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06.07.2012
Unternehmensteuer

BFH: Zeitgleiche Verschmelzung und Anteilsveräußerung

Eine Veräußerung innerhalb von fünf Jahren nach dem Vermögensübergang bzw. der Umwandlung (§ 18 Abs. 4 S. 1 UmwStG 1995 - jetzt § 18 Abs. 3 S. 1 UmwStG 2006) liegt auch dann vor, wenn ein Verschmelzungsvertrag und ein Vertrag über die Veräußerung eines Anteils an der aufnehmenden Personengesellschaft den Zeitpunkt des Vermögensübergangs bzw. der Umwandlung und der Veräußerung einheitlich bestimmen.

Sachverhalt

Klägerin und Revisionsbeklagte ist die X-GmbH & Co. KG (KG), deren alleiniger Kommanditist A war. Die KG war alleinige Anteilseignerin der A-GmbH. Mit Unternehmenskaufvertrag vom 26.11.1998 veräußerte A seine Beteiligung an der KG mit wirtschaftlicher Wirkung zum 31.12.1998. Ebenfalls zum 31.12.1998 wurde die A-GmbH als übertragender Rechtsträger auf die KG als übernehmender Rechtsträger verschmolzen.

Im Rahmen einer Außenprüfung sah der Prüfer die Voraussetzungen des gewerbesteuerlichen Sondertatbestands des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 (jetzt § 18 Abs. 3 S. 1 UmwStG 2006) als erfüllt an. Die Vorschrift setze u.a. voraus, dass ein Anteil an einer Personengesellschaft innerhalb von fünf Jahren nach deren Umwandlung veräußert werde. Im Streitfall sei die Veräußerung der Beteiligung an der KG insbesondere aufgrund der zeitlichen Abfolge der Übertragungsvorgänge und der vertraglichen Vereinbarungen - wie vom Gesetz vorausgesetzt - nach der Verschmelzung der A-GmbH auf die KG erfolgt. Bei der Berechnung des gewerbesteuerpflichtigen Veräußerungsgewinns ging der Prüfer davon aus, dass sich die Gewerbesteuerpflicht nur auf das im Wege der Verschmelzung auf die Personengesellschaft übergegangene Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft (A-GmbH) erstrecken könne.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ für die KG einen entsprechenden Gewerbesteuermessbescheid 1998. Den gegen diesen Bescheid eingelegten Einspruch der KG wies das Finanzamt als unbegründet zurück. Die Klage der KG hatte Erfolg. Das FG setzte den Gewerbesteuermessbetrag auf 0 DM fest.

Entscheidung

Zu Unrecht hat das FG im Streitfall das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 verneint.

Nach § 18 Abs. 4 S. 1 UmwStG 1995 (jetzt § 18 Abs. 3 S. 1 UmwStG 2006) unterliegen u.a. Gewinne der Gewerbesteuer, die im Falle der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft innerhalb von fünf Jahren nach dem Vermögensübergang aus der Veräußerung des Betriebs der Personengesellschaft erzielt werden. Entsprechendes gilt, wenn - wie im Streitfall - ein Anteil an der Personengesellschaft veräußert wird (§ 18 Abs. 4 S. 2 UmwStG 1995).

Der BFH sieht die Zweckbestimmung des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 darin, dass verhindert werden soll, dass die Gewerbesteuerpflicht der Kapitalgesellschaft dadurch unterlaufen wird, dass der Betrieb erst nach vollzogener Umwandlung von der Personengesellschaft veräußert oder aufgegeben und der hierbei erzielte Gewinn der Gewerbesteuer entzogen wird (BFH-Urteil vom 26.06.2007).

