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12.04.2013
Unternehmensteuer

BFH: Zuordnung der Anteile an einer Betriebsgesellschaft bei Vorliegen einer doppelten Betriebsaufspaltung

Die Zuordnung von Sonderbetriebsvermögen im Fall einer Bilanzierungskonkurrenz erfolgt an erster Stelle nach der zeitlichen Abfolge. Bei zeitgleicher Entstehung der Voraussetzungen als Sonderbetriebsvermögen hat die Zuordnung nach qualitativen Kriterien zu erfolgen – SBV I geht insoweit dem SBV II vor. Bei Vorliegen einer doppelten Betriebsaufspaltung kann die Zuordnung wie bei einer einfachen Betriebsaufspaltung erfolgen, sofern eine enge wirtschaftliche und räumliche Verbundenheit der beteiligten Gesellschaften dies zulässt.

Sachverhalt

Der Kläger war im Streitjahr 2002 Kommanditist der A-GmbH & Co. KG (Produktionsgesellschaft) sowie Gesellschafter der E-GmbH (Vertriebsgesellschaft) und der F Grundstücksverwaltungs GbR (Besitzgesellschaft). Es bestand eine (doppelte) Betriebsaufspaltung zwischen der Besitzgesellschaft und der Produktionsgesellschaft sowie der Besitzgesellschaft und der Vertriebsgesellschaft als Betriebsgesellschaft.

Im Jahr 2002 deklarierte die Produktionsgesellschaft eine Gewinnausschüttung der Vertriebsgesellschaft, da die Anteile an der Vertriebsgesellschaft Sonderbetriebsvermögen (SBV) bei ihr darstellten und die Ausschüttungen somit dort zu erfassen seien. Im Rahmen von Betriebsprüfungen bei der Produktions- und der Besitzgesellschaft erfasste der Prüfer die Anteile an der Vertriebsgesellschaft und die betreffenden Gewinnausschüttungen hingegen bei der Besitzgesellschaft. Die Anteile stellten (Sonder-)Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft dar; folglich seien auch die Ausschüttungen dort zu erfassen. Das Finanzamt folgte den Ergebnissen der Betriebsprüfung und erließ entsprechend geänderte Bescheide für die Betriebsgesellschaften.

Entscheidung

Das Finanzamt ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Anteile an der Vertriebsgesellschaft dem SBV II des Klägers bei der Besitzgesellschaft und nicht dem SBV II des Klägers bei der Produktionsgesellschaft zuzuordnen waren.

Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass die Anteile an der Betriebs-GmbH zum SBV II der Gesellschafter der Besitzgesellschaft gehören (u.a. BFH-Urteile vom 23.07.1981 und vom 12.02.1992). Im Streitfall besteht jedoch die Besonderheit, dass es neben dem Besitzunternehmen nicht nur ein, sondern zwei Betriebsunternehmen – Aufspaltung des Betriebsunternehmens in ein Produktions- und ein Vertriebsunternehmen – gibt. Die vorliegende Beteiligung an der Vertriebsgesellschaft erfüllt danach nicht nur die Anforderungen an das Vorliegen von SBV II bei der Besitzgesellschaft, sondern gleichermaßen auch bei der Produktionsgesellschaft. In beiden Fällen ist die Beteiligung an der Vertriebsgesellschaft dazu bestimmt und geeignet, der Stärkung der Beteiligung des Klägers zu dienen.

Für die Zuordnung von SBV im Fall einer solchen Bilanzierungskonkurrenz sind zeitliche und qualitative Kriterien heranzuziehen. An erster Stelle steht die zeitliche Abfolge. Ist ein Wirtschaftsgut zu Recht einem SBV zugeordnet worden, kann die spätere Entstehung einer Bilanzierungskonkurrenz keine Änderung der Zuordnung zu einem anderen SBV begründen. Sind die Voraussetzungen für die Behandlung als SBV gleichzeitig entstanden, folgt die Zuordnung qualitativen Kriterien. Danach geht SBV I bei einer Mitunternehmerschaft dem SBV II bei einer anderen Mitunternehmerschaft vor (BFH-Urteil vom 06.10.1987).

Im Streitfall war eine Entscheidung über die Zuordnung der Anteile an der Vertriebsgesellschaft erst zu treffen, als die Bilanzierungskonkurrenz bereits bestanden hat. Denn infolge einer Änderung der Rechtsprechung zur Qualifikation des Vermögens und der Einkünfte einer Besitzgesellschaft im Rahmen der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung (BFH-Urteil vom 23.04.1996), wurde die Besitzgesellschaft erstmals steuerlich erfasst und das Betriebsgrundstück deren (Sonder-)Betriebsvermögen zugeordnet. Vor diesem Hintergrund waren die bisher im SBV der Produktionsgesellschaft erfassten Anteile an der Vertriebsgesellschaft erstmals zuzuordnen, so dass es an der zeitlich vorrangigen Zuordnung der Anteile zum SBV der Produktionsgesellschaft fehlte. Die Anteile erfüllten vielmehr sowohl bei der Produktionsgesellschaft als auch bei der Besitzgesellschaft die Voraussetzungen für SBV II.

Die danach qualitativen Kriterien folgende Zuordnung des SBV führt nach Auffassung des BFH zur Auflösung der Bilanzierungskonkurrenz zugunsten der Besitzgesellschaft. Die enge wirtschaftliche und räumliche Verbundenheit der drei Gesellschaften legt es nahe, faktisch nur von dem Vorliegen einer Betriebsaufspaltung auszugehen und die Zuordnung der Anteile an der Vertriebsgesellschaft so vorzunehmen, als ob auf Seiten der Betriebsgesellschaft keine weitere (Betriebs-)Aufspaltung vorgelegen hätte. Da die Anteile an einer Betriebsgesellschaft bei einer einfachen mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung, dem SBV der Besitzgesellschaft zuzuordnen sind, muss dies im Streitfall gleichermaßen für die Anteile an der Vertriebsgesellschaft gelten. Ein Zuordnungswahlrecht, wie von dem Kläger gefordert, besteht nicht.

Betroffene Norm
Streitjahr 2002 

Vorinstanz
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 02.07.2009, 11 K 3403/08 F, EFG 2009, S. 1812

Fundstelle
BFH, Urteil vom 10.05.2012, IV R 34/09, BStBl II 2013, S. 471 

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 23.04.1996, VIII R 13/95, BStBl II 1998, S. 325
BFH, Urteil vom 12.02.1992, XI R 18/90, BStBl II 1992, S. 723
BFH, Urteil vom 06.10.1987, VIII R 137/84, BStBl II 1988, S. 679
BFH, Urteil vom 23.07.1981, IV R 103/78, BStBl II 1982, S. 60

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