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14.01.2014
Unternehmensteuer

BFH: Nachträgliche Veränderung des Veräußerungspreises und der Veräußerungskosten

Mit Urteil vom 12.03.2014 hat der BFH die Entscheidung des FG Köln aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben. In der Sache gab der BFH dem FG aber Recht: Eine nachträgliche Erhöhung des Veräußerungspreises und der Veräußerungskosten wirkt sich rückwirkend auf die Ermittlung des Veräußerungsgewinns und damit auf den Umfang der Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 und 3 KStG aus. Im Veranlagungszeitraum der nachträglichen Erhöhung des Veräußerungspreises oder der Veräußerungskosten muss eine außerbilanzielle Korrektur erfolgen. In Organschaftsfällen erfolgt diese Korrektur bei der Organgesellschaft, da es nicht unmittelbar um die Anwendung von § 8b Abs. 2 und 3 KStG geht.
BFH, Urteil vom 12.03.2014, I R 55/13
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FG Köln (Vorinstanz):
Im Fall der Veräußerung einer Kapitalbeteiligung mit nachträglicher Kaufpreiserhöhung ist für die Anwendung des § 8b KStG davon auszugehen, dass die Kaufpreisänderung im Wirtschaftsjahr der Veräußerung der Beteiligung eingetreten ist. Die Rückwirkung der nachträglichen Kaufpreiserhöhung betrifft auch die Erfassung des hieraus resultierenden steuerbilanziellen Erlöses, der außerbilanziell zu korrigieren ist (entgegen BMF-Schreiben vom 13.03.2008).

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, ist Organträgerin der B-GmbH. Die B-GmbH (Organgesellschaft) veräußerte 2006 eine 100%ige Kapitalbeteiligung an der AH GmbH an fremde Dritte. Im Streitjahr 2007 schlossen die Organgesellschaft und die Erwerber einen Vergleich, der u.a. eine Erhöhung des Kaufpreises enthielt.
Unter Anwendung des BMF-Schreibens vom 13.03.2008 bezog das Finanzamt zwar die nachträgliche Kaufpreiserhöhung für die Ermittlung des nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfreien Veräußerungsgewinns in das Jahr der Veräußerung zurück (Einkommenskorrektur in 2006). Eine außerbilanzielle Korrektur des in 2007 steuerbilanziell erzielten Veräußerungsgewinns der Organgesellschaft lehnte das Finanzamt jedoch ab. Hiergegen wendet sich die Klägerin.

Entscheidung

Die im Streitjahr erfolgten Veränderungen des Kaufpreises und der Kosten aus der im Vorjahr erfolgten Veräußerung der Anteile an der AH GmbH durch die Organgesellschaft wurden zu Unrecht bei der Ermittlung ihres Einkommens im Streitjahr berücksichtigt. Der nachträgliche Veräußerungsgewinn abzüglich der nachträglichen Kosten ist im Streitjahr außerbilanziell auf der Ebene der Organgesellschaft zu kürzen.

Im Rahmen eines wie hier unstreitig vorliegenden Organschaftsverhältnisses, haben Organträger und Organgesellschaft ihr jeweiliges Einkommen selbstständig nach den Vorschriften des EStG und KStG zu ermitteln. Dabei ist die Sonderregel des § 15 S. 1 Nr. 2 KStG zu beachten, wonach § 8b Abs. 1 bis 6 KStG nicht bei der Einkommensermittlung der Organgesellschaft sondern auf der Ebene des Organträgers anzuwenden ist (sog. Bruttomethode). Bei der hiernach im Streitfall vorzunehmenden Ermittlung der Einkünfte und des Einkommens der Organgesellschaft im Streitjahr sind deshalb der nachträglich erzielte Erlös aus der bereits im Vorjahr erfolgten Veräußerung der Beteiligung und die im Streitjahr nachträglich angefallenen Veräußerungskosten nicht zu berücksichtigen.

Zu den Prinzipien der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) gehören unter anderem als Ausdruck des allgemeinen Vorsichtsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) das Realisationsprinzip und das Prinzip der wirtschaftlichen Verursachung. Hiernach sind zur periodengerechten Zuordnung Aufwendungen und Erträge des Wirtschaftsjahres unabhängig von den entsprechenden Zahlungen nach dem Zeitpunkt ihrer wirtschaftlichen Verursachung im Jahresabschluss und damit auch in der steuerlichen Gewinnermittlung zu berücksichtigen (§ 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB).

