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22.01.2010
Verfahrensrecht

Änderung eines Steuerbescheids bei Zusammenveranlagung

Sachverhalt

Die Kläger wurden in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Nach den Angaben in den Einkommensteuererklärungen bezog der Kläger sozialversicherungspflichtigen Arbeitslohn, so dass nur der gekürzte Vorwegabzug für seine Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG) berücksichtigt wurde. Die Klägerin bezog nach ihren Angaben sozialversicherungsfreien Arbeitslohn, gab jedoch an, für sie bestehe eine Anwartschaft auf Altersversorgung ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung aus dem aktiven Dienstverhältnis. Aufgrund dieser Erklärung wurde bei ihr der Vorwegabzug ebenfalls gekürzt. Im Juli 2000 wurde erkannt, dass der Kläger u.a. in der Zeit vom 01.01.1996 bis 31.12.1998 nicht der Sozialversicherungspflicht unterlegen hat. Daraufhin änderte das Finanzamt die Einkommensteuerbescheide für 1996 bis 1998 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO (neue Tatsachen). Die Änderungen führten zu niedrigeren Steuerfestsetzungen, weil nur noch die Vorsorgeaufwendungen der Klägerin dem gekürzten Vorwegabzug unterlagen. Die Klage richtete sich gegen die Kürzung des Vorwegabzugs bei der Klägerin, da sich herausgestellt hatte, dass sie keine Anwartschaft auf Altersversorgung hatte. Das Finanzgericht wies die Klage zurück. Die einschlägige Änderungsnorm des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (rückwirkendes Ereignis) berechtige nicht zur Änderung der Einkommensteuerbescheide 1996 bis 1998. Zulässig sei eine Anpassung nur derjenigen Besteuerungsgrundlagen, auf die sich das rückwirkende Ereignis auswirke. Auch eine Änderung der Änderungsbescheide nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO (neue Tatsachen) sei nicht zulässig, da die Kläger ein grobes Verschulden daran treffe, dass dem Finanzamt das Fehlen einer Anwartschaft der Klägerin auf Altersversorgung erst nachträglich bekannt geworden sei.

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des Klägers als unbegründet zurück. Eine Änderung der angefochtenen Bescheide war weder nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO noch nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO möglich, auch wenn weder beim Kläger noch bei der Klägerin die Voraussetzungen für eine Kürzung des Vorwegabzugs nach § 10 Abs. 3 S. 2 EStG gegeben waren.

In welcher Höhe dem Steuerpflichtigen der Vorwegabzug zusteht, ist auch bei Zusammenveranlagung für jeden Steuerpflichtigen isoliert zu ermitteln. Mit dem Wegfall der Sozialversicherungspflicht des Klägers war nur der Grund für die Kürzung seines Vorwegabzugs entfallen. Die geänderte Beurteilung des Vorwegabzugs beim Kläger hat aber keinen rückwirkenden Einfluss auf die Beurteilung des Vorwegabzugs bei der Klägerin. Dass sich bei der Zusammenveranlagung der Kläger zur Einkommensteuer wechselseitige Folgen aus der Beurteilung der jeweiligen steuerlichen Verhältnisse ergeben können, führt nicht dazu, Fehler, die im ursprünglichen Bescheid bei der Bemessung des Höchstbetrags für Vorsorgeaufwendungen unterlaufen sind, über § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO berichtigen zu können.

Die Kläger trifft ein grobes Verschulden an dem nachträglichen Bekanntwerden der Tatsache, dass für die Klägerin keine Zukunftssicherungsleistungen i.S. des § 3 Nr. 62 EStG erbracht wurden und sie auch nicht zu dem in § 10c Abs. 3 Nr. 1 und 2 EStG genannten Personenkreis gehörte. Bezugspunkt für das grobe Verschulden ist die Verletzung von Mitwirkungs- und Erklärungspflichten. Bei Zweifelsfragen muss sich der Steuerpflichtige um Klärung durch Rückfrage beim Finanzamt bemühen. Insoweit haben die Kläger bei der Abgabe ihrer Steuererklärungen ihre Mitwirkungs- und Erklärungspflichten hinsichtlich der den Vorwegabzug der Klägerin betreffenden Tatsachen grob schuldhaft verletzt, da sie auf eine klare Frage eine unzweifelhaft dem tatsächlichen Sachverhalt widersprechende fehlerhafte Auskunft gegeben haben.

Vorinstanz

Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 14.02.2008, 5 K 282/04, EFG 2008, S. 915

Fundstelle

BFH, Urteil vom 14.10.2009, X R 14/08, BStBl II 2010, S. 553

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