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14.05.2010
Unternehmensteuer

BFH: Verlustrücktrag aus einem verjährten Verlustentstehungsjahr in ein offenes Rücktragsjahr möglich

Sachverhalt

Der Kläger beriet im Streitjahr (1995) als Rechtsanwalt eine GmbH. Im Streitjahr kam es zum Zerwürfnis und es sollten im Rahmen einer Gesamtlösung gegenseitige Forderungen abgegolten werden. Zu diesem Zweck erhielt der Kläger von der GmbH im Streitjahr "vorbehaltlich des Zustandekommens der besprochenen Vereinbarung" einen Scheck, den er im Streitjahr einlöste. Die Vereinbarung kam indes nicht zustande, so dass die GmbH den Betrag im Oktober des Streitjahres zurückforderte. Der Kläger zahlte den Betrag jedoch erst in 1996 zurück und erklärte für das Streitjahr Einkünfte aus seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt ohne Berücksichtigung des von der GmbH erhaltenen Betrags. Im Zuge einer Außenprüfung wurde festgestellt, dass der Kläger, der seinen Gewinn im Streitjahr durch Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG i.d.F. des Streitjahres ermittelte, den Betrag als durchlaufenden Posten behandelt hatte. Diese Auffassung teilte das Finanzamt nicht und behandelte den Zugang in einem Änderungsbescheid als gewinnerhöhende Einnahme. Der Kläger beanspruchte für diesen Fall, dass der im Jahr 1996 an die GmbH zurückgezahlte Betrag im Wege des Verlustrücktrags nach § 10d Abs. 1 EStG in das Streitjahr zurückzutragen sei. Dem Verlustrücktrag stehe die Festsetzungsverjährung des Veranlagungszeitraums 1996 nicht entgegen.

Entscheidung

Nach § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG sind Verluste, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden und soweit ein Abzug vom Gesamtbetrag der Einkünfte des zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraums wegen Festsetzungsverjährung nicht möglich ist, wie Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte des ersten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraum abzuziehen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Verlustrücktrag scheitert im Streitjahr nicht daran, dass für den Veranlagungszeitraum der Verlustentstehung (1996) bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Der Verlustrücktrag ist unabhängig von dem in der Steuerfestsetzung des Verlustentstehungsjahres ausgewiesenen Gesamtbetrags der Einkünfte nach § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG in zutreffender Höhe durchzuführen. Denn über Grund und Höhe des rücktragbaren Verlusts wird nicht im Entstehungsjahr, sondern in dem Jahr entschieden, in dem sich der Verlustrücktrag steuerrechtlich auswirkt. Deshalb steht einem Verlustrücktrag die Bestandskraft der Steuerfestsetzung für das Verlustentstehungsjahr ebenso wenig entgegen wie die Festsetzungsverjährung dieses Jahres. Die Bestandskraft erfasst nur den festgesetzten Steuerbetrag, nicht indes die Besteuerungsgrundlagen. Dasselbe gilt für die Verjährung. Nach § 47 AO erlischt durch Verjährung der Steueranspruch. Das ist hier die im Verlustentstehungsjahr festgesetzte Einkommensteuer. Demgegenüber bilden die "Verluste, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden" nur eine Ausgangsgröße für die Ermittlung des in anderen Veranlagungszeiträumen wirksam werdenden Verlustabzugs.

Vorinstanz

Finanzgericht Münster, Urteil vom 12.09.2008, Az. 6 K 676/04 E, EFG 2009, S. 466 / Zusammenfassung in den Deloitte Tax-News.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 27.01.2010, IX R 59/08, BStBl II 2010, S. 1009

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