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05.08.2013
Indirekte Steuern/Zoll

FG München: Keine Umsatzbesteuerung einer Ausgleichszahlung bei vorzeitiger Beendigung eines Dienstleistungsvertrags

Echte Schadensersatzzahlungen unterliegen aufgrund des fehlenden unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Leistung und Gegenleistung nicht der Umsatzsteuer. Sie stellen keine Leistung im Sinne des Umsatzsteuerrechts dar. Im Urteilsfall hatte das FG München darüber zu entscheiden, ob die für die vorzeitige Beendigung eines Dienstvertrags gezahlte Vergleichszahlung als eine Art Verzichtsleistung der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen ist.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Kapitalgesellschaft, erbrachte IT-Dienstleistungen gegenüber anderen Unternehmen. In einem IT-Dienstleistungsvertrag aus dem Jahr 1998 hat sich die Klägerin zur Erbringung von IT-Dienstleistungen gegenüber einem Kunden gegen Zahlung eines Entgelts verpflichtet. Der Vertrag sah zunächst eine Mindestlaufzeit von drei Jahren vor. Er konnte unter Wahrung einer Kündigungsfrist von neun Monaten zum Jahresende gekündigt werden. Erfolgte keine Kündigung des Vertrages, verlängerte sich dieser automatisch um jeweils ein Jahr.

Im Oktober 2002 kündigte der Kunde den IT-Dienstleistungsvertrag zum Ablauf des 31.12.2003. Gleichzeitig erklärte dieser, dass er bereits mit Ablauf des 31.12.2002 keine Dienstleistungen der Klägerin mehr in Anspruch nehmen werde. Weiter gehe er davon aus, dass für das Jahr 2003 aufgrund der nicht in Anspruch genommenen IT-Dienstleistungen keine abzurechnenden Kosten entstehen werden.

Daraufhin machte die Klägerin gegenüber ihrem Kunden Vergütung, Aufwendungs- und Schadensersatzansprüche geltend.

In einem außergerichtlichen Vergleich vereinbarten Klägerin und Kunde, dass lediglich ein Teil der von der Klägerin zu erbringenden IT-Dienstleistungen von dem Kunden in Anspruch genommen werden sollen. Die Verträge für die „übrigen Dienstleistungen“ wurden gegen Zahlung eines Vergleichsbetrages bereits mit Ablauf des 31.12.2002 beendet.

Sowohl Klägerin als auch Kunde waren sich darüber einig, dass die Zahlung der Vergleichssumme nicht der Umsatzbesteuerung unterliegt. Aus diesem Grund hat die Klägerin die entsprechende Vergleichszahlung nicht in ihrer Umsatzsteuererklärung der Umsatzsteuer unterworfen.

Das Finanzamt ist jedoch der Ansicht, dass die Vergleichszahlung umsatzsteuerpflichtig ist und erhöhte entsprechend die Umsatzsteuer.

Hiergegen wendet sich die vorliegende Klage.

Entscheidung

Das FG München gab der Klage statt.

Nach der Auffassung des FG München stellt die teilweise Beendigung des IT-Dienstleistungsvertrags durch die Klägerin keine Leistung der Klägerin dar und sei aus diesem Grund auch nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Zwischen der Leistung und dem erhaltenen Gegenwert muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Die tatsächlich gezahlten Beträge müssen dabei die Gegenleistung für das Erbringen einer bestimmbaren Leistung darstellen.

„Echte“ Schadensersatzleistungen sind im Umsatzsteuerrecht jedoch nicht als Entgelt für eine bestimmte Leistung anzusehen. Wenn eine Zahlung nicht für das Erbringen einer Leistung erfolgt, sondern die Zahlung für den Schaden und seine Folgen aufgrund gesetzlicher Regelungen oder aufgrund vertraglicher Bestimmungen geschuldet wird, unterliegt diese nicht der Umsatzsteuer.

Nach Auffassung des FG Münchens erbringt die Klägerin aufgrund der vorzeitigen Beendigung des IT-Dienstleistungsvertrags mit Vereinbarung einer Vergleichszahlung keine Leistung gegenüber ihrem Kunden. Sie habe aufgrund der vertraglichen Regelungen nicht das Recht sondern die Pflicht gehabt, Leistungen gegenüber ihrem Kunden zu erbringen. Somit verzichte die Klägerin durch Beendigung des IT-Dienstleistungsvertrags auf das volle während der Laufzeit des Vertrags vereinbarte Entgelt für ihre Leistungen. Der bloße Verzicht auf Vergütung stelle aber keine Leistung im Sinne des Mehrwertsteuersystems dar.

Das FG München hat die Revision gegen dieses Urteil zugelassen. Diese ist beim BFH unter dem Az. V R 22/13 anhängig.

Anmerkungen

Mit diesem Urteil stellt sich der 3. Senat des FG München gegen die Rechtsprechung des BFH (BFH-Beschlüsse v. 26.03.1998 XI B 73/79, BFH/NV 1998, 1381; BFH v. 29.07.2009 V B 156/08, BFH/NV 2010,238; BFH v. 23.01.2002 V B 161/01, BFH /NV 2002,553). Der BFH geht, entgegen der Ansicht des FG Münchens, bei der Beendigung eines Dienstleistungsvertrags gegen Zahlung eines Geldbetrags von einer Verzichtsleistung des leistenden Unternehmers an den Leistungsempfänger aus, die der Umsatzsteuer zu unterwerfen ist.

Betroffene Normen 
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG

Fundstelle
Finanzgericht München, Urteil vom 20.02.2013, 3 K 1620/12, BFH-anhängig: V R 22/13

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