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30.10.2013
Unternehmensteuer

FG Hamburg: Anforderungen an außerordentliche Beendigung einer Organschaft

Ein Organschaftsverhältnis muss grundsätzlich für die Dauer von fünf Jahren tatsächlich durchgeführt werden. Bei Vorliegen eines außerordentlichen Kündigungsgrundes, kann die Kündigung nicht mit Rückwirkung ausgesprochen werden. Eine dem Schriftformerfordernis nicht entsprechende mündliche Kündigung kann nicht durch Nachholung der Schriftform rückwirkend geheilt werden.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine AG, ist Organträger der Organgesellschaft A-GmbH. In 2003 wurde ein Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen. 2007 änderte die A-GmbH ihren Unternehmenszweck in einen ausschließlich Gemeinnützigen. Die Klägerin und die A-GmbH erklärten 2008 die Aufhebung des Gewinnabführungsvertrags, die auf den 01.01.2007 zurückbezogen werden sollte. Nach Ablehnung der Eintragung durch das Registergericht, erklärten die Vertragsparteien die Aufhebung des Gewinnabführungsvertrags mit Ablauf des Geschäftsjahres zum 31.12.2008. In den Jahresabschlüssen 2007 und 2008 ließ die Klägerin den Gewinnabführungsvertrag unberücksichtigt. Das Finanzamt ging von einer „verunglückten Organschaft“ aus, weil der Gewinnabführungsvertrag 2007 und 2008 noch bestanden habe, aber nicht durchgeführt worden sei. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.

Entscheidung

Das Finanzamt ist zu Recht von einer „verunglückten Organschaft“ ausgegangen.

Eine „verunglückte Organschaft“ liegt vor, wenn die Beteiligten, nämlich der vermeintliche Organträger und die vermeintliche Organgesellschaft, die Bildung einer Organschaft gewollt haben, diese aber von Anfang an überhaupt nicht oder zunächst nicht zustande gekommen ist. Eine Organschaft wird ebenfalls als verunglückt bezeichnet, wenn sie nachträglich endgültig, oder zeitweise weggefallen ist.

Verpflichtet sich eine GmbH zur Gewinnabführung, muss der Gewinnabführungsvertrag auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden. Eine vorzeitige Beendigung des Vertrags durch Kündigung ist unschädlich, wenn ein wichtiger Grund die Kündigung rechtfertigt. Die Kündigung oder Aufhebung des Gewinnabführungsvertrags auf eine Zeitpunkt während des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft wirkt auf den Beginn dieses Wirtschaftsjahrs zurück (§§ 17 S.1, 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG).

Der Gewinnabführungsvertrag ist im Streitfall nicht während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt worden. Eine tatsächliche Durchführung liegt dann vor, wenn die Gewinne tatsächlich vertragsgemäß an den Organträger abgeführt werden. Ab 01.01.2007 ist das Einkommen der A-GmbH nicht mehr an die Klägerin abgeführt worden, wodurch die Mindestgeltungsdauer von 5 Jahren unterschritten wurde.

Eine vorzeitige Beendigung des Vertrages ist nur dann unschädlich, wenn sie auf einer Kündigung aus wichtigem Grund beruht (§ 14 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 KStG). Die Vertragsparteien haben sich im Streitfall nicht auf ein Kündigungsrecht berufen. Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass aufgrund der Änderung des Unternehmenszwecks der Organgesellschaft ein außerordentliches Kündigungsrecht gegeben war, ergibt sich keine rückwirkende Beendigung des Gewinnabführungsvertrags zum 01.01.2007. Denn zivilrechtlich wirkt die Kündigung ex nunc und nicht ex tunc, das heißt mit Rechtswirkung für die Zukunft und nicht für die Vergangenheit. Bei einer außerordentlichen Kündigung also mit Zugang der Kündigungserklärung.

Ferner wäre die außerordentliche Kündigung zu spät erfolgt, da die Kündigung innerhalb einer angemessenen Frist nach Kenntnisnahme ausgesprochen werden muss. Bei einem Zeitraum von einem Jahr – Kenntnis der Gemeinnützigkeit war 2007 bekannt, Kündigung erfolgt 2008 – ist von keiner angemessenen Frist mehr auszugehen.

Die Vertragsparteien waren der Ansicht, das Organschaftsverhältnis sei mündlich beendet worden, da ihnen bereits bei Eintritt der A-GmbH in die Gemeinnützigkeit bewusst gewesen sei, dass die Organschaft nicht habe fortgeführt werden können. Sowohl die Aufhebung, als auch die Kündigung eines Gewinnabführungsvertrags bedürfen der Schriftform (§ 296 und § 297 AktG), wodurch eine mündliche Kündigung ausgeschlossen ist. Die Heilung eines Formfehlers durch Neuvornahme der rechtlichen Handlung entfaltet keine Rückwirkung (§ 141 BGB). Schließlich ist auch ein eventueller Rechtsirrtum über die Formalien für die Beurteilung der Wirksamkeit der Organschaft unerheblich.

Betroffene Norm § 14 Abs. 1 Nr. 3, § 17 S.1 KStG
Streitjahre 2004 bis 2006

Fundstelle
Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 19.06.2013, 2 K 350/12, rechtskräftig

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