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05.02.2010
Internationales Steuerrecht

BFH: Freistellung der Einkünfte leitender Angestellter von schweizerischen Kapitalgesellschaften aus Tätigkeiten außerhalb der Schweiz

Sachverhalt

Der Kläger war Geschäftsführer einer Schweizer AG, der K-AG mit Sitz in der Schweiz. Sein Lebensmittelpunkt befand sich in Deutschland. Gleichzeitig unterhielt er in den Streitjahren eine Wohnung in der Schweiz. Der Kläger wurde in den Streitjahren mit seinen gesamten Einkünften aus der Tätigkeit als Geschäftsführer in der Schweiz besteuert. 

In einer Besprechung vom 21.10.2003 verständigte der Kläger sich mit dem Vorsteher des Finanzamts wegen der umfangreichen Reisetätigkeit des Klägers in Drittstaaten in tatsächlicher Hinsicht darauf, dass bei insgesamt 250 Arbeitstagen in den Streitjahren jeweils 80 Nichtrückkehrtage i.S. des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 des DBAs-Schweiz vorlagen. 

Das Finanzamt bezog die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit als Geschäftsführer der K-AG mit dem auf die Tätigkeit in Drittstaaten entfallenden Anteil, für die es entsprechend der tatsächlichen Verständigung 80 Tage ansetzte, in die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer ein. Der Einspruch blieb erfolglos. 

Der hiergegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht Baden-Württemberg statt.

Entscheidung

Der BFH hat die Revision des Finanzamtes als unbegründet zurückgewiesen und seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, wonach die Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der schweizerischen Kapitalgesellschaft auch insoweit von der Besteuerung freizustellen waren, als sie auf Tätigkeiten in Drittstaaten entfielen. 

Nach Art. 15 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz können vorbehaltlich des Art. 15a DBA-Schweiz die Einkünfte einer in Deutschland ansässigen Person aus einer Tätigkeit als Vorstandsmitglied, Direktor, Geschäftsführer oder Prokurist einer in der Schweiz ansässigen Kapitalgesellschaft in der Schweiz besteuert werden, sofern die Tätigkeit nicht so abgegrenzt ist, dass sie lediglich Aufgaben außerhalb der Schweiz umfasst. Der Kläger war nicht als Grenzgänger i.S. des Art. 15a DBA-Schweiz anzusehen, da er in den Streitjahren jeweils an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnsitz zurückgekehrt ist. Dies ergibt sich aus der tatsächlichen Verständigung zwischen dem Kläger und dem Finanzamt, nach der in den Streitjahren infolge der vom Kläger unternommenen Reisen in Drittstaaten jeweils 80 Nichtrückkehrtage vorgelegen haben. 

Unstrittig war demnach, dass das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus der Tätigkeit als Geschäftsführer auf Grund der Tätigkeitsortfiktion nach Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz der Schweiz als Sitzstaat der Arbeitgeberin zustand und diese es auch ausgeübt hat. 

Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass die Tätigkeitsortfiktion des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz nicht im Rahmen des Methodenartikels anzuwenden ist und daher nur diejenigen Einkunftsbestandteile, die auf die tatsächliche Tätigkeit in der Schweiz entfallen, von der Besteuerung freizustellen sind. Die auf die Tätigkeit in Drittsaaten entfallenden anteiligen Einkünfte würden dann der Besteuerung in Deutschland unterworfen werden können. 

Dieser Auffassung hat der BFH mit vorliegendem Urteil eine Absage erteilt und hält damit an seiner Entscheidung vom 25.10.2006, Az. I R 81/04 fest, wonach die in Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz enthaltene Fiktion des Tätigkeitsortes auch bei der Auslegung des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d DBA-Schweiz zu berücksichtigen ist. Die Tätigkeit eines in Deutschland ansässigen leitenden Angestellten für eine schweizerische Kapitalgesellschaft, die unter Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz fällt, wird damit auch insoweit i.S. des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d DBA-Schweiz "in der Schweiz ausgeübt", als sie tatsächlich außerhalb der Schweiz verrichtet wird. 

Zum einen erfordere der Sachzusammenhang und die systematische Verknüpfung zwischen Art. 15 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz 1992 und Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d DBA-Schweiz 1992 nach Ansicht des BFH, dass die Fiktion des Tätigkeitsortes hier wie dort gleichermaßen einschlägig ist. 

Zum anderen trägt das einheitliche Verständnis des Tätigkeitsortes dem Bedürfnis Rechnung, für die Anwendung der Freistellungsmethode auf die Einkünfte leitender Angestellter von Kapitalgesellschaften eine praktikable Regelung zu schaffen und Nachweisprobleme zu vermeiden. Denn die Tätigkeit dieses Personenkreises ist häufig durch eine umfangreiche Reisetätigkeit geprägt. Hinge die Reichweite der Freistellung von der tatsächlichen Verrichtung der Tätigkeit in der Schweiz ab, so müsste der leitende Angestellte hierfür taggenaue Aufzeichnungen über seine Tätigkeit führen, die für die Zuweisung des Besteuerungsrechts nach Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz nicht erforderlich sind. 

Die Anwendung der in Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz enthaltenen Tätigkeitsortfiktion bei der Auslegung des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d DBA-Schweiz, steht nach Ansicht des BFH nicht im Widerspruch dazu, dass der Senat für die Regelung des Art. 15 Abs. 3 DBA-Schweiz eine solche Fiktion abgelehnt und für Einkünfte aus der Tätigkeit an Bord eines Schiffes oder Luftfahrzeugs die Anrechnungsmethode angenommen hat, soweit die Tätigkeiten tatsächlich außerhalb der Schweiz ausgeübt werden. Eine unterschiedliche Beurteilung ist dadurch gerechtfertigt, dass Art. 15 Abs. 3 DBA-Schweiz für die Zuordnung des Besteuerungsrechts ausschließlich an den Ort der Geschäftsleitung des Unternehmens anknüpft. Ein Bezug zu der tatsächlichen Verrichtung der Tätigkeit fehlt und die Tätigkeit des Arbeitnehmers ist in seinem Anwendungsbereich in aller Regel auch nicht geschäftsleitender Natur. Hieraus ergibt sich zugleich, dass die in Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d DBA-Schweiz vorgesehene Beschränkung der Freistellung auf die Einkünfte aus der in der Schweiz ausgeübten Arbeit bei einer Berücksichtigung der Fiktion des Tätigkeitsortes in den Fällen des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz nicht leer läuft, da sie jedenfalls für die Freistellung der Einkünfte aus der Tätigkeit an Bord eines Schiffes oder Luftfahrzeugs nach Art. 15 Abs. 3 DBA-Schweiz ihre Bedeutung behält.

Vorinstanz

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 01.04.2008, Az. 11 K 138/05, EFG 2009, S. 385.

Fundstelle

BFH-Urteil vom 11.11.2009, Az. I R 83/08.

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