Bundesrat: Gesetzesinitiative der Länder zur Vereinfachung des Steuerrechts
Nachdem mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 bereits eine Vereinfachung des Steuerrechts vorgenommen wurde, sollen mit dem von einigen Bundesländern vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des Steuerrechts (StVereinfG 2013) weitere Schritte in Richtung Steuervereinfachung unternommen werden.
Hintergrund
Die Finanzminister der Länder haben anlässlich ihrer Jahreskonferenz am 01.06.2012 die Notwendigkeit zur Fortsetzung des Vereinfachungsprozesses bekräftigt und die Länder Hessen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Bremen gebeten, auf der Basis der in der Finanzministerkonferenz mehrheitlich angenommenen „Elf Vorschläge für gesetzliche Änderungen zur Steuervereinfachung und zur Entlastung der Steuerverwaltung“ (siehe Deloitte Tax-News) einen Gesetzentwurf für eine Bundesratsinitiative vorzubereiten und auf die Einleitung eines Gesetzgebungsverfahrens hinzuwirken. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sind die Länder dieser Bitte nachgekommen. Der Gesetzentwurf soll im Rahmen der Bundesratssitzung am 23.11.2012 offiziell in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden.
Vorgeschlagene Regelungen
Der Entwurf enthält folgende Gesetzesänderungen:
Begrenzung steuerfreier Arbeitgeberleistungen für die Betreuung nicht schulpflichtiger Kinder und des Sonderausgabenabzug von Betreuungskosten
Derzeit sind Leistungen des Arbeitgebers für die Betreuung nicht schulpflichtiger Kinder des Arbeitnehmers steuerfrei, soweit sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden. Hier ist eine Begrenzung geplant. Die Steuerbefreiung soll auf Leistungen des Arbeitgebers für die Unterbringung und Betreuung nicht schulpflichtiger Kinder und auf 2/3 der Leistungen des Arbeitgebers, höchstens 4.000 Euro je Kind, begrenzt werden. Erbringt der Arbeitgeber Sachleistungen zur Kinderbetreuung, z. B. durch einen betriebseigenen Kindergarten, wird aus Vereinfachungsgründen unterstellt, dass die Begrenzung der Steuerfreiheit (4.000 Euro) nicht überschritten wird. Steuerfrei ist somit der volle Wert der Sachleistung. Die Änderung ist erstmals auf Leistungen des Arbeitgebers im Kalenderjahr 2014 anzuwenden (§ 3 Nr. 33 EStG-E; § 52 Abs. 4c - neu - EStG-E).
Als Folgeänderung zur Vermeidung einer Doppelbegünstigung durch steuerfreie Arbeitgeberleistungen und Sonderausgabenabzug eigener Betreuungskosten der Eltern für ein und dasselbe Kind, sind von den Eltern gezahlte Kinderbetreuungskosten „soweit“ abzugsfähig, als der Höchstbetrag von den 4.000 Euro noch nicht durch steuerfreie Arbeitgeberleistungen erreicht ist. Bei Betriebskindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen (§ 3 Nr. 33 Satz 2 EStG-E) gilt als Arbeitgeberleistung ein ab dem Kalenderjahr 2014 vom Arbeitgeber in der Lohnsteuerbescheinigung zu bescheinigender monatlicher Betrag von 333 Euro (Höchstbetrag 4.000 Euro/12 Monate, § 41b Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 -neu- EStG-E), um eine Bewertung der (steuerfreien) Sachleistungen zu vermeiden (§ 10 Absatz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG-E).
Aufhebung der Sonderbehandlung für Carried Interest
Die Sonderbehandlung des Carried Interest gegenüber anderen Tätigkeits- und Geschäftsführervergütungen soll aufgehoben werden. Dies geschieht durch Streichung des § 3 Nr. 40a EStG, der bislang die 40%-ige Steuerbefreiung für Carried Interest regelt. Korrespondierend zu dieser Änderung wird die Begrenzung der damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen auf 60 % (in § 3c Abs. 2 S. 1 EStG) aufgehoben. Die bisherige Regelung gilt letztmals für den VZ 2012 (§ 52 Abs. 4f - neu - Satz 3 EStG-E).
