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27.01.2012
Unternehmensteuer

BFH: Vermögensverwaltende Kapitalgesellschaft kann Finanzunternehmen sein

Der BFH hat jetzt die unten dargestellte Auffassung des FG Hamburg bestätigt, wonach die Klägerin, eine vermögensverwaltende Kapitalgesellschaft, ein Finanzunternehmen i.S. von § 8b Abs. 7 S. 2 KStG ist, weil sie Wertpapiere mit der Absicht, einen kurzfristigen Eigenhandelserfolg zu erzielen, erworben hat. Die zeitnahe Zuordnung der erworbenen Wertpapiere zum Umlaufvermögen führt zwar nicht zwingend zu einem Rückschluss auf die tatbestandsmäßige Eigenhandelsabsicht (so aber wohl BMF-Schreiben vom 25.07.2002, BStBl I 2002, S. 712). Denn diese Zuordnung bringt nicht ohne weiteres die Absicht zum Ausdruck, die Wertpapiere in der Erwartung eines Unterschieds zwischen Kauf- und Verkaufspreis weiterzuveräußern und dabei einen Preissteigerungsvorteil zu erzielen. Die Zuordnung ist aber jedenfalls maßgebliches Indiz für das Vorliegen der erforderlichen Eigenhandelsabsicht beim Anteilserwerb. 

BFH, Urteil vom 12.10.2011, I R 4/11

Sachverhalt

Strittig ist, ob die Klägerin (vermögensverwaltende Kapitalgesellschaft) ein Finanzunternehmen i.S. des § 8b Abs. 7 S. 2 KStG ist und unter welchen Voraussetzungen Anteile mit dem Ziel der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolges im Sinne dieser Vorschrift erworben werden.

Die Geschäftstätigkeit der 2002 gegründeten Klägerin bestand ausschließlich im Handel mit Wertpapieren. Sie schloss Vermögensverwaltungsverträge mit mehreren Banken und unterhielt daneben bei einer Bank ein Depot, das sie selbst verwaltete und über welches sie laufend Wertpapiergeschäfte abwickelte. Alle Wertpapiere wurden zunächst im Umlaufvermögen der Klägerin erfasst. Zum 01.01.2005 buchte die Klägerin die Wertpapiere in das Anlagevermögen um und erfasste alle weiteren, im Streitjahr 2005 hinzuerworbenen Wertpapiere unmittelbar im Anlagevermögen. In der Körperschaftsteuererklärung für 2005 gab die Klägerin steuerfreie Dividenden und Gewinne aus Aktienveräußerungen gemäß § 8b KStG an. Das Finanzamt hingegen behandelte diese Bezüge aus den in den Jahren 2002 bis 2004 erworbenen Aktien als steuerpflichtig. Das Finanzamt sah die Klägerin als Finanzunternehmen i.S. des § 8b Abs. 7 S. 2 KStG an und vertrat die Auffassung, dass die Dividendenpapiere mit dem Ziel der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolges erworben worden seien. Dies ergebe sich aus der Buchung im Umlaufvermögen. Die Umgliederung in das Anlagevermögen sei nicht anzuerkennen. Allein die Dividenden und Gewinne/Verluste aus den in 2005 erworbenen und sofort im Anlagevermögen verbuchten Aktien seien steuerfrei.

Entscheidung zu Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 14.12.2010, 3 K 40/10

Das Finanzamt hat die von der Klägerin erzielten Dividenden und die Ergebnisse aus der Veräußerung der Aktien zu Recht als körperschaftsteuerpflichtig und damit auch gewerbesteuerpflichtig behandelt. Dividenden sind nach § 8b Abs. 1 KStG grundsätzlich steuerfrei und Veräußerungsgewinne nach § 8b Abs. 2 und 3 KStG (zu 95 %). Steuerpflichtig sind Dividenden und Veräußerungsgewinne nach Abs. 7 S. 2 KStG aber ausnahmsweise dann, wenn die betreffenden Anteile von einem Finanzunternehmen i.S. des Kreditwesengesetzes (KWG) mit dem Ziel der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolges erworben wurden.