Der genannten Zielsetzung entspricht es, dass nach § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 nicht die im Zeitpunkt der Umwandlung im Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft ruhenden - historischen - stillen Reserven nachversteuert, sondern die aktuellen, im Zeitpunkt der Aufgabe bzw. Veräußerung beim übernehmenden Rechtsträger vorhandenen stillen Reserven der Gewerbesteuer unterworfen werden. Demgemäß ist in der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs durch die Personengesellschaft innerhalb der fünfjährigen Sperrfrist auch das auslösende Moment für den Anfall der Gewerbesteuerbelastung der Personengesellschaft zu sehen (BFH-Urteil vom 16.12.2009). Die Höhe des anzusetzenden Gewerbeertrags bestimmt sich mithin nicht nach den stillen Reserven zum Umwandlungsstichtag, sondern nach dem tatsächlich erzielten Veräußerungsgewinn oder Aufgabegewinn (BFH-Urteil vom 16.12.2009).

Nach diesen Maßstäben kommt es für die Frage, ob ein Veräußerungsgewinn nach § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 der Gewerbesteuer unterliegt, entscheidend darauf an, ob hierin (auch) stille Reserven enthalten sind, die nicht in den Buchwertansätzen solchen Betriebsvermögens ruhen, das bereits vor der Umwandlung (Verschmelzung) im Betrieb des aufnehmenden Rechtsträgers (hier KG) vorhanden war, sondern die -wenn auch nicht zu dem im Umwandlungsstichtag maßgeblichen Wert - dem von der Kapitalgesellschaft zur Personengesellschaft übergangenen Betriebsvermögen zuzuordnen sind. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn - wie hier - ein Verschmelzungsvertrag und der Vertrag über die Veräußerung eines Anteils an der aufnehmenden Personengesellschaft den Zeitpunkt des Vermögensübergangs und der Veräußerung einheitlich - hier auf den 31.12.1998, 24:00 Uhr - bestimmen. Deshalb ist auch in dieser Situation ein Veräußerungsgewinn insoweit der Gewerbesteuer zu unterwerfen, als er auf der Aufdeckung stiller Reserven beruht, die Wirtschaftsgütern der ehemaligen Kapitalgesellschaft zuzuordnen sind.

Zwar unterliegt ein Veräußerungsgewinn (nur) innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung der Gewerbesteuer. Für den Beginn dieser (Sperr-)Frist ist jedoch auf den steuerlichen Übertragungsstichtag (§ 2 Abs. 1 S. 1 UmwStG 1995) abzustellen. Aus der auch in § 2 Abs. 1 S. 1 UmwStG 1995 enthaltenen Formulierung "mit Ablauf des Stichtages der Bilanz" ergibt sich, dass der (fiktive) Vermögensübergang am Ende des maßgeblichen Stichtages erfolgen soll, auf den die Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers aufgestellt ist. Nicht maßgebend ist der Zeitpunkt des zivilrechtlichen Vermögensübergangs auf den übernehmenden Rechtsträger (Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister). Nach den Feststellungen des FG lag der Umwandlung die Verschmelzungsbilanz "der KG" zum 31.12.1998 zugrunde. Soweit sich hieraus schließen lässt, dass die (maßgebliche) Schlussbilanz der übertragenden A-GmbH zu diesem Stichtag erstellt worden ist, begann im Streitfall die Sperrfrist mit Ablauf des 31.12.1998. Verschmelzung und streitbefangene Veräußerung fielen folglich im Zeitpunkt des Beginns dieser Frist zusammen. Auch aus dem Wortlaut des § 18 Abs. 4 S. 1 UmwStG 1995 ist nicht ersichtlich, dass der Gewinn aus einer genau auf den Beginn der Sperrfrist fallenden Veräußerung i.S. dieser Vorschrift (noch) nicht der Gewerbesteuer unterliegen sollte.

Betroffene Norm
§ 18 Abs. 4 S. 1 UmwStG 1995 (jetzt § 18 Abs. 3 S. 1 UmwStG 2006)
Streitjahr 1998

Vorinstanz
Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 24.03.2009, 8 K 399/02, EFG 2009, S. 1885

Fundstelle
BFH, Urteil vom 26.04.2012, IV R 24/09, BStBl II 2012, S. 703

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 26.06.2007, IV R 58/06, BStBl II 2008, S. 73
BFH, Urteil vom 16.12.2009, IV R 22/08, BStBl II 2010, S. 736, siehe Deloitte Tax-News

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