben vom 14.07.2021, IV B 8 - S 2300/19/10016 :007
Bundesfinanzministerium, Schreiben vom 11.02.2021, IV B 8 -S 2300/19/10016
Weitere Fundstelle
Bundesfinanzministerium, Schreiben vom 06.11.2020, IV C 5 -S 2300/19/10016 :006, siehe Deloitte Tax News