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30.08.2012
Unternehmensteuer

FG des Saarlandes: Kein rückwirkender Teilwertansatz nach § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG trotz fehlender Ergänzungsbilanz

Der BFH hat die Auffassung des FG Saarland mit Urteil vom 31.07.2013, I R 44/12 bestätigt, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 31.07.2013, I R 44/12
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FG des Saarlandes:
Bei Einbringung eines einzelnes Wirtschaftsguts einer GmbH zu Buchwerten in eine KG, an deren Vermögen und Gewinn bzw. Verlust die GmbH allein beteiligt ist, ist auch bei Veräußerung des Grundstücks durch die KG innerhalb der Sperrfrist des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG, nicht rückwirkend auf den Einbringungszeitpunkt der Teilwert anzusetzen (sondern es bleibt bei der Buchwertfortführung), wenn bei der KG keine Ergänzungsbilanz erstellt wurde.

Sachverhalt
Die Klägerin (GmbH) brachte im Wege der Sacheinlage gegen Gewährung von Gesellschafterrechten zum 31.12.2001 ein Grundstück in die GmbH & Co. KG (KG) ein. Die Komplementär-GmbH dieser KG ist weder am Vermögen noch am Gewinn und Verlust beteiligt. Alleinige Gesellschafterin ist die Klägerin. Zudem ist die Klägerin einzige Kommanditistin der KG. 

Die Klägerin wies das betreffende Grundstück zuletzt mit dem Buchwert, der auch den Einbringungswert in die KG darstellte, aus. Eine Ergänzungsbilanz wurde nicht erstellt. Die Klägerin behandelte die Einbringung steuerneutral (Buchwertfortführung). Mit Wirkung zum 31.12.2005 veräußerte die KG das Grundstück an einen fremden Dritten. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass aufgrund der Veräußerung die Sperrfristklausel des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG greife und setzte in einem geänderten Körperschaftsteuerbescheid rückwirkend für die Einbringung den Teilwert des Grundstücks an.
Gegen den rückwirkenden Ansatz des Teilwerts richtet sich die Klage.

Entscheidung
Die Klage ist begründet. Der angefochtene Änderungsbescheid ist rechtswidrig. Der rückwirkende Teilwertansatz für die Einbringung des Grundstücks ist bei zutreffender Auslegung des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG nicht gerechtfertigt.

Wird ein einzelnes Wirtschaftsgut von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen überführt, ist bei der Überführung der Wert anzusetzen, der sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergibt (Buchwert), sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist (§ 6 Abs. 5 S. 1 EStG). Dies gilt entsprechend, soweit ein Wirtschaftsgut unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus einem Betriebsvermögen des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt übertragen wird (§ 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG). Wird das nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG übertragene Wirtschaftsgut innerhalb einer Sperrfrist veräußert oder entnommen, ist rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung der Teilwert anzusetzen, es sei denn, die bis zur Übertragung entstandenen stillen Reserven sind durch Erstellung einer Ergänzungsbilanz dem übertragenden Gesellschafter zugeordnet worden; diese Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung des Übertragenden für den Veranlagungszeitraum, in dem die in § 6 Abs. 5 S. 3 EStG bezeichnete Übertragung erfolgt ist (§ 6 Abs. 5 S. 4 EStG).

Würde man § 6 Abs. 5 S. 3 und 4 EStG ihrem ausdrücklichen Wortlaut nach auf den Streitfall anwenden, so wäre der rückwirkende Ansatz des Teilwertes für die Übertragung des Grundbesitzes aus dem Betriebsvermögen der Klägerin in das Gesamthandsvermögen der KG zwingend vorzunehmen.

Allerdings wendet der Senat § 6 Abs. 5 S. 4 EStG im Wege der teleologischen Extension über seinen Wortlaut hinaus auch in dem Fall an, dass - wie im Streitfall - die bis zur Übertragung entstandenen stillen Reserven dem übertragenden Gesellschafter dadurch zugeordnet werden, dass er - wie die Klägerin - ununterbrochen seit der Einbringung bis zur Veräußerung zu 100% am Gesamthandsvermögen der Gesellschaft beteiligt war. Denn nach Auffassung des Senats ist der Wortlaut des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG insoweit als zu eng gefasst, als er hinter dem vom Gesetzgeber verfolgten Normzweck zurückbleibt. Die wortlautgetreue Gesetzesanwendung würde im Streitfall zu einem sinnwidrigen Ergebnis führen, das vom Gesetzgeber nicht gewollt sein kann. Der Gesetzgeber hat in seiner Rückausnahmevorschrift des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG erkennbar nicht an derartige Fälle der unverändert 100%-igen Beteiligung des Einbringenden am Vermögen der Personengesellschaft gedacht und deshalb die nur im Falle einer Gesellschaftermehrheit sinnvolle und erforderliche Ergänzungsbilanz als Voraussetzung der Rückausnahme mit der Folge des (weiterhin) zwingenden Buchwertansatzes explizit erwähnt.

Auch die herrschende Auffassung in der Literatur hält im Falle der Einbringung eines Einzelwirtschaftsguts durch einen zu 100 % am Gesamthandsvermögen beteiligten Gesellschafter der aufnehmenden Personengesellschaft die Sperrfristenregelung des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG für nicht anwendbar, denn der Normzweck bestehe darin, die Verlagerung von stillen Reserven auf andere Steuersubjekte (interpersonelles Überspringen) zu unterbinden. Dies erfolge bei einer Einbringung in eine Personengesellschaft, an deren Vermögen der Einbringende zu 100 % beteiligt ist, gerade nicht, so dass die Nachversteuerung in diesen Fällen unterbleiben müsse (Niehus/Wilke in Herrmann/Heuer/Raupach EStG, § 6, Tz. 1467b; Korn/Strahl EStG, § 6 Rz. 502.6; Kulosa in Schmidt, EStG, 29. Aufl. 2010, § 6 Rz. 711 f.; Röhrig/Doege, DStR 2006, 161 ff .; Linklaters/Oppenhoff/Rädler DB 2002 Beilage 1, S. 1, 29 ff.; Kloster/Kloster, GmbHR 2002, 721, 729 ;).

Betroffene Norm
§ 6 Abs. 5 S. 4 EStG
Streitjahr 2001

Fundstelle
BFH, Urteil vom 31.07.2013, I R 44/12, siehe Deloitte Tax-News
Finanzgericht des Saarlandes, Urteil vom 19.04.2012, 1 K 1318/10, EFG 2010, S. 1535

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