Die Klägerin ist ein Finanzunternehmen i.S. von § 8b Abs. 7 S. 2 KStG i.V.m. § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 KWG. Diese Vorschrift erfasst Unternehmen, die weder Kreditinstitute noch Finanzdienstleistungsinstitute i.S. des § 1 Abs. 1a KWG sind und deren Haupttätigkeit darin besteht, mit Finanzinstrumenten für eigene Rechnung zu handeln. Nach Auffassung des BFH, der das FG folgt, ist eine einschränkende Auslegung in dem Sinn, dass nicht den aufsichtsrechtlichen Pflichten des KWG unterliegende Kapitalgesellschaften von § 8b Abs. 7 S. 2 KStG nicht erfasst werden nicht geboten (BFH-Urteil vom 14.01.2009). Auch ist für die Qualifikation als Finanzunternehmen nicht kennzeichnend, dass das Unternehmen selbst mit institutionellen Partnern handelt und nicht nur über Depotbanken am Marktgeschehen teilnimmt. Diese im Rahmen der Abgrenzung zwischen gewerblichem Wertpapierhandel und privater Vermögensverwaltung vertretene Auffassung (so BFH-Urteil vom 30.07.2003) ist auf § 8b Abs. 7 S. 2 KStG nicht übertragbar. Solange die Haupttätigkeit der Klägerin daher darin besteht, für eigene Rechnung mit Finanzinstrumenten zu handeln, ist sie ein Finanzunternehmen i.S. des § 8b Abs. 7 S. 2 KStG i.V.m. § 1 Abs. 3 Nr. 5 KWG, unabhängig davon, ob sie die Handelstätigkeit selbst durchführt oder über beauftragte Banken, und trotz des Umstandes, dass es sich um ein vermögensverwaltendes Familienunternehmen handelt.

Die Klägerin erwarb die streitgegenständlichen Aktien auch mit dem Ziel der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolges. Die Finanzverwaltung sieht eine Eigenhandelsabsicht immer als gegeben an, wenn die Anteile dem Umlaufvermögen zuzuordnen sind (BMF-Schreiben vom 25.07.2002). Das Gesetz definiert nicht, welche Zeitspanne zwischen Erwerb und Veräußerung als "kurzfristig" anzusehen sein soll. Nach Auffassung der Finanzverwaltung genügt die Buchung als Umlaufvermögen für die Annahme der Kurzfristigkeit des beabsichtigten Eigenhandelserfolges (BMF-Schreiben vom 25.07.2002).

Zur Beurteilung der Frage, ob der Steuerpflichtige die Absicht der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolges hatte, ist mithin zunächst zu prüfen, ob die Einordnung der Anteile im Anlage- oder Umlaufvermögen richtig war oder ob objektive Umstände dagegen sprechen, und anschließend, ob etwa trotz zutreffender Erfassung im Umlaufvermögen ausnahmsweise nicht von einer Absicht bzgl. der Kurzfristigkeit auszugehen ist. Letzteres wäre denkbar, wenn der Steuerpflichtige beim Erwerb noch unentschieden ist bzgl. der weiteren Verwendung und deshalb keine "Absicht" i.S. eines zielgerichteten
Willens hat. Die Feststellungslast für das Vorliegen der Eigenhandelsabsicht trägt derjenige, der sich auf die Anwendung des § 8b Abs. 7 S. 2 KStG beruft. Ist dies, wie im Streitfall hinsichtlich der mit Gewinn veräußerten und der Aktien, für die Dividenden ausgeschüttet wurden, das Finanzamt, trägt es die
Feststellungslast dafür, dass die Anteile bei Erwerb im Umlaufvermögen gebucht wurden. Ist das der Fall, trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast dafür, dass die Buchung von Anfang an unrichtig war oder dass ausnahmsweise dennoch keine Eigenhandelsabsicht vorlag. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall lässt darauf schließen, dass die Klägerin bei Erwerb der Aktien die Absicht hatte, einen kurzfristigen Eigenhandelserfolg zu erzielen. Sie hat die Aktien, die sie vor dem Streitjahr erworben hat, unstreitig im Umlaufvermögen erfasst und damit ein maßgebliches Indiz dafür geschaffen, dass sie diese Aktien kurzfristig wieder veräußern wollte.

Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Aktien zu Beginn des Streitjahres in das Anlagevermögen umgegliedert zu haben. Nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 8b Abs. 7 S. 2 KStG kommt es eindeutig auf die im Erwerbszeitpunkt bestehende Absicht an, so dass eine spätere Änderung dieser Absicht zwar zu einer Umgliederung in das Anlagevermögen berechtigen, aber keine Auswirkung auf die steuerliche Behandlung haben kann; die Anteile bleiben steuerverstrickt.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Betroffene Norm

§ 8b Abs. 7 S. 2 KStG
Streitjahr 2005

Fundstelle

Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 14.12.2010, 3 K 40/10

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 14.01.2009, I R 36/08, BStBl II 2009, S. 671
BFH, Urteil vom 30.07.2003, X R 7/99, BStBl II 2004, S. 408
BMF, Schreiben vom 25.07.2002, IV A 2-S 2750a-6/02, BStBl I 2002, S. 712

Englische Zusammenfassung

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