Zurück zur Übersicht
30.10.2012
Unternehmensteuer

Niedersächsisches FG: Vorliegen eines schädlichen Beteiligungserwerbs

Ein schädlicher Beteiligungserwerb (§ 8c Abs. 1 S. 1 KStG) liegt nur dann vor, wenn ein Erwerber oder eine Erwerbergruppe zu einem bestimmten Zeitpunkt innerhalb des Fünfjahreszeitraums mehr als 25 % der Anteile an einer Körperschaft besitzt.

Sachverhalt
Die Klägerin ist eine 100%-ige Tochtergesellschaft der X-GmbH, deren Anteile wiederum zu 100 % von der Y-AG gehalten werden. Die Klägerin und die X-GmbH bilden seit 2004 eine ertragsteuerliche Organschaft. In 2008 erwarb Z mehrfach Aktien der Y-AG, die sie zum Teil an Verkaufsbanken wieder veräußerte. Dabei handelte es sich stets um Anteile von weniger als 25 %. Am 31.12.2008 hielt Z 19,16 % der Y-Aktien. Im Bescheid für die Klägerin über Körperschaftsteuer 2008 kürzte das Finanzamt den zum 31.12.2007 festgestellten (vororganschaftlichen) Verlustvortrag unter Hinweis auf § 8c KStG. Das Finanzamt begründete die Kürzung mit einem schädlichen Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c Abs. 1 S. 1 KStG bei der Y-AG durch Z von mehr als 25 %. Nach Auffassung des Finanzamtes ist ein schädlicher Beteiligungserwerb bereits dann gegeben, wenn eine schlichte Zusammenrechnung sämtlicher innerhalb von 5 Jahren durch einen Erwerber vollzogener Anteilserwerbe ergibt, dass in der Summe mehr als 25 % der Aktien auf einen Erwerber übertragen worden ist. Z hatte in 2008 insgesamt (ohne Berücksichtigung von Anteilsverkäufen) 29,90 % der Anteile an der Y-AG erworben.

Entscheidung
Die Klage ist begründet. Das Finanzamt hat zu Unrecht einen Teil der Verluste der Klägerin als nach § 8c Abs. 1 S. 1 KStG nicht mehr abziehbar behandelt.

Werden innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25 % des Kapitals einer Körperschaft an einen Erwerber übertragen oder liegt ein vergleichbarer Sachverhalt vor (schädlicher Beteiligungserwerb), sind insoweit die bis zu diesem Zeitpunkt nicht genutzten Verluste nach § 8c Abs. 1 S. 1 KStG nicht mehr abziehbar. Nach dem Gesetzeswortlaut könnte allein maßgeblich sein, ob innerhalb des genannten Zeitraums mehr als 25 % der Anteile an einer Gesellschaft übertragen werden, unabhängig davon, ob innerhalb dieser Zeit auch Anteilsverkäufe erfolgen. Diese Auffassung vertritt wohl auch die Finanzverwaltung, die für die Ermittlung des schädlichen Anteilserwerbs alle Erwerbe durch den Erwerber bzw. Erwerberkreis innerhalb des Fünfjahreszeitraums zusammenrechnet, ohne erfolgte Anteilsveräußerungen gegenzurechnen (BMF-Schreiben vom 04.07.2008, Tz. 16).

Das FG schließt sich jedoch der Gegenauffassung an, wonach die die Anwendung des § 8c Abs. 1 S. 1 KStG voraussetzt, dass ein Erwerber oder eine Erwerbergruppe im Sinne einer Besitzgrenze mindestens einmal zu mehr als 25 % an der Körperschaft beteiligt war. Im Streitfall werden zwar insgesamt mehr als 25 % der Anteile an der Y-AG erworben, aber infolge der zwischenzeitlichen Anteilsveräußerungen werden zu keinem Zeitpunkt mehr als 25 % der Anteile an der Y-AG gehalten, so dass § 8c Abs. 1 S. 1 KStG nicht zur Anwendung kommt.

Das FG führt weiter aus, dass der Neuregelung des § 8c KStG entsprechend der Gesetzesbegründung der Gedanke zugrunde liegt, „dass sich die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft durch das wirtschaftliche Engagement eines anderen Anteilseigners (oder Anteilseignerkreises) ändert“ (BT-Drs. 16/4841 S. 76). Ein derartiger Wechsel setzt voraus, dass der Erwerber nicht nur kurzfristig Anteile an- und verkauft, sondern eine dauernde Verbindung zu dem Unternehmen i.S. einer Beteiligung i.S.d. § 271 Abs. 1 S. 1 HGB erstrebt.

Ein schädlicher Beteiligungserwerb liegt auch nicht deshalb vor, weil Z und die Verkaufsbanken als Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen i.S.d. § 8c Abs. 1 S. 3 KStG anzusehen wären, da Z im Jahr 2009 eine – dieses verneinende – verbindliche Auskunft vom Finanzamt eingeholt hatte.

Da § 8c Abs. 1 S. 1 KStG aus den oben genannten Gründen im Streitfall nicht anzuwenden ist, bedarf es keiner Entscheidung über die Frage, ob der erkennende Senat diese Norm – ebenso wie das FG Hamburg (Vorlagebeschluss vom 04.04.2011) als mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ansieht. Die Revision wurde zugelassen.

Betroffene Norm
§ 8c Abs. 1 S. 1 KStG 2002
Streitjahr: 2008

Fundstelle
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 13.09.2012, 6 K 51/10, Revision zugelassen

Weitere Fundstellen
BMF, Schreiben vom 04.07.2008, BStBl I 2008, S. 736
BT-Drs. 16/4841, 27.03.2007, S. 76
Finanzgericht Hamburg, Vorlagebeschluss vom 04.04.2011, 2 K 33/10, DStR 2011 S. 1172, BVerfG-anhängig: 2 BvL 6/11, siehe Deloitte Tax-News

So werden Sie regelmäßig informiert:
Artikel teilen:
Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen einen bedarfsgerechteren Service bereitstellen zu können. Indem Sie ohne Veränderungen Ihrer Standard-Browser-Einstellung weiterhin diese Seite besuchen, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden. Möchten Sie mehr Informationen zu den von uns verwendeten Cookies erhalten und erfahren, wie Sie den Einsatz unserer Cookies unterbinden können, lesen Sie bitte unsere Cookie Notice.