Bei einer Veräußerung im Rahmen des laufenden Geschäftsverkehrs ist eine spätere Änderung des Kaufpreises grundsätzlich nicht rückwirkend im Zeitraum der Veräußerung, sondern erst im Zeitpunkt der Realisierung steuerlich zu berücksichtigen. Anders verhält es sich im Anwendungsbereich steuerlicher „Einmaltatbestände“, die an ein einmaliges punktuelles Ereignis oder an einen einmaligen Vorgang anknüpfen. Nach der Rechtsprechung des BFH wirkt in diesen Fällen eine spätere Veränderung des Kaufpreises nach § 175 Abs.1 S. 1 Nr. 2 AO auf den VZ zurück, in dem der Veräußerungsvorgang der Besteuerung unterliegt (BFH-Beschluss vom 19.07.1993).

Bei § 8b Abs. 2 KStG, wonach der Veräußerungsgewinn beim Veräußerer steuerfrei ist, handelt es sich um einen an einen einmaligen Vorgang anknüpfenden Tatbestand. Somit gilt der im Streitjahr geschlossene Vergleich als rückwirkendes Ereignis i.S.v. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO, da die Erhöhung des Ertrags im Streitjahr ihren Rechtsgrund allein im ursprünglichen Vertrag über die Veräußerung der Anteile an der AH GmbH aus dem Jahr 2006 hat und der Veräußerungspreis im Zeitpunkt der Veräußerung noch von unterschiedlichen Faktoren abhing und somit unklar war.

Nach Auffassung des FG gilt die Rückwirkung der nachträglichen Änderung des Kaufpreises für die Übertragung einer Kapitalbeteiligung in das Jahr der Veräußerung entgegen der Auffassung des Finanzamtes nicht nur für die Einkommenskorrektur nach § 8b Abs. 2 und 3 KStG (vgl. BMF-Schreiben vom 13.03.2008), sondern auch für die Erfassung eines hierin liegenden steuerbilanziellen Erlöses (entgegen BMF-Schreiben vom 13.03.2008, vgl. BFH-Urteil vom 22.12.2010). Es sei nicht systemgerecht die steuerliche Behandlung eines einmaligen von der laufenden Besteuerung abgegrenzten Veräußerungsvorgangs nur auf die Einkommenskorrektur nach § 8b Abs. 2 KStG zu reduzieren und hinsichtlich der steuerbilanziellen Auswirkungen die allgemeinen Regeln der laufenden Besteuerung weitergelten zu lassen. Im Jahr der Veräußerung wurde dadurch im Streitfall ein Veräußerungsgewinn freigestellt, der steuerbilanziell zumindest teilweise erst im Folgejahr entsteht; damit stand der Steuerfreistellung kein Ertrag gegenüber.

Als Konsequenz ergibt sich, dass die nachträgliche Erhöhung des Veräußerungserlöses und die nachträglich im Streitjahr angefallenen Veräußerungskosten in das Jahr der Veräußerung zurückwirken und im Streitjahr zu korrigieren sind. Die Korrektur erfolgt im Streitjahr außerbilanziell auf Ebene der Organgesellschaft. Das Einkommen der Organgesellschaft umfasst im Jahr der Veräußerung durch die außerbilanzielle Korrektur den gesamten Veräußerungsgewinn, welcher auf Ebene des Organträgers gem. § 15 S. 1 Nr. 2 i.V.m. § 8b Abs. 2 KStG sodann steuerfrei ist.

Betroffene Normen

§ 8b Abs. 2, 3 KStG, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO
Streitjahr 2007

Fundstellen

BFH, Urteil vom 12.03.2014, I R 55/13
Finanzgericht Köln, Urteil vom 08.05.2013, 9 K 1272/10

Weitere Fundstellen

BFH, Beschluss vom 19.07.1993, GrS 2/92, BStBl II 1993, S. 897
BFH, Urteil vom 22.12.2010, I R 58/10, BFH/NV 2011, S. 711
BMF, Schreiben vom 13.03.2008, IV B 7 – S 2750a/07/0002, BStBl I 2008, S. 506
 

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