Durch eine weiter gefasste Formulierung des § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG soll klargestellt werden, dass auch Vergütungen, die an Initiatoren von als gewerblich einzustufenden Fonds geleistet werden sowie Vergütungen, die nicht an die Rückzahlung des Anlegerkapitals geknüpft sind, steuerlich gleichbehandelt werden mit dem Carried Interest aus vermögensverwaltenden Fonds.
Arbeitszimmer-Pauschbetrag
Nach der Anpassung des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b EStG im Jahressteuergesetz 2010 (siehe Deloitte Tax-News) an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 06.07.2010, 2 BvL 13/09) können auch solche Steuerpflichtige die Kosten eines Arbeitszimmers wieder bis zum Höchstbetrag von 1.250 Euro als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehen, denen kein anderer Arbeitsplatz für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit zur Verfügung steht (z. B. Lehrer). Für die bislang unter den Höchstbetrag fallenden Steuerpflichtigen wird mit der Einführung eines Arbeitszimmer-Pauschbetrags in Höhe von 100 Euro je Monat der beruflichen/betrieblichen Nutzung der typischerweise entstehende Aufwand eines durchschnittlichen häuslichen Arbeitszimmers ohne Einzelnachweis berücksichtigt. Die Abgeltungswirkung des Pauschbetrags tritt an die Stelle des heutigen Abzugshöchstbetrags.
Systematisch stellt sich die Neuregelung wie folgt dar:
- § 4 Absatz 5 Satz 1 Nr. 6b EStG-E enthält das Abzugsverbot für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, wenn dieses nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung darstellt.
- Der neue Satz 4 in Absatz 5 lässt den Betriebsausgabenabzug in pauschalierter Höhe von 100 Euro pro Monat zu, wenn
- das häusliche Arbeitszimmer zwar nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung darstellt, aber für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht oder
- die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, das den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung darstellt, diesen Pauschbetrag unterschreiten.
Über eine Änderung des § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG soll diese Regelung auch für Aufwendungen eines Arbeitnehmers für sein häusliches Arbeitszimmer gelten. Die Änderung soll erstmals ab dem VZ 2014 gelten (§ 52 Abs. 12 Satz 12 - neu - EStG-E).
Steuerfreie Sachbezüge
Absenkung der 44 Euro-Grenze/Monat für die Steuerfreiheit bestimmter Sachbezügen (§ 8 Abs. 2 Satz 9 EStG) auf 20 Euro/Monat. Die Neuregelung soll erstmals ab dem VZ 2014 gelten (§ 52 Abs. 23c EStG-E).
Erhöhung des AN-Pauschbetrags
Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags um 130 Euro auf 1.130 Euro. Die Änderung soll erstmals für den laufenden Arbeitslohn, der für einen nach dem 31.12.2013 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird und auf sonstige Bezüge, die nach dem 31.12.2013 zufließen sowie für den VZ 2014 gelten (§ 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG-E; § 52 Abs. 23e Satz 4 EStG-E).
Vereinfachung des § 15a EStG
Der Gesetzentwurf sieht im Wesentlichen eine Einbeziehung des Sonderbetriebsvermögens in die Ermittlung des Kapitalkontos sowie die Abschaffung der mit dem sogenannten erweiterten Verlustausgleich bei überschießendender Außenhaftung im Zusammenhang stehenden Regelungen vor und soll damit zu einer wesentlichen Vereinfachung der Regelung beitragen. Die Änderung soll erstmals für den VZ 2013 anzuwenden sein; Bei abweichendem Wirtschaftsjahr soll § 15a EStG-E erstmals für das Wirtschaftsjahr anzuwenden sein, das nach dem 31.12.2012 beginnt (§ 15a Abs. 1, 2, 3, 5 EStG-E; § 52 Abs. 33 Sätze 7 - 9 - neu - EStG-E).
Abzug von Pflegekosten
Aufwendungen für die Unterbringung in einem Heim können als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden, soweit sie auf Pflegeleistungen entfallen. Sie können aus den Abrechnungen der Heimbetreiber direkt in die Steuererklärung übernommen werden. Verpflegungskosten können nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Kosten der Unterkunft sollen nach dem Gesetzentwurf auch dann als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können, wenn es sich um eine vorübergehende Unterbringung in einem Heim bis zu einem Zeitraum von sechs Monaten handelt und entweder eine Kurzzeitpflege vorliegt oder es sich um eine Übergangszeit im Anschluss an eine stationäre Behandlung, in der die häusliche Versorgung nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden kann, handelt (§ 33 EStG-E).
Unterhaltsleistungen an bedürftige Personen
Die Verifikation des steuerlichen Abzugs von Unterhaltsleistungen in das Ausland soll einfacher und weniger anfällig für Umgehungen werden, indem
- die Unterhaltsverpflichtung gegenüber nach inländischen Maßstäben unterhaltsberechtigten Angehörigen durch einen vollstreckbaren Titel (z. B. Gerichtsurteil oder Rückgriffsbescheide von Behörden) dem Grunde und der Höhe nach nachzuweisen ist und
- nur unbare Zahlungen berücksichtigt werden (wie auch bei der Steuerermäßigung nach § 35a EStG und dem Abzug von Kinderbetreuungskosten).
Dies gilt nicht für Angehörige mit Wohnsitz in EU/EWR-Staaten, denn hier ermöglichen bereits die besonderen Mitwirkungspflichten aus der EU-Amtshilferichtlinie eine hinreichende Verifikation der Auslandsachverhalte. Den Angehörigen mit Wohnsitz in einem EU-/EWR-Staat gleichgestellt sind Angehörige mit einem Wohnsitz außerhalb dieses Staates, wenn sie nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung als in einem EU-/EWR-Staat als ansässig gelten (§ 33a Abs. 1 Satz 8 -neu- EStG-E).
Behinderten Pauschbetrag
Künftig wird der Geltungsbereich des Behinderten-Pauschbetrags auf sämtliche krankheits- oder behinderungsbedingten Aufwendungen ausgedehnt und die Pauschbeträge angehoben. Soweit tatsächlich höhere Aufwendungen angefallen sind, können diese insgesamt per Einzelnachweis nach § 33 EStG berücksichtigt werden. Die Änderung soll erstmals ab dem VZ 2014 gelten (§ 33b EStG-E; § 52 Abs. 45 - neu - EStG).
Haushaltsnahe Dienstleistungen
Die Steuerermäßigung für Haushaltsnahe Dienstleistungen wird nur noch gewährt, soweit die dafür anfallenden Aufwendungen des Steuerpflichtigen 300 Euro übersteigen. Diese Beschränkung soll erstmals für Leistungen nach dem 31.12.2012 Anwendung finden (§ 35a Abs. 3 Satz 1 EStG-E; § 52 Abs. 50b Satz 8 - neu - EStG-E).
Geltungszeitraum Freibeträge im Lohnsteuerabzugsverfahren
Der Abzug eines im Lohnsteuerabzugsverfahren zu berücksichtigen Freibetrags soll auf Antrag des Steuerpflichtigen für zwei anstatt nur ein Jahr gelten. Dies soll erstmals für den Lohnsteuerabzug 2014 anzuwenden sein (§ 39a Abs. 1 Satz 2 EStG; § 52 Abs. 50h EStG-E).
Fundstelle
Bundesrat, Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Vereinfachung des Steuerrechts 2013 (StVereinfG 2013), BR-Drs. 684/12